Da Geld nur bis zu einem gewissen Grad motiviert und sich ab einer bestimmten Sättigung niemand für 100 Euro mehr noch ein Bein ausreißt, funktionieren Lob und Motivation in den westlichen Industrienationen über den Sinn der Arbeit, wie Bürgel sagt.
Die Erklärung des Sinns sei jedoch etwas, was in vielen Unternehmen verloren gegangen sei. Wer seinem Mitarbeiter sagt: "Ohne die Arbeit von dir und deinem Team kaufen die Kunden unser Produkt nicht", macht damit klar, wie wichtig die Leistung jedes einzelnen Angestellten ist. Das könne schon motivierend genug sein.
Unternehmen müssen außerdem darauf achten, den Mitarbeiter so individuell auszuzeichnen, wie dieser es braucht, sagt Steffen Kirchner, Businesscoach, psychologischer Berater im Profisport und Autor des Buches „Totmotiviert?“. "Nicht jeder möchte öffentlich besonders hervorgehoben werden, für einige wirkt genau das demotivierend. Aus der Motivationsforschung wissen wir, dass nur etwa 20 Prozent der Menschen ein hoch ausgeprägtes Streben nach Anerkennung haben. Bei weiteren 20 Prozent ist dieses Streben dagegen sehr niedrig ausgeprägt."
Darüber hinaus gibt es reihenweise Lach- und Fachliteratur zum Thema richtiges Motivieren mit und ohne finanzielle Anreize sowie zahlreiche Best-Practice-Beispiele.
So motiviert die Konkurrenz ihr Team
Wenn einer der Mitarbeiter von Marty Stowe im New-England-Regionalbüro von Paychex besonders hart arbeitet, sendet Stowe eine handschriftliche Notiz an dessen Ehepartner. Wenn sich dieser Mitarbeiter dabei auch noch selbst übertrifft, überreicht Stowe einen Geschenkgutschein für ein Abendessen zu zweit.
Quelle: "1001 Ideen Mitarbeiter zu belohnen & zu motivieren“, Bob Nelson.
Bei Sea World San Diego überreichen die Teamleiter sogenannte Spotlight-Karten an Mitarbeiter, wenn sie sehen, dass diese gute Arbeit leisten. Sie schreiben auf, was sie beobachtet haben und was ihnen daran gefällt. Dann bringen sie mindestens zwei weitere Teamleiter oder Vorgesetzte dazu, die Karte zu unterschreiben, und überreichen sie dem Mitarbeiter. Eine Kopie wird am Infobrett der Mitarbeiter ausgehängt.
In Marietta, Georgia, führte Wellstar Health System ein einfaches Anerkennungsprogramm für Führungskräfte auf gleicher Ebene ein, genannt “Die sieben Eigenschaften von Stars”. Manager erhalten vorgedruckte Notizzettel. Darauf können sie Eigenschaften ankreuzen, die von Kollegen verkörpert werden, und beschreiben, warum derjenige dafür gewürdigt werden sollte. Jede Führungskraft, der fünf oder mehr Eigenschaften zugestanden werden, wird beim nächsten Führungsmeeting öffentlich gewürdigt und kann sich eines von fünf Büchern aussuchen.
Als sie bei Time Warner in Milwaukee arbeitete, verwendete Noelle Sment eine wirkungsvolle Anti-Stress-Strategie: Die “Schlechter-Tag-Tafel“. Auf dieser Tafel waren die Namen sämtlicher Mitarbeiter mit einem Magneten befestigt und konnten verschoben werden. Damit wurde angezeigt, wer unter starkem Stress stand, persönliche Probleme hatte, sich mit schwierigen Kunden abmühte und Ähnliches. Ursprünglich war die Tafel als Warnsystem für andere gedacht. Aber schon bald begann die Gruppe, jeden aufzumuntern, der einen “schlechten Tag” hatte – und das mit großer Begeisterung.
Ein eher informeller Weg, wie die Leistung von Teamkollegen bei der EMC Mortgage Corporation in Irving, Texas, gewürdigt wird, ist die “Mitteilung an den fantastischen Teamkollegen”. Dazu werden Mitteilungen auf farbiges Papier geschrieben und dieses an der Wand im Zimmer des Teamkollegen angebracht. Dies geschieht in Abwesenheit des Betreffenden, sodass die Fanpost zu einer angenehmen Überraschung wird.
Das New England Aquarium erlaubt Mitarbeitern, Kollegen mit einem “Danke Dorsch” (eine Karte in Form eines Dorsches) Anerkennung zu zollen. Die eine Hälfte der Karte bekommt der Mitarbeiter und die andere Hälfte landet in der vierteljährlichen Verlosung von Geschenkgutscheinen für bezahlten Freizeitausgleich.
Angela Gann von Kaiser Permanente sendet jedem, den sie für einen Job interviewt, ein paar persönliche Zeilen. Für Neueinstellungen hält sie jedoch ein besonderes Begrüßungsritual bereit: Am Morgen des ersten Arbeitstages schmückt sie den Arbeitsplatz des neuen Mitarbeiters mit Sternen oder Bannern.
Don Eggleston, Leiter Organisationsentwicklung bei SSM Healthcare in St. Louis, sagt: “Ich mache einen Vermerk in meinem Kalender und sende Mitarbeitern Karten oder Blumen am Jahrestag wichtiger Ereignisse in ihrem Leben. Zum Beispiel habe ich Karten am Jahrestag des Todes eines Elternteils oder des Schulabschlusses oder Geburtstag eines Kindes verschickt. Damit kann ich die Mitarbeiter auf dezente Weise wissen lassen, dass sie mir nicht gleichgültig sind, ohne meine Nase in ihre Angelegenheiten zu stecken.”
Bei Business First in Louisville, Kentucky, sendet die Werbeabteilung täglich an alle eine motivierende Sprachmitteilung – das kann ein Witz sein oder eine Erfolgsgeschichte oder was immer der Mannschaft hilft, während des Arbeitstages gut gelaunt zu bleiben.
Eine Abteilung von Hewlett Packard hielt in San Diego einen Tag der Würdigung für eine außergewöhnliche Mitarbeiterin ab, die Computerwissenschaftlerin Jennifer Wallick. Kollegen reservierten sich 10-minütige Zeitblöcke, um sie zu besuchen, ihr Blumen zu überreichen und sich bei ihr für das zu bedanken, was sie für das Unternehmen geleistet hatte. Den ganzen Tag über wurde sie alle 15 Minuten geehrt.
Chris Giangrasso, Leiter Management- und Organisationsentwicklung bei der Aramark Corporation in Philadelphia (Eventmanagement) empfiehlt, einen Anerkennungstag zu organisieren. Aramark plant einen ganzen Tag zu Ehren dieser Person (zum Beispiel den Bob-Jones-Tag) und schickt an alle Mitarbeiter eine Benachrichtigung, in der das Datum und der Grund für die Ehrung genannt werden. Der Geehrte kommt in den Genuss diverser Extras, wie Computerbanner und ein kostenloses Mittagessen.
Die Wells Fargo Bank hat einige ungewöhnliche Belohnungen entwickelt, die keine Kosten verursachen. Zum Beispiel wird ein Gericht in der Kantine nach einem verdienten Mitarbeiter benannt.
Als Southwest Airlines das fünfte Jahr in Folge in puncto Pünktlichkeit und Gepäckabfertigung auf den ersten Platz kam sowie die wenigsten Beschwerden pro Kunden zu verbuchen hatte, widmete es seinen 25.000 Mitarbeitern ein Flugzeug, indem es deren Namen auf den Gepäckfächern über den Sitzen anbrachte.
Federal Express in Memphis schrieb auf die Nase jedes Flugzeugs, das es kaufte, den Namen eines Kindes eines Mitarbeiters. Das Unternehmen führte eine Verlosung durch, um den Namen auszuwählen, und flog die Familie des Kindes zur Taufe in das Herstellerwerk.
Bei Xerox hat ein Kundenservicezentrum die Entscheidung über die Arbeitszeiteinteilung den Mitarbeitern selbst überlassen. Indem die Mitarbeiterteams die Verantwortung für die Planung übernahmen, stieg die Arbeitsmoral, verbesserte sich der Kundendienst und die Fehlzeiten reduzierten sich um 30 Prozent.
Bei Chaparral Steel in Midlothian, Texas, genießen die Mitarbeiter viele Freiheiten und das Vertrauen, Geld und Ressourcen der Firma für die Verbesserung der Arbeitsprozesse einzusetzen. Durch diese Freiheit waren zwei Wartungsmitarbeiter in der Lage, die benötigten Teile zu kaufen, um eine Maschine zum Verbinden von Stahlstäben zu Kosten von 60.000 Dollar zu erfinden und zu bauen – fast 200.000 Dollar weniger als die Kosten der alten Maschinen.
Die Filialleiter vom Einrichtungshaus Crate and Barrel in Houston haben für ihre Mitarbeiter ein Programm ins Leben gerufen, zu dem auch eine “unerwartete Stunde Freizeit” gehört. Einmal in der Woche sucht sich jeder Filialleiter einen Verkaufsmitarbeiter aus, übernimmt dessen Schicht für eine Stunde und sagt: "Du arbeitest hart, das weiß ich zu schätzen – nimm dir eine Stunde frei und komm ausgeruht zurück, um noch mehr zu verkaufen."
Jeff White, Manager bei Chick-fil-A im Renaissance Tower in Detroit belohnt Mitglieder seines Teams für besondere Leistungen mit einem zusätzlichen bezahlten Urlaubstag.
Der Arbeitstag der Mitarbeiter bei Northrop Grumman, einem Luft-und Raumfahrtunternehmen, sowie andere Auftragnehmer der Regierung in San Diego umfasst neun Stunden – dafür haben sie jeden zweiten Freitag frei. Mitarbeiterbefragungen haben ergeben, dass diese Regelung der Arbeitszeit von vielen höher geschätzt wird als Versorgungsleistungen im Gesundheitsbereich, und dass dies ein Schlüsselfaktor für die Mitarbeiterbindung ist.
Workman Publishing in New York bietet sogenannte “May Days” an, was bedeutet, dass die Mitarbeiter von Mai bis September einmal monatlich mit Zustimmung ihres Vorgesetzten entweder einen Montag oder einen Freitag freinehmen können. Auf diese Weise können sie während der Sommermonate verlängerte Wochenenden genießen.
Aber zurück zum Mitarbeiter des Monats: Der Schweizer Wirtschaftswissenschaftler Bruno Frey hat zusammen mit Kollegen die Effekte von derartigen Auszeichnungen auf den Arbeitseinsatz untersucht. Die Ergebnisse haben Frey, Reto Cueni und Susanne Neckermann in "What is an Award Worth? An Econometric Assessment of the Impact of Awards on Employee Performance" zusammengefasst.
Belohnung für besonderen Einsatz
Die Forscher hatten sich dafür einen Telefondienstleister ausgewählt, bei dem die Arbeit der Callcenter-Mitarbeiter genau analysiert wurde: Wie viele Anrufe nimmt jeder an, wie lange dauern die Telefonate, wie hoch ist die Erfolgsquote des Einzelnen? Zusätzlich vergab das Unternehmen Belohnungen an diejenigen, die nicht nur Dienst nach Vorschrift machten, sondern etwa für kranke Kollegen einsprangen oder freiwillig Aufgaben übernahmen, die der gesamten Belegschaft zugutekommen.
Für Extra-Engagement winkte eine Urkunde und ein kleiner finanzieller Bonus, der ungefähr fünf Prozent des Bruttogehalts entsprach. Und siehe da: Kurz nach Verleihung dieses eher symbolischen Preises stieg die Arbeitsleistung der geehrten Mitarbeiter im Vergleich zu den Kollegen um gut 7,5 Prozent an. Wer vorher eher mittelmäßige Arbeit abgeliefert hatte, legte sich nach der Belohnung für die Organisation des Betriebsausflugs auch bei der Telefonakquise ganz besonders ins Zeug.
Hier greift ein psychologischer Effekt: Wer vom Chef gelobt wird, möchte sich und seinem Umfeld beweisen, dass er das Lob auch verdient hat. Man nennt dies Streben nach Konsistenz: Wer einmal gut war, will immer gut sein. Besonders lange hält der Motivationsschub allerdings nicht an: Nach gut zwei Monaten fällt die Leistung auf ihr ursprüngliches Niveau zurück.