Karriere "Mitarbeiter des Monats" sind ein Motivationskiller

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Belohnung steigert die Leistung – kurzfristig

Da Geld nur bis zu einem gewissen Grad motiviert und sich ab einer bestimmten Sättigung niemand für 100 Euro mehr noch ein Bein ausreißt, funktionieren Lob und Motivation in den westlichen Industrienationen über den Sinn der Arbeit, wie Bürgel sagt.

Die Erklärung des Sinns sei jedoch etwas, was in vielen Unternehmen verloren gegangen sei. Wer seinem Mitarbeiter sagt: "Ohne die Arbeit von dir und deinem Team kaufen die Kunden unser Produkt nicht", macht damit klar, wie wichtig die Leistung jedes einzelnen Angestellten ist. Das könne schon motivierend genug sein.

Unternehmen müssen außerdem darauf achten, den Mitarbeiter so individuell auszuzeichnen, wie dieser es braucht, sagt Steffen Kirchner, Businesscoach, psychologischer Berater im Profisport und Autor des Buches „Totmotiviert?“. "Nicht jeder möchte öffentlich besonders hervorgehoben werden, für einige wirkt genau das demotivierend. Aus der Motivationsforschung wissen wir, dass nur etwa 20 Prozent der Menschen ein hoch ausgeprägtes Streben nach Anerkennung haben. Bei weiteren 20 Prozent ist dieses Streben dagegen sehr niedrig ausgeprägt."

Darüber hinaus gibt es reihenweise Lach- und Fachliteratur zum Thema richtiges Motivieren mit und ohne finanzielle Anreize sowie zahlreiche Best-Practice-Beispiele.

So motiviert die Konkurrenz ihr Team

Aber zurück zum Mitarbeiter des Monats: Der Schweizer Wirtschaftswissenschaftler Bruno Frey hat zusammen mit Kollegen die Effekte von derartigen Auszeichnungen auf den Arbeitseinsatz untersucht. Die Ergebnisse haben Frey, Reto Cueni und Susanne Neckermann in "What is an Award Worth? An Econometric Assessment of the Impact of Awards on Employee Performance" zusammengefasst.

Belohnung für besonderen Einsatz

Die Forscher hatten sich dafür einen Telefondienstleister ausgewählt, bei dem die Arbeit der Callcenter-Mitarbeiter genau analysiert wurde: Wie viele Anrufe nimmt jeder an, wie lange dauern die Telefonate, wie hoch ist die Erfolgsquote des Einzelnen? Zusätzlich vergab das Unternehmen Belohnungen an diejenigen, die nicht nur Dienst nach Vorschrift machten, sondern etwa für kranke Kollegen einsprangen oder freiwillig Aufgaben übernahmen, die der gesamten Belegschaft zugutekommen.


Für Extra-Engagement winkte eine Urkunde und ein kleiner finanzieller Bonus, der ungefähr fünf Prozent des Bruttogehalts entsprach. Und siehe da: Kurz nach Verleihung dieses eher symbolischen Preises stieg die Arbeitsleistung der geehrten Mitarbeiter im Vergleich zu den Kollegen um gut 7,5 Prozent an. Wer vorher eher mittelmäßige Arbeit abgeliefert hatte, legte sich nach der Belohnung für die Organisation des Betriebsausflugs auch bei der Telefonakquise ganz besonders ins Zeug.

Hier greift ein psychologischer Effekt: Wer vom Chef gelobt wird, möchte sich und seinem Umfeld beweisen, dass er das Lob auch verdient hat. Man nennt dies Streben nach Konsistenz: Wer einmal gut war, will immer gut sein. Besonders lange hält der Motivationsschub allerdings nicht an: Nach gut zwei Monaten fällt die Leistung auf ihr ursprüngliches Niveau zurück.

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