In den Vorständen börsennotierter Unternehmen sind Frauen in Deutschland noch immer unterrepräsentiert. Das zeigt eine Studie der Beratungsgesellschaft EY. Nach dem Gleichstellungsbericht des Weltwirtschaftsforums (WEF) hat sich die ökonomische Kluft zwischen den Geschlechtern zuletzt sogar wieder weiter geöffnet. Die Experten gehen davon aus, dass es - rein theoretisch - noch 170 Jahre dauern wird, bis Männer und Frauen ökonomisch gleichgestellt sind.
Dafür gibt es viele Gründe. Wenn es um den Job geht, treten vor allem Frauen kürzer, sobald es um das Thema Kinder geht - und nehmen so schon früh in ihrer Karriere Einbußen hin, die sie später am beruflichen Fortkommen hindern können. Daten des Statistischen Bundesamts zeigen, dass Frauen nach der Geburt eher Abstriche beim Thema Karriere machen als Männer - viel mehr Mütter als Väter entscheiden sich dann für Teilzeit. So arbeiten nur 27 Prozent der Frauen mit einem Kind unter sechs Jahren in Vollzeit, aber 94 Prozent der Männer.
Zur Person
Martina Lackner ist Psychologin, Psychotherapeutin und Autorin. Sie arbeitet als Sparringspartnerin für Organisationen und Privatpersonen.
Das Klischee von der Rabenmutter hält sich
Dabei signalisiert die Politik: „Alles kein Problem, Mädels! Vereinbarkeit von Beruf und Familie bekommt ihr schon hin, wir unterstützen euch mit Kitaplätzen.“
Das soziale Umfeld meint hingegen: „Wieso denn so schnell nach der Geburt wieder arbeiten, du wirst doch dein Kind nicht in diese furchtbare Krippe abschieben?“
Dann gibt es jene Frauen, die sagen: „Wir haben ein Recht auf Mutterglück, muss doch nicht jeder Karriere machen!“
Und was sagt der Mann? „Ach Schätzchen, wir kommen mit meinen Einkommen aus, schönes Häuschen, zwei nette Kinder, Teilzeitstelle reicht doch...“
Die Unternehmen lassen verlauten: „Wir bemühen uns um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Schade nur, dass unser weiblicher Führungsnachwuchs schwanger wird. Wenn wir Toppositionen besetzen wollen, sind keine Frauen da.“
Und die karriereambitionierten Frauen klagen: „Wir wollen ja, aber man lässt uns nicht.“
Hinterfragen Sie sich selbst: Stimmen diese Klischees über Frauen und Männer im Job?
Studien zeigen: Schon kleine Mädchen bevorzugen flache Hierarchien – keiner soll sein Gesicht verlieren. Chefinnen-Gehabe wird abgestraft. Jungs aber testen schon früh Hierarchien – und bleiben im Job dabei: Arbeit ist Wettkampf, Karriere heißt Konkurrenten killen.
Viele Frauen lehnen Machtgerangel ab, streiten lieber um der Sache willen. Männer kämpfen oft nicht um Inhalte, sondern um die Deutungshoheit.
Frauen landen oft entweder auf unwichtigen oder sehr wackeligen Stühlen, auf denen die Gefahr des Scheiterns besonders groß ist. Nicht, weil sie besonders gute Krisenmanager wären – sondern weil Männer Frauen eher ranlassen, wenn der Karren tief im Dreck steckt.
Auch unfähige Männer treten oft mit breiter Brust auf. Fähige Frauen machen sich oft klein, nehmen Dinge persönlich, haben Angst vor zu viel Verantwortung.
Frauen gehen vor allem auf Teilzeitstellen oder bleiben zu Hause, weil sie immer noch mit einem uralten Rollenmodell, nämlich dem der guten Mutter, identifiziert werden. Eine gute Mutter schiebt ihr Kind nicht ab, der Begriff der Rabenmutter hält sich zäh wie Kaugummi. Man fragt sich nur, warum man bei diesem Begriff die Väter vergisst.