Und woran erkennen Sie, was das ist – das Richtige?
Das ist wie der kategorische Imperativ – das spürt man.
Wer Karriere machen will, sollte sich mit dem Werk des Philosophen Immanuel Kant auskennen?
Schaden kann es nicht. Ich würde heute vermutlich Soziologie studieren. Ich lese viel, vor allem auf Reisen – allemal besser, als nervige Telefonate zu führen.
Was lesen Sie im Moment?
Von meinem Mit-Geschäftsführer Bastian Fassin habe ich zu meinem letzten Geburtstag eine Goethe-Biografie von Rüdiger Safranski geschenkt bekommen, von seinem Vater Klaus Fassin „Der erste Mensch“ von Albert Camus. Und ich behellige meine Leute auch mal mit Büchern, habe ihnen gerade „Wo gute Ideen herkommen“ von Steven Johnson geschenkt. Das weitet den Horizont und schärft den eigenen Kompass.
Zur Person
Bachmüller, 57, steht seit 1996 als geschäftsführender Gesellschafter an der Spitze des Süßwarenherstellers Katjes. Nach dem Jura-Studium startete er bei Reemtsma, wechselte 1989 als Berater zur Boston Consulting Group und 1992 als Manager zu Kraft Foods.
...der vielen Menschen verloren gegangen ist, wie die Finanzkrise gezeigt hat...
Die meisten Menschen wissen schon noch, was anständig ist und wann man übers Ziel hinausschießt. Und wenn man sich nicht mehr wohlfühlt, ist das der beste Grund für einen Jobwechsel. Gerade in jungen Jahren dauert es ein bisschen, bis man sein Boot findet.
Wie haben Sie Ihr Boot entdeckt?
Nach dem Jura-Studium bin ich als Trainee zu Reemtsma gegangen, da habe ich an Test the West mitgearbeitet – die erste Zigaretten-Kampagne, die mit normalen Menschen warb. Ich habe damals schnell gemerkt: Marketing ist mein Ding.
Gab’s mal Lob vom Chef?
Nicht nur. Selbst als ich schon Produktmanager war, hat mir unser damaliger Personalchef immer wieder gesagt, ich solle mich nicht wie ein Unternehmer aufführen. Das hat mich nachdenklich gemacht – im positiven Sinne. Ich war schon damals ziemlich hartnäckig und kann es bis heute sein. So was kann man sich nicht antrainieren.
Ein Beispiel bitte.
Als wir tierfreie Katjes-Produkte eingeführt haben, haben uns viele für verrückt erklärt. Mir war aber von Anfang an klar, dass wir uns als Nummer zwei im Markt so deutlich wie möglich vom Marktführer Haribo differenzieren müssen. Sich am Bestehenden orientieren, die anderen so gut wie möglich nachahmen, das wäre völlig falsch – das gilt auch für das eigene Fortkommen. Man muss herausfinden, was kann man gut, was motiviert einen. Aber auch: Was ist einem weniger wichtig.
Worauf können Sie verzichten?
Totale Kontrolle ist kontraproduktiv. Wir können aus Menschen nur etwas rausholen, wenn wir sie laufen lassen. Man muss gut vorbereitet sein, aber eben auch offen für Abweichungen vom Erwarteten. Wer nur seinen Plan durchzieht, statt auf die Situation seines Gegenübers zu achten, lässt viele Chancen ungenutzt.
Hatten Sie keinen dezidierten Plan, als Sie bei Katjes angefangen haben, zumindest für die ersten 100 Tage?
Nein, ich habe mich erst mal zurückgelehnt – was mir eigentlich schwerfällt – und habe nur zugehört. Ich habe auch niemanden mitgebracht – ich wollte mir das Bestehende unvoreingenommen ansehen und die Chancen ausloten. Man braucht eine Diagnosephase, und in die sollte man möglichst ohne feste Meinung gehen. So wie man seinem Arzt nur sagen soll, was einem fehlt. Aber niemals, welche Krankheit man dahinter vermutet. Das habe ich schon als Berater bei Boston Consulting so gehalten.
Wo Sie eine Art dreijährigen Boxenstopp von Ihrer Industriekarriere eingelegt haben. Was hat Sie dazu bewogen?
Ich hatte an einem Managementwettbewerb teilgenommen und so gut abgeschnitten, dass die Personalberatung Egon Zehnder auf mich aufmerksam wurde und mir einen Job bei Boston Consulting Group anbot.
Abgesehen vom Gehaltssprung – hat sich der Seitenwechsel gelohnt?
Absolut. Ich habe dort am meisten überhaupt gelernt und kann die Arbeit als Berater auch als erste Station nach dem Studium sehr empfehlen. Man lernt viele verschiedene Unternehmen aus einer Außenperspektive kennen, das bewahrt vor dem Tunnelblick.