Carl Friedrich Wilhelm Borgward war ein begnadeter Ingenieur, seine Produkte setzten Maßstäbe in Technik und Design. Sein 1938 gegründetes Unternehmen wuchs innerhalb von zwei Jahrzehnten auf fast 23.000 Beschäftigte. Damit war Borgward seinerzeit der größte Arbeitgeber Bremens und mit mehr als 200.000 Fahrzeugen im Jahr der viert-größte Automobilhersteller der jungen Bundesrepublik.
Zu große Vielfalt
1949 rollte der Hansa 1500 von den Borgward-Fließbändern, das erste deutsche Auto mit der damals nur von US-Straßenkreuzern bekannten Pontonform. Der Lloyd LP 300 – wegen seiner mit Kunstleder bespannten Sperrholzkarosserie im Volksmund bekannt als „Leukoplastbomber“, später produziert mit einem Blechkleid – war im ersten Wirtschaftswunder-Jahrzehnt Deutschlands meistverkaufter Kleinwagen.
Der als Mercedes-Konkurrent entwickelte P 100 war der erste deutsche Pkw mit Luftfederung, die als Mittelklasse-Limousine, Kombi, Coupé und Cabrio angebotene Isabella das Traumauto einer ganzen Generation. Außerdem produzierte Borgward Nutzfahrzeuge für Feuerwehr, Bundeswehr, Bauunternehmer, Spediteure und entwickelte ab 1956 noch drei- und siebensitzige Hubschrauber der Typen Kolibri I und II.
Sparen durch den Schritt zurück
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Doch zum Jahresende 1960 war Schluss: Insolvenz, wegen Überschuldung. Nicht weil die Konjunktur eingebrochen war. Sondern weil Borgward sich mit seiner Modellvielfalt verhoben hatte, statt sich auf ein kleines, klar definiertes, beherrschbares Produkt- und Markenportfolio zu beschränken. Kaum eines der zahlreichen Modelle, die nach dem Krieg bei Borgward vom Band liefen, erreichte jemals rentable Stückzahlen.
Gleiche Fragen, unterschiedliche Unternehmensbereiche
Borgward ist längst Geschichte, aber das Problem der einstigen Kultmarke heute wieder hochaktuell: Nachdem viele Unternehmen zuletzt deutlich gewachsen waren, neue Märkte erobert und Produktpaletten diversifiziert hatten, kommen Produktportfolio, Strukturen und Prozesse nun wieder auf den Prüfstand. Das Ziel: die Profitabilität verbessern, um auf einen möglichen Abschwung vorbereitet zu sein.
Ob aus der Konsumgüter- oder Chemieindustrie, aus der Pharma- und der Medizintechnikbranche, ob Versicherungen oder Banken – Unternehmen aller Couleur stehen vor den gleichen Fragen: Wie groß muss mein Sortiment sein? Wie viele Marken sind notwendig? Wie kann ich meine Produkte möglichst kostengünstig und mit überschaubarem organisatorischem Aufwand herstellen? Wie einfach können meine Managementprozesse sein?