Warum stellt man einen Mitarbeiter mit dieser Vehemenz von jetzt auf gleich frei?
Zum einen um das Risiko zu mindern, dass der Manager noch Eingriffe in die EDV vornimmt, Daten kopiert, Kundenlisten zieht, also letztendlich dem Unternehmen Schaden zufügt. Manchmal aber auch um zu verhindern, dass eventuelle Beweise gesichert werden können: Organigramme, Beschlussvorlagen, E-Mails von Vorgesetzten und so weiter.
Wenn eine Kündigung rechtlich auf wackeligen Beinen steht, durchleuchtet der Arbeitgeber auch oft umgehend den PC des Betreffenden, um womöglich belastende Informationen zu finden. Bei einer entsprechenden internen Regelung reicht unter Umständen schon der wiederholte Verstoß gegen das Verbot, private E-Mail zu verschicken, bestimmte Internetseiten wie Facebook zu besuchen, um die Kündigung zumindest zusätzlich damit zu begründen.
Tipps für das Kündigungsgespräch
Verwenden Sie keinesfalls Sätze wie: „Es wird schon nicht so schlimm werden!“, „Mach Dir keine Sorgen!“ oder „Das Leben geht doch weiter!“
Floskeln vermitteln dem Gekündigten nur, dass Sie mit seinen Emotionen nicht zurechtkommen. Sie wirken dadurch verunsichert. Ihre möglicherweise gute Absicht, Trost zu spenden, wird jedenfalls nicht erreicht.
Sagen Sie nicht: „Wenn ich hätte wählen können, hätte ich den Müller rausgeworfen, nicht Dich!“ oder „Was soll ich denn machen? Ich habe das ja nicht entschieden!“
So vermitteln Sie nur Hilflosigkeit und verdrehen das Geschehen auf eine fast unlautere Art und Weise: Sie zwingen den Anderen, Sie als „Opfer“ mit seinem berechtigten Schmerz zu verschonen. Außerdem müssten Sie damit rechnen, dass der betroffene Mitarbeiter seinen Gefühlen bei den Kollegen freien Lauf lässt.
Gehen Sie nicht lax oder fahrlässig mit den Gefühlen Ihrer verbliebenen Mitarbeiter um! Sparen Sie sich scheinbare Aufmunterungen wie „Ihr könnt Euch freuen, Euch betrifft es ja nicht!“
Erkennen Sie stattdessen deren Emotionen an. Es ist für niemanden einfach, wenn Kollegen entlassen werden – die Gefühle bewegen sich von Hilflosigkeit, Scham und schlechtem Gewissen gegenüber den gekündigten Kollegen bis hin zu Sorge und Ärger aufgrund der neuen Mehrarbeit.
Machen Sie grundsätzlich keine Aussagen über anstehende Entlassungen. Falls aber einer Ihrer Mitarbeiter nachfragen sollte, geben Sie ihm kleine Bissen Information. So vermeiden Sie, dass die Gerüchteküche erst richtig brodelt und möglicherweise unter den Mitarbeitern ein Hauen und Stechen beginnt.
Bleiben Sie bei der Wahrheit! Geben Sie den Bleibenden keine anderen Begründungen für die Kündigung als dem Gekündigten. Wenn auch nur einer der entlassenen Kollegen über die wahren Hintergründe spricht, haben Sie Ihr Image nachhaltig geschädigt. Das Vertrauen in Sie als Vorgesetzter ist dann verloren. In so einem Fall ist es sehr schwer, eine Mannschaft wieder in die Spur zu bringen.
Können sich Manager gegen diese Praxis absichern?
Vor dem Vorgeführt-Werden gar nicht. Aber: Spätestens wenn der Manager ein Störgefühl bekommt, sobald Anzeichen auftauchen, dass man in Ungnade gefallen ist, sollte man anfangen, wichtige E-Mails, bei Geschäftsführern insbesondere Protokolle, Gesellschafterbeschlüsse oder Geschäftsordnungen zu Hause zu horten. Ich erlebe beim Beraten von Geschäftsführern immer wieder, dass viele Organvertreter wichtige Unterlagen wie Geschäftsverteilungspläne oder Geschäftsordnungen nicht zu Hause bei ihren Privatunterlagen haben. Das gilt erst Recht für Protokolle von Gesellschafterversammlungen. Wie soll man aber dann im Falle einer außerordentlichen Kündigung oder eines Schadensersatzprozesses belegen, dass man sich korrekt verhalten hat?
Wieso sind Manager so überrascht, wenn sie selbst an der Reihe sind, wo sich diese Fälle tagtäglich im selben Unternehmen und überall sonst auch abspielen?
Merkwürdigerweise meinen viele immer, das passiert ihnen selbst nicht. Dabei passiert es nach unseren Erfahrungen in der Beratung und Vertretung von Führungskräften statistisch gesehen jedem einmal im Leben, dass ein Arbeitsverhältnis nicht so endet, wie man es selber geplant hat.
Auch Führungskräfte dürfen also ihren eigenen Unternehmen nicht mehr vertrauen?
Die Frage ist durchaus berechtigt: Während man vor zehn Jahren bei einem Karrieresprung einen neuen Arbeitsvertrag, der einem von der Personalabteilung vorgelegt wurde, bedenkenlos gegenzeichnen konnte, muss man heutzutage kritisch vergleichen: In welchen Punkten steht eine Verschlechterung? Man hat manchmal den Eindruck, die Personalabteilung ist der Gegenspieler des Mitarbeiters und nicht die Schnittstelle zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die beiden Seiten gleichermaßen dienen soll. Denn auf die nachteiligen Änderungen weist die Personalabteilung die eigenen Kollegen nicht hin, sondern setzt sie eher noch unter Zeitdruck. Doch wie kann aber ein Unternehmen noch Loyalität von dem Mitarbeiter erwarten, wenn es selber nicht fair mit ihm umgeht?
Sind die nachwachsenden, jungen Personaler skrupelloser als ihre Vorgänger?
Zum einen ist natürlich die jeweilige Persönlichkeitsstruktur – ganz unabhängig vom Alter – entscheidend. Andererseits sind jüngere, die an die Macht kommen, oft besonders unmenschlich im Umgang mit anderen. Vielleicht ist es ganz simpel: Ethik im Business muss wieder – auch von ganz oben – vorgelebt werden. Das ist in der Vergangenheit vielfach auf der Strecke geblieben.