Länger leistungsfähig im Beruf So halten Sie im Job bis 63, 67 und 70 durch

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Wie ein gesunder Schichtplan aussieht

Zu einem guten Chef gehört auch, dass er seine Mitarbeitern Wertschätzung entgegen bringt. Das tut der Arbeiterseele nämlich genauso gut, wie dem Betriebsklima an sich. Und wer seinen Job und seinen Arbeitsplatz mag, hält auch viel eher bis zur Rente durch. Selbst körperlich und psychisch belastende Berufe führen dann nicht zwangläufig in den vorzeitigen Ruhestand, wie eine Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zeigt.

Demnach hängt es viel mehr davon ab, wie hoch die Arbeitsqualität im Allgemeinen ist. Also: die "Gesamtheit aller auf den Arbeitenden einwirkenden Anforderungen und Arbeitsbedingungen". Und dazu zählen nicht nur der Arbeitsablauf, Weiterbildungsmöglichkeiten oder das Gehalt - sondern vor allem: der Spaß am Job.

Diese Berufe machen krank
Ein Dozent der juristischen Fakultät begrüßt im Auditorium Maximum der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Erstsemester-Studenten Quelle: dpa/dpaweb
Ein Platzwart des FC St. Pauli bereitet den Rasen im Millerntor Stadion in Hamburg für das erste Heimspiel vor. Quelle: dpa
In der Papierfabrik der W. Hamburger AG überwacht ein Mitarbeiter das Abwickeln einer riesigen Papierrolle. Quelle: dpa
Eine Mitarbeiterin geht auf der Messe "CallCenter World 2009" vor einer Abbildung von drei in einem Callcenter arbeitende Figuren vorbei Quelle: dapd
In der Peene Stahl GmbH wird an einer Plasma-Autogen-Brenn-Schneidanlage gearbeitet. Quelle: ZB
Mulin Lin (l), Pflegeassistentin aus China, misst den Blutdruck der Rentnerin Margot Krüger im Seniorenzentrum der Arbeiterwohlfahrt (AWO). Quelle: dpa
Ein CNC-Fräser prüft eine Aluminiumbaugruppe Quelle: dpa

Das ZEW stellte nämlich fest, dass nicht diejenigen früher in Rente gingen, die besonders anstrengende Berufe hatten - sondern die, die besonders unzufrieden mit ihrem Job waren. Und die Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern, kostet Unternehmen oft keinen Cent. So sagt beispielsweise einer der befragten Schichtmeister (55 Jahre): "Die Chefs haben für alles ein Programm, aber denken nicht daran, wann ihre Leute Geburtstag haben. Oder sich mal vor die Leute zu stellen und zu sagen: ›Leute, das habt ihr wirklich gut gemacht, einwandfrei, ich bin stolz auf euch.‹ Da will keiner einen Kuss haben oder sonst irgendwas oder eine Umarmung, nur einfach mal sagen, was gut ist, und dann ist gut."

Doch wer Schicht arbeitet, belastet Körper und Geist, daran ändern auch die beste Arbeitsatmosphäre und der beste Chef nichts. Experten raten deshalb zu einem möglichst gesunden Schichtplan. Im Leitfaden der Zeit-Stiftung heißt es:

  • Nicht mehr als vier Nachtschichten hintereinander: So gelingt es den Mitarbeitern besser, sich wieder an den normalen Tagesablauf anzupassen, und das Schlafdefizit wird nicht zu groß.
  • Ausreichend Ruhe: Auf einen Nachtschichtblock sollte eine Ruhephase von mindestens 24 Stunden folgen.
  • Freizeit in Blöcken: Mehrere Tage Freizeit am Stück bringen mehr Erholung als einzelne freie Tage. Ein Samstag oder Sonntag sollte möglichst dabei sein.
  • Mehr Belastung = mehr Freizeit: Zusatzbelastungen lassen sich am besten durch ein Mehr an Freizeit ausgleichen.
  • Früh-Spät-Nacht: Vorwärts rotierende Schichtsysteme helfen, den Schichtwechsel besser zu meistern.
  • Schnell rotierende Schichtsysteme: Wer zum Beispiel immer nur zweimal hintereinander im gleichen Schichttyp arbeitet, verkraftet den Schichtwechsel besser, als wenn zu viele Schichten gleicher Art aufeinander folgen.
  • Ideale Zeiten: Wenn machbar, sollte kein Frühdienst vor 7 Uhr und kein Spätdienst nach 23 Uhr liegen. Für ältere Mitarbeiter kann jedoch ein Schichtbeginn um 6 Uhr sinnvoll sein.
  • Echte Pausen: Klar definierte Pausen müssen möglich sein und ausgewiesene Räume dafür auch nachts zur Verfügung stehen. Ebenso sollte die Möglichkeit gegeben sein, in Gemeinschaft etwas Warmes zu essen.
  • Leistungsschwächere Zeiten: Nach Möglichkeit sollten zwischen 2 und 3 Uhr nachts keine aufmerksamkeitsintensiven oder fehlerkritischen Tätigkeiten eingeplant werden.
  • Keine überlangen Arbeitstage: Lange Schichten und Überstunden vermeiden.
  • Helle Beleuchtung der Arbeitsräume: Licht unterdrückt die Melatonin-Produktion und hemmt so die Ermüdungstendenz.
  • Altersgrenze für Nachtschicht: Mitarbeiter über 50 Jahre brauchen in der Regel länger, um sich zu regenerieren, und sollten deshalb möglichst nicht im Nachtdienst eingesetzt werden. Lässt sich darauf nicht verzichten, müssen unbedingt ausreichende Erholungszeiten zwischen den Schichten respektiert werden.
  • Beteiligung der Mitarbeiter: Das Einbeziehen der Mitarbeiter in die Schichtplangestaltung oder bei der Veränderung von Arbeitszeitmodellen fördert die Akzeptanz der getroffenen Regelungen.

Ist der Rücken doch irgendwann kaputt, muss die Möglichkeit zur Umschulung her. "Nicht wenige Beschäftigte in der Metallindustrie würden nach einigen Jahren in ihrem Beruf gerne eine andere Tätigkeit ausüben. Doch oftmals sehen sie sich dazu nicht
in der Lage. Bei anderen führen gesundheitliche Probleme dazu, dass sie sich umorientieren müssen", heißt es im Leitfaden der Zeit-Stiftung.

Deshalb sollten Vorgesetzte während der gesamten Berufskarriere ihrer Mitarbeiter Weiterbildungen anbieten oder zumindest ermöglichen. Wer lebenslang lernt und nicht nach der Ausbildung damit aufhört, "freundet sich auch mit technischen oder organisatorischen Veränderungen schneller an", heißt es. Und das kann schließlich in keinem Job schaden.

Natürlich liegt es auch in der Eigenverantwortung der Mitarbeiter, für ihre Gesundheit zu sorgen. Doch Unternehmen und Führungskräfte sind mitverantwortlich dafür, dass Mitarbeiter ihre Beschäftigungsfähigkeit erhalten können. Niemand kann einen Gehörschutz tragen, wenn es keinen gibt, niemand kann ausreichend schlafen, wenn der Vorarbeiter unmögliche Schichtpläne macht und niemand wird seinen Job psychisch lange aushalten, wenn er chronisch überfordert und schlecht behandelt wird. Außerdem kann es nicht schaden, wenn der Vorgesetzte mit gutem Vorbild voran geht.

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