Le Mans Wie Rennfahrer und ihr Team mit Stress umgehen

Seite 4/4

Gesamtprojektleiter

Marco Ujhasi, Geamtprojektleiter GT-Werksmotorsport

Marco Ujhasi


Die Herzfrequenz beträgt 71 Schläge in der Minute, der Blutdruck bewegt sich nach aktueller Messung zwischen 152 und 87 Millimeter.

Es ist kurz vor dem Start, gleich geht es los. Ja, das Wetter ist nicht ideal. Aber Stress? "Richtig stressig ist das nicht. Stressiger geht es bei uns in den Wochen vorher zu - bis zum Start gilt es rund 50 Leute im Team und 150 Menschen im Umfeld auf das Rennen vorzubereiten." Und zwar so, dass sie zum Zeitpunkt des Start die volle Leistung bringen.

Ujhasi schreibt dazu Flussdiagramme, die alle Eventualitäten berücksichtigen, die während des Rennens eine Rolle spielen könnten - die Witterung, der Regenverschleiß und viele andere Parameter. "Damit haben wir für 80 bis 90 Prozent aller Eventualitäten eine Entscheidungsgrundlage. Das mindert den Stress deutlich" - und macht den Kopf frei für die Situationen, die unerwartet über das Team hereinbrechen.

Ujhasi: "Autorennen sind besser planbar als man denkt - es geht ja doch immer das gleiche kaputt." Und die zehn häufigsten Reparaturen erledigten die Mechaniker blind: "Da wird nicht lange diskutiert." Wichtig sei, Routinen zu schaffen, "wo immer es geht", Aufgabenpakete zu schnüren, die von einem Team problemlos zu bewältigen sind (wie einen kompletten Bremsenwechseln in 25 Sekunden) - und "erst denken, dann handeln." Dennoch, gibt er zu, sei der Druck immer noch immens: "Nur wenn man als Erster über die Ziellinie fährt, hat man eine gute Arbeit gemacht."

Fünf Stunden später ist klar - das Auto mit der Startnummer 92 wird in diesem Jahr definitiv nicht als erstes über die Ziellinie rollen. Erst macht die Servolenkung Probleme, dann bricht die Verbindung zwischen der Radaufhängung und dem Chassis. Das Auto ist nicht mehr fahrbar und wird kurz nach 1 Uhr aus dem Rennen genommen. Das Schwestermodell mit der Startnummer 91 kämpft noch eine Stunde weiter, geht dann aber nach einem Motorschaden ebenfalls vorzeitig in den Ruhestand.

Auch Timo Bernhard im Porsche 919 Hybrid mit der Startnummer 1 kämpft 10 Stunden nach dem Start mit technischen Problemen: Die Kühlung des Motors arbeitet nicht so wie geplant. Erst wird die Wasserpumpe getauscht, dann die komplette Motorkühlung. Die Reparaturarbeiten in der Box werfen Bernhard und sein Team weit zurück - am Ende reicht es trotz rasanter Aufholjagd nur für Platz 14 in der Gesamtwertung.

Weil der führende Toyota fünf Minuten vor dem Ende ausfiel, kam Audi zu guter Letzt doch noch aufs Treppchen - und Porsche konnte den Titel verteidigen Ende gut, alles gut.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%