"Mad Business" Der ganz normale Management-Wahnsinn

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Verhaltensweisen aus der Politik

Die großen Werte und Ideale, auf die sich Unternehmen berufen, werden also nicht wirklich gelebt?

Weyergraf: Viele Mitarbeiter sind weit weg von den großen Zielen. Die bekommen – Stichwort Shareholder Value – irgendein willkürliches Drei-Monatsziel, das sie durchsetzen müssen. Und sie haben sehr wenig Entscheidungsspielraum. Selbst auf Vorstandsebene. Da sprechen so viele Leute bei Entscheidungen mit. Anwälte zum Beispiel. Man ist sehr schnell in eine Ecke gedrückt, aus der man kaum noch einen Überblick haben kann. Dann kommt es zu einer Entkopplung der persönlichen von den Unternehmenszielen.

Ich treffe zunehmend viele Leute, die lieber bei einem Startup mitmachen wollen, in dem sie zwar viel weniger Ressourcen haben, aber machen können, was sie wollen.

Joerg Bartussek und Oliver Weyergraf:

Bartussek: In großen Konzernen mit mehreren Zehntausenden oder gar Hunderttausenden Mitarbeitern gibt es viele verschiedene Ziele, die nicht komplett auf eine Linie zu bringen sind. Zum Teil sind die Konflikte auch gewollt: Das Controlling soll sparen und das Marketing muss Geld ausgeben. Problematischer wird es bei ungewollten Konflikten. Ein Beispiel aus meiner Branche, der Telekommunikation: Ich kenne einen Finanzvorstand einer Landesgesellschaft, der nicht an den CEO der Landesgesellschaft berichtet, sondern den des Konzerns. Dieser Vorstand hat vierteljährliche Einsparziele. Der CEO der Landesgesellschaft wollte in den Netzausbau investieren, weil das mittelfristig das Unternehmen absicherte. Aber der Finanzer hat sich dann nicht getraut, diese Investition freizugeben. Ihm war eben wichtiger, vor seinem Chef in der weit entfernten Konzernzentrale gut dazustehen, als das für die Landesgesellschaft Vernünftige zu tun.

Was gute Führung ausmacht

Solche Verhaltensweisen kennt man aus der Politik.

Bartussek: In Konzernen wird Politik gemacht. Da werden Botschaften geschönt oder nur lückenhaft weitergegeben, weil manche Information der Karriere helfen kann, wenn sie der Konkurrent nicht hat. Im Buch lässt unser Protagonist Paul Hecht seine Leute eine ganze Woche lang Daten zusammentragen, damit er im Budget-Meeting besser aussieht als seine Kollegen. Die Mitarbeiter haben also Tage lang nichts für die Kunden getan.

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