Was kann eine Personalabteilung oder Konzernführung tun, damit das Business weniger „mad“ wird?
Weyergraf: Ein Vorstand eines amerikanischen Konzerns sagte mir mal, er sei ein People-Manager. Er sehe seine Aufgabe daran, die 150 Manager direkt unter ihm so zu koordinieren, dass dieses Geflecht funktioniert. Mit den Leuten direkt zu sprechen ist wichtig. Der neue Air-Berlin-Chef hat verkündet, dass er einen Kummerkasten einführen wird. Eigentlich erstaunlich, dass das überhaupt eine Meldung wert ist. Das sollte selbstverständlich sein, dass ein Vorstandschef den Leuten zuhört.
Ich finde es bedenklich, wenn Vorstandsmitglieder weit weg sind von den Mitarbeitern, sich nie in der Kantine sehen lassen, sich stattdessen dauernd von einem Chauffeur kutschieren lassen und im Firmenjet unterwegs sind. Und natürlich sollten sie sich nicht so sehr vom kurzfristigen Aktienpreis leiten lassen, nicht so viel darauf geben, was irgendein 23-jähriger Junganalyst sagt.
Wichtig ist auch, sich nicht durch umständliche Berichte einseifen zu lassen, durch seitenlange Powerpoint-Präsentationen. Ein Top-Manager sollte sagen: Ein Problem, das sich nicht auf eine Seite zusammenfassen lässt, ist kein Problem für mich.
Man muss auch seinen Leuten mehr Entscheidungsbefugnisse geben. Ich höre von Managern, die behaupten, über 1000 Mitarbeiter zu haben und mehrere Milliarden Euro Umsatz zu machen, aber fast gar nichts selbst entscheiden dürfen.
10 Tipps für den perfekten Chef
Jeder Mensch macht Fehler, denn Menschen sind nicht perfekt. Durch diese Eigenschaft werden Menschen überhaupt erst liebenswert. Wichtig ist jedoch, dass wir um unsere Fehler wissen und Wege finden, wie diese Fehler behoben werden können. Fehler, richtig verstanden, führen zu einer Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit und des Unternehmens.
Es ist daher verwunderlich, warum immer noch so viele Chefs meinen, dass sie perfekt sind. Eine solch grobe Selbstüberschätzung führt letztlich zu Arroganz und einem Stillstand an Wachstum (sowohl persönlich als auch unternehmerisch).
Darin liegt die Größe eines wirklich „perfekten“ Chefs. Er verwendet die Kenntnis seiner Fehler für die persönliche Weiterentwicklung. Gute Führungspersönlichkeiten meinen nicht, „jemand zu sein“, sondern verstehen sich als „jemand, der wird“ und zwar jeden Tag ein wenig mehr.
Eine wesentliche Eigenschaft von „perfekten“ Chefs ist, dass sie Menschen mögen. Viele so genannte Führungskräfte mögen aber nicht einmal sich selbst, geschweige denn andere Menschen. Unter solchen Umständen wird Führung nur schwer möglich sein. Um exzellent zu sein, muss man das, was man tut, lieben. Und um exzellent zu führen, muss man Menschen lieben.
Der „perfekte“ Chef sagt und meint „Wir!“ und nicht „Ich!“ Er ist ein Teamspieler. Im 21. Jahrhundert werden nur Teams gewinnen und nicht Einzelspieler. Die Mondlandung beispielsweise war auch nicht das Werk eines einzelnen Menschen, sondern das mehrerer tausend Ingenieure, auch wenn die visionäre Kraft eines Wernher von Brauns dahinter stand. Aber er hätte es niemals alleine geschafft.
Der „perfekte“ Chef fordert Menschen heraus. Er will Leistung erleben und regt Menschen an, sie zu erbringen. Dabei orientiert er sich nur ungern am Durchschnitt, sondern an Spitzenleistungen. Der „perfekte“ Chef gibt sich mit dem zweitbesten Ergebnis nicht zufrieden.
Von dem Gedanken, stets der Beste in allen Bereichen sein zu wollen, müssen sich Führungspersönlichkeiten trennen. Der „perfekte“ Chef konzentriert sich auf seine Stärken und seine Hauptaufgaben.
Grundvoraussetzung eines „perfekten“ Chefs sind gelebte Werte, die von allen Mitarbeitern als Führungsgrundsätze empfunden werden. Nur so entsteht das viel geforderte Vertrauen.
Letztlich geht es um das wesentliche: Der „perfekte“ Chef bewirkt, dass Menschen Ziele erreichen. Das Wesen guter Führung ist Wirksamkeit.
Meistens halten wir unsere Meinung für die Wahrheit, basierend auf der Wirklichkeit, wie wir sie empfinden. Häufig entspricht unsere Wirklichkeit jedoch nicht der Realität. Der „perfekte“ Chef setzt sich auf den Stuhl des anderen. Wer durch die Augen anderer sieht, entdeckt eine Fülle von Wirklichkeiten.
Quelle: Perspektive Mittelstand
Brauchen Topmanager nicht vor allem ehrliche Ratgeber, die sich trauen, sie offen zu kritisieren?
Bartussek: In Wirtschaftsmagazinen wird das immer geraten: Lass Kritik zu. Leider ist es in der Wirklichkeit oft so, dass derjenige, der dem Chef eine schlechte Nachricht überbringt, dran glauben muss. Wenn etwas nicht funktioniert, muss ein Kopf rollen. Es gehört sehr viel Größe dazu, als Chef sich vor seine Mitarbeiter zu stellen und zuzugeben, dass man etwas falsch gemacht hat. Wer es so hoch geschafft hat, besitzt meist ein sehr großes Ego und wenig Selbsteinsicht. Man muss schon ein sehr starker Charakter sein, wenn man jeden Tag umhegt wird und die Leute mit glänzenden Augen zuhören, um auf dem Boden zu bleiben. Und nicht zu vergessen, dass das nur eine Rolle ist, die mir verliehen wurde. Die Macht in Unternehmen ist nur geborgt. Es gibt leider genug Beispiele von Managern, die das vergessen und glauben, sie selbst seien so toll.
Haben Sie selbst auch andere, bessere Chefs erlebt?
Weyergraf: Die besten Chefs, die ich hatte, waren Frauen. Vielleicht ist es etwas zu pauschal gesagt. Aber Frauen arbeiten oft sachorientierter. Und das schadet ihnen dann vielleicht auch im internen Konkurrenzkampf.