Management Der geteilte Chefposten

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Das Gesamtpaket wird geschätzt

Sibylle Ritzer Braun und Patricia Ritzer Bauer Quelle: Andreas Körner für WirtschaftsWoche

"Wozu sagen wir Ja, wozu Nein? Das ist ein bisschen wie bei einem Elternpaar", bestätigt Patricia Ritzer-Bauer, "bei manchen Themen muss man sich zu einer gemeinsamen Haltung gegenüber den Mitarbeitern abstimmen." Die Wirtschaftsinformatikerin ist Co-Chefin in einem Tandem bei Daimler. Zusammen mit Kollegin Sibylle Braun, 44, leitet die Mutter von Zwillingen in der IT-Abteilung das globale Personen- und Strukturdatenmanagement des Autokonzerns – und das schon seit acht Jahren.

"Da hat man eine genaue Vorstellung davon, was die andere wohl gesagt hat oder nie sagen würde", sagt die 40-Jährige. Mitarbeitergespräche mit ihren vier festen Mitarbeitern führen die beiden Chefinnen inzwischen gemeinsam – auf Wunsch des Teams. "Sie haben das Gesamtpaket an Rückmeldungen schätzen gelernt", sagt Braun. Für gemeinsame Meetings und um sich stets gegenseitig auf den aktuellen Stand zu bringen, sind mittwochs immer beide Chefinnen im Büro.

Doch mit einem Überschneidungstag ist es in der Regel nicht getan. Damit nichts liegen bleibt, was der andere angeschoben hat, müssen Tandemchefs jeweils auch in ihrer Freizeit bereit sein, sich dauernd auszutauschen.

"Getroffen haben wir uns erst einmal"

Stefani Schmitz, 42, und Marianne Hoffmann, 32, nutzen dafür sämtliche Kommunikationstechnologien, die ihr Arbeitgeber entwickelt. Die IBM-Managerinnen schicken sich Kurznachrichten, chatten, mailen und telefonieren "täglich eine halbe Stunde miteinander" – auch wenn eine der beiden gerade offiziell nicht im Dienst ist. Seit einem Jahr kümmern sich beide gemeinsam darum, das technische Servicegeschäft des Softwareherstellers zu verbessern. Schmitz arbeitet von zu Hause oder im Büro in Münster, Hoffmann in Mainz. Die eine fünf Stunden vormittags, die andere fünf Stunden nachmittags – Vertrauensarbeitszeit und virtuelle Zusammenarbeit sind bei IBM Programm. Mit ihren zehn Mitarbeitern aus England, Frankreich oder Italien tauschen sich Schmitz und Hoffmann via Telefon- und Videokonferenz aus.

"Getroffen haben wir uns erst einmal", sagt Schmitz, die 14 Jahre Führungserfahrung bei IBM hat. "Wir wollten herausfinden, ob die Chemie zwischen uns wirklich stimmt." Sie stimmte: Schmitz lobt "den frischen Blickwinkel" der jüngeren Kollegin, die wiederum die Gabe der anderen für "den schnellen Gesamtüberblick". Fähigkeiten, von denen beide profitieren: "Die Qualität unserer Arbeit hat sich verbessert."

Blindes Vertrauen

Beste Bestätigung der eigenen Einschätzung: Im Januar wurden Schmitz und Hoffmann gemeinsam befördert. Keine Selbstverständlichkeit – denn ihr Vorgesetzter war zunächst skeptisch. Erst kürzlich wurden seine Reaktionen im Intranet dokumentiert: Von der anfänglichen Sorge vor Ausflüchten wie "Das macht normalerweise meine Kollegin, aber ich schau mal" ist da zu lesen, später von "permanenter Abstimmung", "blindem Verständnis und Vertrauen" sowie "guten kommunikativen und administrativen Fähigkeiten" des Duos. Und schließlich das Lob: "All das machen Sie im Augenblick hervorragend. Ich nehme Ihr Jobsharing als nahtlos wahr. Vielen Dank dafür."

Dass Jobsharing auf hohem Niveau ohne den guten Willen der Vorgesetzten, sich auf zwei verantwortliche Ansprechpartner einzulassen, nicht funktioniert, belegt die Untersuchung der Unternehmensberatung Bain: 86 Prozent der Befragten gaben an, dass die Unterstützung seitens der Führungsspitze ausschlaggebend dafür sei, flexible Arbeitszeitangebote zu nutzen.

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