Nun präsentierte die Forscherin den Probanden zwei relativ dröge Konzentrationstests und stellte sie vor die Wahl: Wollten sie selbst entscheiden, welche Aufgabe Steffel ihnen reichte – oder sollte die Forscherin das für sie entscheiden?
Und siehe da: Sollte ihr Partner die Aufgabe lösen, überließen 26 Prozent die Wahl der Versuchsleiterin. Waren sie selbst dran, wollten die Entscheidung nur sieben Prozent abgeben.
Ähnlich war es bei weiteren Versuchen: Egal, ob es darum ging, ein Hotel zu buchen oder Geld anzulegen: Immer wenn es nicht ausschließlich um erfreuliche Aktivitäten ging, überließen die Freiwilligen die Entscheidung jemand anderem – wenn sie nicht selbst betroffen waren. Wobei sie die Wahl vor allem an Personen reichten, die über mindestens genauso viel Autorität verfügten – damit jene im Falle des Scheiterns die Verantwortung übernehmen konnten.
Das bemerkte Steffel, als sie den Probanden die Wahl gab, die Entscheidung an einen Vorgesetzten oder einen Untergebenen zu delegieren.
Bloß kein schlechtes Gewissen
Ganz anders war es, wenn mit der Entscheidung ausschließlich positive Folgen verbunden waren: Hier zeigten sich die Probanden selbst dann entschlossen, wenn sie selbst unbeteiligt waren.
Handelte es sich um besonders faule oder feige Versuchsteilnehmer? Mitnichten. Vielmehr liegt die Tendenz zum Delegieren an zwei Faktoren, glaubt Mary Steffel. Menschen wollen ein schlechtes Gewissen vermeiden – für den Fall, dass sie andere Personen mit ihrer Entscheidung auf den sprichwörtlichen Holzweg schicken. Diese Sorgen werden verschlimmert durch die Angst, für eine falsche Entscheidung Konsequenzen zu tragen.
Dieses Muster zeigten die Freiwilligen selbst dann, wenn sie anonym blieben. „Die meisten Menschen beschäftigt es offenbar stärker, die Schuld für schlechte Ergebnisse tragen zu müssen“, sagt Steffel, „als das Lob für gute Resultate einzuheimsen.“