Geduld, Selbstkontrolle, Entschlossenheit: Eigenschaften, die Führungskräfte auszeichnen sollten, über die viele aber nicht verfügen.
„Viele Führungskräfte erfüllen ihre Aufgaben nicht in dem Maße, wie es für moderne Führung notwendig ist. Sie wissen schlichtweg häufig nicht, wie sie vorgehen sollen“, sagt Reiner Schon. Er ist Trainer und Coach und übt in seiner Freizeit die Kampfkunst Hapkido aus.
Geschäftsführer oder Manager sollten sich zunächst einmal darauf konzentrieren, was Führung ausmacht und wie sie funktioniert. Mit dem richtigen Vorgehen kann eine Führungskraft auch in kniffligen Situationen angemessen reagieren. Das bedeutet zum Beispiel, den Fehler eines Mitarbeiters nicht hervorzuheben oder sogar an den Pranger zu stellen, sondern viel mehr jede Konzentration auf die Fehlerbehebung und die Vermeidung desselben in der Zukunft zu lenken.
Mentale Stärke trainieren
Obwohl es mittlerweile viele Sportarten gibt, die eine Mischung aus Kampfkunst und Kampfsport sind, gibt es doch eine klare Unterscheidung: Bei der Kampfkunst steht nicht der sportliche Vergleich im Mittelpunkt. Es geht nicht darum, zu gewinnen und einen Gegner zu besiegen. In der fernöstlichen Kunst liegt der Schwerpunkt auf der mentalen Stärke, weniger auf der körperlichen Kraft.
Wichtiger ist es vielmehr, die Regeln zu beachten – und über deren richtige Anwendung den Gegner zu besiegen oder auch den Kampf zu beenden. Führungskräfte sollen versuchen, mit Leichtigkeit ans Ziel zu kommen, im Einklang mit anderen – und sich selbst. Manchmal ist das eigene Ich der größte Gegner.
Wer führen möchte, braucht deshalb zunächst die Kontrolle und den Respekt für sich selbst und für andere. Führungskräfte treffen wichtige Entscheidungen und brauchen dafür einen klaren Kopf. Sich gerade diesen zu bewahren – zwischen den vielen anderen Aufgaben, die erledigt werden müssen – kann schwierig sein.
Führungskräfte sind moderne Krieger
„Über die Kampfkunst können Strategien entwickelt werden, um Kommunikation oder auch Mitarbeiterführung neu zu erlernen und sich so mit Hilfe von Mut, Entschlossenheit und Disziplin durchzusetzen, aber gleichzeitig durch Kooperation und Empathie das gemeinsame Ziel zu erreichen“, sagt Jerome Gravenstein.
Er ist Experte für Prävention, Deeskalation und Kampfkunstlehrer. In seinen Workshops versucht er durch körperliche Schulung, durch Kampfkunst und dem Nicht-Kampf-Prinzip die Persönlichkeit zu stärken. „Selbststärke ist das Handwerkszeug, das für eine nichtzerstörerische, produktive Lösung von Konflikten notwendig ist“, sagt er.
Was Manager von Kapitänen lernen können
„Nach einer Woche auf hoher See, mit salzverkrusteter Haut und dem Ziel noch immer außerhalb der Sichtweite, beginnt man sich zu fragen: Warum mache ich das Ganze eigentlich? Ist es wirklich so wichtig, die Regatta zu gewinnen?“, schreibt Rick Bomer über seine Teilnahme an der Atlantic Rally for Cruisers quer über den Atlantik.
Um eine solche Rally – oder den Wettbewerb als Unternehmen – zu gewinnen, müsse man sich auf seine eigenen Stärken und Werte rückbesinnen, rät der Manager und leidenschaftliche Segler. Er sagt: Ohne Mut geht es nicht.
Quelle: Rick Bomer, Führung auf hoher See
Auf hoher See hat man nicht immer die volle Kontrolle über die Umwelt und nicht immer lässt sich das Ziel so erreichen, wie ursprünglich geplant: Liegt ein starker Sturm voraus, kann die Crew Kurs halten und ihn durchqueren, oder ihm aus dem Weg gehen und dafür einen Umweg in Kauf nehmen. Der Job des Kapitäns ist es, minütlich neu abzuwägen, welches der richtige Weg ist. Er muss die Balance zwischen der sichersten und der kürzesten Strecke finden – durch vorausschauendes Denken und Reagieren. Nicht mittels: Gestern haben wir es soundso gemacht.
Um ein Boot in voller Geschwindigkeit zu halten, muss es von einem ausgeruhten Team gesteuert werden. Das bedeutet, dass jeder einmal ans Steuer darf beziehungsweise muss, damit ein anderer ausruhen kann. Der Kapitän muss deshalb auch bereit sein, andere ans Ruder zu lassen. Helden, die mehr tun als sie tun sollten und übermüdet sind, gefährden letztlich die komplette Crew.
Wenn jeder mal ans Steuer muss, ist eine klare Kommunikation unerlässlich. Nur so bleibt das Boot auf Kurs und nur so lässt sich eine gemeinsame Strategie konsequent verfolgen. Wer das Steuerrad übernimmt, will alles über die Wind- und Seegang, den Kurs und andere wesentliche Dinge wissen. Die Übergabe sollte daher so effektiv und effizient wie möglich ablaufen: Sagen Sie was wichtig ist. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.
Stress lässt sich nicht immer vermeiden – schon gar nicht auf hoher See bei rauem Wellengang. Ob es sich nun um echtes oder metaphorisches Wasser handelt: Anstatt sich dem Stress einfach zu ergeben, sollten Sie überlegen, wie sich die Extraportion Energie nutzen lässt, die er freisetzt. Und vor allem: widmen Sie sich den Stressursachen, statt seinen Auswirkungen.
Ohne Disziplin der gesamten Crew gewinnen Sie weder eine Segelregatta noch den Preis als bestes Unternehmen. „Um etwa das Großsegel einzuholen, müssen mehrere Menschen eine Reihe gut einstudierter Schritte durchführen, von denen keiner entbehrlich ist“, schreibt Bomer. Wenn Kapitän oder Crew einen Schritt überspringen wollen, klappt es nicht.
Führungskräfte seien „moderne Krieger“, sagt Gravenstein. Schon der chinesische Militärstratege Sūnzǐ setzte darauf, dass tatsächliche Auseinandersetzungen wie Krieg und Kämpfe möglich vermieden werden sollten, da die Folgen oftmals nicht abzusehen sind. Dem seien gewaltlose Strategien vorzuziehen.
So heißt es in seinem Buch Die Kunst des Krieges: „Die größte Leistung besteht darin, den Widerstand des Feindes ohne einen Kampf zu brechen.“ Und weiter: „Wenn du den Feind und dich selbst kennst, brauchst du den Ausgang von hundert Schlachten nicht zu fürchten.“
Auch fernöstliche Entspannungstechniken helfen
Vor zehn Jahren hätten viele Manager beim Gedanken an fernöstliche Entspannungsübungen noch den Kopf geschüttelt. Heute gehören Qigong, Tai Chi oder Shiatsu fest zum Sport- und Entspannungsprogramm in modernen Chefetagen. Unternehmen wie SAP und Google bieten ihren Mitarbeitern Achtsamkeitskurse an, Yoga ist bei vielen Firmen Teil des Betriebssportangebotes.
Dass sich die Methoden aus China und Indien hierzulande so großer Beliebtheit erfreuen, hat verschiedene Gründe.
In Deutschland gilt in der Regel ein Waldspaziergang, ein Wannenbad oder ein Tag im Spa als Entspannung. Aber vor einem Meeting nochmal fix ein Vollbad nehmen oder für Stunden durch den Wald zu gehen? Das lässt sich in einen stressigen Tag schlechter integrieren als eine fernöstliche Entspannungs-Übung, die nur wenige Minuten in Anspruch nehmen muss. Solche Praktiken aus Fernost lassen sich beliebig oft wiederholen und sollen nicht nur dem Geist, sondern auch dem Körper nutzen.
Dass das funktioniert, belegt unter anderem eine Studie der Harvard Medical School in Boston. Die hat festgestellt, dass regelmäßige Meditation die Gehirnstruktur verändert. Der Mensch wird so widerstandsfähiger gegenüber Stress und anderen Menschen gegenüber empathischer. Für Führungskräfte sind das wichtige Eigenschaften. Plätschernde Brunnen und sanftes Glockenspiel, wie sie oft mit fernöstlichen Entspannungs-Methoden einhergehen, sind allerdings nicht jedermanns Sache.
Business-Yoga und Business-Qigong haben immer mehr Zulauf
Deshalb finden Tai Chi, ursprünglich eine chinesische Kampfkunst, und die Bewegungslehre Qigong hierzulande immer mehr Anhänger. „Qigong ist weder Sport, noch eine Meditationstechnik, sondern eine Heilgymnastik aus der traditionellen chinesischen Medizin“, sagt Awai Cheung. Der Chinese aus Berlin lehrt seit mehr als zehn Jahren seine Qigong-Variante fürs Büro: Business Qigong. Damit ist er nicht allein - auch für Yoga oder etwa Tai Chi gibt es schon solche "Business"-Abwandlungen. Inzwischen zählten große Firmen und Dax-Konzerne zu seinen Kunden, erzählt Cheung.
Diese Ressourcen helfen, den Alltag als Führungskraft zu überstehen
Optimismus ist die Überzeugung, in der Zukunft positive Dinge zu erleben und – dies ist der Knackpunkt – dies selbst beeinflussen zu können. Der optimistische Chef oder die optimistische Chefin denkt in Kategorien wie "Ich erwarte eine gute Zukunft". Der Optimist hat viel Gutes erlebt und glaubt, dass es auch in Zukunft so bleiben wird. Er oder sie geht offen auf andere zu. Die aktivere Lebenseinstellung macht Optimisten stressresistenter und es gelingt ihnen auch dadurch leichter, Krisen zu bewältigen. Im Job optimal ist ein realistischer Optimismus.
Der Chef oder die Chefin vom Typ "Fels in der Brandung" übersteht auch widrige Situationen und ist sich dessen auch bewusst. Die positive Ressource dieser Führungskraft ist Resilienz, also Widerstandsfähig- und Anpassungsmöglichkeit. Resiliente Menschen sind meist auch optimistisch, gelassen, mit sich im Reinen, haben klare Ziele und verfolgen diese konsequent. Sie sind in der Lage, die Dinge, auch die negativen, so zu nehmen, wie sie sind.
Für den Arbeitsplatz bedeutet dies die Fähigkeit, trotz Krisen, Veränderungen und Unsicherheit die eigenen Stärken für Fortschritt und positive Veränderungen aktiv zu nutzen. Gute Gefühle verstärken die Resilienz in negativen Situationen. Resilienz wird erhöht durch die Erinnerung an vergangene Krisenbewältigung, durch die Reflexion von Talenten, Fähigkeiten sowie durch Netzwerken..
Die Krönung der Ressourcen ist die Genussfähigkeit, weil sie Voraussetzung und Bestandteil aller anderen ist. Die Kunst, sich an dem zu erfreuen, was ist, benötigen wir, um Ziele zu definieren und den Weg dahin zu genießen. Aus der Genussperspektive statt der Pflichtperspektive verändert sich die Kraft, die wir haben. Für Genussfähigkeit brauchen wir Zeit, Raum und Muße: Im Stehen schnell zu essen und zu trinken und Genuss schließen sich genauso aus, wie auf der Autobahn über den Sinn des Lebens nachzudenken.
"Ich weiß, wofür ich meine Arbeit mache" - gerade der jungen Generation ist wenig wichtiger, als die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit. Eine Führungskraft sollte diese Frage entsprechend für sich und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beantworten können. Allerdings gehen Sinnfragen im Alltag häufig in Stress, Hektik und dem Gefühl von Zeitmangel unter. Ein Ausstieg aus den Routinen ist hilfreich, aber auch die einfache Frage „Was nützt es anderen Menschen, dass es mich/meine Arbeit gibt“, kann ein erster Schritt sein.
Der Vorteil seiner Methode: Sie funktioniere auch am Schreibtisch – im Anzug. „Business Qigong geht im Stehen oder im Sitzen, anders als beim Yoga braucht man keine Matten und muss sich nicht hinlegen“, sagt er. Ein paar Minuten genügten schon – und ins Schwitzen komme man auch nicht.
Noch ein Vorteil: Die Übungen müssen nicht in einer bestimmten Reihenfolge gemacht werden. „Man pickt sich einfach das raus, was man gerade braucht. Das kann etwas gegen leichte Kopfschmerzen, aber auch etwas gegen Lampenfieber sein.“ Drei Übungen – gegen den verspannten Nacken, Stress und für einen guten Start in den Tag – finden Sie auf der folgenden Seite.
Räucherstäbchen sind nicht nötig, Selbstvertrauen schon
Mit Esoterik habe das nichts zu tun, sagt Cheung. „Solche Übungen sind auch etwas für Berufstätige ohne Räucherstäbchen-Mentalität.“ Er gibt jedoch zu, dass das Abschalten auf asiatische Art erst einmal komisch aussehe. Andere Gymnastikübungen wirkten aber vermutlich genauso befremdlich, wenn sie im Büro gemacht werden.
„Manche trauen sich nicht, das im Büro zu machen. Dann kann man das zur Not auch mental machen“, rät Cheung. Oder im Zweifelsfall den Raum wechseln. Was ohnehin ein Tipp von Sportmedizinern für den Arbeitsalltag ist. Denn wer den Raum wechselt, signalisiert seinem Kopf: Jetzt wird nicht mehr gearbeitet, sondern Sport gemacht, beziehungsweise Entspannung gesucht.
Hinzu kommt, dass die beste Entspannungsübung nicht hilft, wenn ständig das Telefon klingelt oder Kollegen in den Raum platzen. Also entweder das komplette Team zum Mitmachen motivieren, oder sich einen eigenen Qigong-Raum suchen. Zur Not eben den im Kopf, zu dem Cheung rät. Im Zweifelsfall hilft, was immer hilft: Ausprobieren, was passt. Der eine kann sich am Schreibtisch mit der kleinen Gymnastikeinlage zwischendurch entspannen, der nächste verbringt seine Mittagspause besser im Power-Yoga-Kurs und der andere kann nur in der Sauna wirklich abschalten.