Gute Chefs zeichnen sich durch Fairness und das richtige Verhältnis von Kritik und Lob aus. Führen heißt für sie nicht nur bestimmen, sondern motivieren. Doch wer hält eigentlich die Chefs bei Laune? Viele Führungskräfte engagieren Coaches, die ihnen bei der Selbstmotivation helfen. WirtschaftsWoche Online hat sich zwei von ihnen geschnappt und sie um Rat gebeten.
Thomas Baschab ist Managementtrainer für Top-Unternehmen und Mentalcoach zahlreicher Spitzensportler. In seinen Seminaren vermittelt er, wie man Ziele erreichen kann, die man bisher für unerreichbar gehalten hat. Er lebt in der Nähe von München.
Vaya Wieser-Weber arbeitet als Trainerin, Vortragsrednerin und Coach zu den Themen Persönlichkeitsentwicklung und Emotionskompetenz. Sie lebt mit ihrer Familie in Kitzbühl.
Beide wissen, was Führungskräfte demotiviert - und wie sie aus dem Tief wieder herauskommen.
Demotivation Nummer eins: fehlendes Lob
Die Führungskraft sagt: "Ich achte darauf, meine Mitarbeiter stets für Ihre Erfolge zu loben. Mich allerdings lobt nie jemand."
Tipps: So motivieren Sie Ihre Angestellten
In seinem Bestseller „Drive“ gibt der amerikanische Managementautor Daniel Pink Ratschläge, wie Unternehmer, Geschäftsführer und Abteilungsleiter ihre Mitarbeiter motivieren können – und zwar mit wenig Aufwand. Eine Auswahl der originellsten Tipps.
Gefällt einem Angestellten die Arbeit eines anderen Mitarbeiters besonders gut, kann er ihm eine Belohnung zukommen lassen. Um was es sich dabei genau handelt, sollte die Geschäftsführung vorher festlegen. Wie zum Beispiel bei Kimley-Horn. Das Bauunternehmen gehört seit Jahren zu den beliebtesten Arbeitgebern in den USA – auch weil die Chefetage ihren Mitarbeitern 50 Dollar als Prämie zur Verfügung stellt, um sie an Kollegen zu vergeben. Die Methode funktioniert, weil die Belohnung nicht von oben bestimmt wird – Anerkennung unter Gleichgestellten motiviert Menschen besonders.
Ist ein Mitarbeiter gelangweilt oder unterfordert, sollte der Vorgesetzte ihm anspruchsvollere Herausforderungen geben – allerdings erst, wenn er zuvor seinen Nachfolger eingearbeitet hat. Wissen weitergeben zu dürfen signalisiert Anerkennung und Wertschätzung – und macht Menschen stolz.
Jeder Mensch braucht Ziele, sollte an deren Formulierung aber mitwirken. Pink ist überzeugt: Angestellte erfüllen ihre Aufgaben umso lieber, wenn sie sie mitgestalten können. Auch über ihre Wortwahl können Chefs signalisieren, dass sie bereit sind, Kontrolle abzugeben. Statt „Sie müssen“ oder „Sie sollten“ benutzen gute Führungskräfte Formulierungen wie: „Ziehen Sie in Erwägung, dass …“ oder „Bedenken Sie ...“. Das vermittle Mitarbeitern ein Gefühl von Eigenverantwortung und Selbstbestimmtheit.
Wie Professoren an der Universität oder Ärzte in der Praxis können sich Führungskräfte Zeit im Kalender für Sprechstunden freihalten. So inszenieren sich die Vorgesetzten eher als Coach statt als Einpeitscher und verdeutlichen, dass sie sich für die Belange der Belegschaft interessieren. Das honorieren Mitarbeiter mit höherem Einsatz.
Um frische Ideen zu fördern, sollten Unternehmer auf den alljährlichen Betriebsausflug verzichten – und lieber einen Tag einplanen, an dem die Mitarbeiter an einem Projekt ihrer Wahl arbeiten können. Was und mit wem sie es umsetzen? Unwichtig. Es gibt lediglich eine Regel: Egal, ob ein neues Geschäftsmodell oder ein neuer Prozess – am Ende müssen alle etwas abliefern.
Das raten die Coaches: „Je weiter sie oben stehen, desto weniger Lob können Sie von anderen erwarten“, erklärt Thomas Baschab, Mentaltrainer aus München. „Chefs werden maximal von ihren Mitarbeitern gelobt. Diese Situation ist aber ambivalent: Entweder sie bekommen kein Lob oder sie überlegen, ob der Mitarbeiter das nur aus Berechnung tut.“
Ein Problem müsse das laut Baschab allerdings nicht sein. Denn das Selbstwertgefühl eines Chefs darf nicht auf der Anerkennung anderer basieren. „Es geht vielmehr darum, sinnerfüllt zu arbeiten.“ Wer wisse, warum er seinen Job tue, sei auch motiviert. Sein Rat: Öfter mal daran erinnern, warum man das alles macht. Der Rest kommt von allein.
Richtig loben
Ein grundloses Lob geht nach hinten los. Es klingt wie Spott. Man nimmt Lob nur von einem Menschen an, dessen Kompetenz feststeht, und von dem man bei schlechter Leistung auch kritisiert worden wäre. Also sollte der Lobende nicht übertreiben. Bei der Formulierung des Lobes, sollten die erzielten Erfolge genau benannt werden.
Ein glaubwürdiges Lob muss echte Begeisterung des Lobenden spürbar machen. Coolness ist in diesem Fall unangebracht.
Gute Pädagogen loben die jeweiligen Fortschritte jedes Einzelnen und vermeiden Vergleiche. "Paul, Du bist fast so gut wie der Peter", wirkt eher demotivierend.
Angehängte Kritik macht jedes Lob klein. Auf entwertende Worte wie „aber“ und „eigentlich“, sollte ein Lobender verzichten.
Vaya Wieser-Weber hat noch einen anderen Tipp: „Warum loben Sie sich nicht mal selbst?“, fragt sie. Wer sich selbst lobe, wecke ungeahntes Potential: „Sich selbst zu sagen, wie gut man gewisse Dinge gehandhabt hat, öfter mal die Beckerfaust zu machen und mit gewissem Stolz auf Erreichtes zu blicken, tut gut.“ Angenehmer Nebeneffekt: Wer sich selbst lobe, werde auf Dauer unabhängiger vom Lob anderer und dadurch weniger manipulierbar.
Demotivation Nummer zwei: Die Zahlen stimmen nicht
Die Führungskraft sagt: "Trotz starker Bemühungen bleiben Mitarbeiter und Zahlen weit hinter den Erwartungen. Alles umsonst!"
Das raten die Coaches: Führungskräfte werden in vielen Unternehmen an den Ergebnissen gemessen. Wer gut da stehen will, muss liefern. Das baut Druck auf, gerade wenn die Zahlen stagnieren. Thomas Baschab kennt die Fixierung auf Ziele aus seiner Arbeit mit Leistungssportlern nur zu gut. „Nicht der Weg ist das Ziel, sondern das Ziel ist im Weg“, beschreibt er seine Erfahrungen. Bestes Beispiel: Baschabs Klient Simon Schempp, Weltmeister im Biathlon.
Druck von oben - kündigen oder bleiben?
Der Weg an die Weltspitze war steinig, denn lange war Schempp nur in der Staffel erfolgreich. Mit jedem Sieg in der einen Disziplin stieg jedoch das Verlangen nach einer Medaille in der anderen Disziplin - und damit der Druck. Schempp fühlte sich zunehmend gelähmt.
Mit jedem Rennen wurde er schlechter - bis er sich nicht mehr auf die Medaille, sondern auf seine Leidenschaft am Sport fokussierte. Damit wurde er Weltmeister. Es ist nur ein kleiner Kniff, doch er machte den Unterschied. „Nur Menschen, die etwas aus Liebe oder Leidenschaft tun, sind auf Dauer erfolgreich“, so Baschab.
Nehmen Sie Abstand!
Wem der ganzheitliche Ansatz zu abstrakt ist, kann auch folgendes machen: Abstand gewinnen. Am besten an der frischen Luft. „Nehmen Sie sich Ihre Jacke, verlassen Sie das Unternehmen, damit die Mitarbeiter wegen ihrer Stimmung nicht in Panik geraten, und gönnen Sie sich erst mal einen langen Spaziergang“, rät Wieser-Weber.
Ein geeigneter Ort dafür sei ein Friedhof. Nicht nur wegen der Ruhe, sondern auch weil oft erst die Gegenwart des Todes bewusst mache, wie vergänglich alles ist. Im Anschluss, so rät die Expertin, hilft ein schöner Abend mit Familie, Partner oder Freunden.
„Denn das ist es doch, was sie jetzt sehr gut gebrauchen könnten: Leichtigkeit statt Verbissenheit.“
Demotivation Nummer drei: Der Druck wird immer größer
Die Führungskraft sagt: "Der Druck von oben wird unerträglich. Ich kündige!"
Das raten die Coaches:„Gratulation! Das Leben ist zu kurz für schlechten Wein und unerträglichen Druck von unerträglichen Firmen“, findet Wieser-Weber. „Und knicken Sie bloß nicht ein, nur weil Sie glauben, woanders könnte es noch schlimmer sein.“ Wer unglücklich sei, stecke andere an. Und das, so Wieser-Weber, sei schlecht fürs Geschäft.
Checkliste für die Kündigungsfrist
Notieren Sie zunächst alle Projekte und Aufgaben, die zu Ihrem Arbeitsbereich gehören. Darüber hinaus schreiben Sie auf die Liste alle Dinge, die Sie vor Ihrem letzten Arbeitstag noch erledigen müssen oder wollen. Etwa Fragen an den Chef, Übergabegespräche oder einfach Organisatorisches wie die Schlüsselabgabe. Diese Liste können Sie dann konsequent abarbeiten. So haben Sie ein klares Programm und idealerweise vergessen Sie nichts.
Nicht alle Projekte, an denen Sie derzeit arbeiten, werden Sie in Ihrer Kündigungsfrist noch abarbeiten können. Idealerweise lernen Sie Ihren Nachfolger noch kennen und können ihn persönlich einarbeiten. Wie auch immer es kommt – bereiten Sie in jedem Fall eine saubere Übergabe vor und schreiben Sie Notizen. Stellen Sie dafür sicher, dass alle Aspekte verständlich nachvollziehbar sind.
Aufräumarbeiten gehören zum Abschied dazu. Selbst bei den ordentlichsten Arbeitnehmern dürften sich diverse Unterlagen und unter Umständen auch persönliche Notizen angesammelt haben. Nehmen Sie sich Zeit für diese Aufräumarbeiten, denn diese organisatorischen Bemühungen haben auch einen psychologischen Aspekt. Beginnen Sie damit also nicht erst am vorletzten oder gar letzten Tag.
Wenn die Kündigungsnachricht verdaut ist und es nur noch ein paar Wochen bis zum Abschied sind, sollten Sie mit Ihrem zukünftigen Ex-Chef über Ihr Arbeitszeugnis sprechen. Bieten Sie Ihre Mithilfe an, sollte Ihr Chef viel Arbeit haben oder sich mit derartigen Formulierungen schwertun. Ihre Mithilfe kann Ihr Zeugnis unter Umständen positiv beeinflussen. Sie könnten beispielsweise anbieten, einen Entwurf zu formulieren. Allerdings sollten Sie vorsichtig sein mit diesem Angebot. Manch ein Chef könnte auch misstrauisch werden oder ablehnend reagieren – da müssen Sie auf Ihr Bauchgefühl hören.
Bürobuffet? Frühstück? Kuchen? Sekt? Oder doch lieber in kleiner Runde abends zum Essen im Restaurant oder auf ein Bier? Bereiten Sie Ihren Abschied frühzeitig vor und informieren Sie Ihre Kollegen beizeiten. Damit garantieren Sie, dass alle Zeit finden, sich auf Ihren Abschied freuen und es nicht in Stress ausartet.
"Friedrich Nietzsche sagte einmal „Wer ein Warum zum Leben hat, erträgt fast jedes Wie“", so Thomas Baschab. "Rückschläge", konstatiert er, "gehören einfach zum Leben dazu. Und mit ihm kommen die quälenden Fragen: Ist das wirklich der richtige Job für mich? Kann ich den Druck noch lange ertragen?" Baschab rät zu einer intensiven Auseinandersetzung mit sich selbst. "Wenn Sie bei der Frage, warum sie ihren Job noch machen, zu keinem Ergebnis kommen, sollten sie Konsequenzen ziehen."