Maria Elisabeth Gräfin Thun-Fugger „Wir waren in 500 Jahren niemals pleite“

Gräfin Thun-Fugger in der Augsburger Zentrale der Fugger-Stiftungen. Quelle: Wolf Heider-Sawall für WirtschaftsWoche

Wie konnte das Wirtschaftsimperium der Fugger die Jahrhunderte überdauern? Maria Elisabeth Gräfin Thun-Fugger im Gespräch über die Kunst, Vermögen zu bewahren und ihr Leben als Unternehmerin in einer Männerdomäne.

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Kein Unternehmerclan war im Lauf der Weltgeschichte so einflussreich wie die Augsburger Fugger während des 15. und 16. Jahrhunderts. Der bekannteste Familienvertreter Jakob Fugger (1459 bis 1525) versorgte verschwenderische Fürsten und Könige mit Kredit, er war der erste europäische Rohstoff-Tycoon und einer der ersten globalen Handelsunternehmer. Er mischte auch politisch mit, rang der Kirche die Abkehr vom Zinsverbot ab und verhalf – durch Geldzahlungen an die Kurfürsten – Kaiser Karl V. auf den Thron. Ein Gespräch über Jakob Fuggers Erbe – 18 Generationen später.

WirtschaftsWoche Online: Gräfin Thun-Fugger, in diesen Tagen ist in Deutschland ein Buch mit dem Titel „Der reichste Mann der Weltgeschichte“ herausgekommen. Es geht um Ihren Urahn Jakob Fugger. Wie reich war der berühmteste Vertreter des Fugger-Wirtschaftsimperiums nach heutigen Maßstäben?
Gräfin Thun-Fugger: Der Vergleich ist sehr schwierig. Jakob Fugger besaß knapp 668.000 Gulden – aber dann stellt sich die Frage: Wie rechnet man eine Währung des 16. Jahrhunderts in Euro um? Es gibt verschiedene wissenschaftliche Methoden, um zumindest eine Annäherung an diese Frage zu finden. Wenn man zum Beispiel den Goldgehalt des damaligen Guldens zugrunde legt und mit dem heutigen Goldpreis bewertet, betrug das Firmenkapital der Fugger rund 18 Milliarden Euro und Jakobs Privatvermögen rund sechs Milliarden Euro. Es gibt Zahlenspiele, die auf 300 Milliarden Euro kommen, aber das halte ich für übertrieben.

Zur Person

Der deutsche Sprachschatz kennt das altertümliche Wort „fuggern“. Es steht fürs Schachern, fürs Handeln an der Grenze des Legalen. Passt das zu Jakob Fugger?
Nein. Man kann anhand unseres umfangreichen Archivmaterials nachverfolgen, welche Geschäfte Fugger gemacht hat. Er war gut vernetzt und schlau, aber nicht unseriös. Sein Erfolgsrezept war, Kredite an die Herrscher nur gegen eine reale Absicherung zu vergeben. Im Laufe der Jahre erhielt er auf diese Weise nicht nur Grundbesitz, sondern auch Förderrechte für Rohstoffe, etwa für Kupfer in Ungarn und Quecksilber in Spanien. Das Wort fuggern hat für mich keinen negativen Klang. Und ich glaube, wir können von Jakob Fugger in der heutigen Zeit mit ihren Verwerfungen viel lernen.

Zum Beispiel?
Erstens Solidität im Wirtschaften. Das Unternehmen hatte eine Eigenkapitalquote von 95 Prozent, da kann eine heutige Bank nur von träumen. Zweitens die Absicherung von Krediten mit realen Werten, anstatt – siehe Finanzkrise – Kredite an jedermann zu vergeben. Und drittens die immense Bedeutung von Grund und Boden für generationenübergreifenden Wohlstand. Jakob Fugger besaß die Grafschaft Kirchberg und Weißenhorn. Nach seinem Tod 1525 übernahm sein Neffe Anton das Unternehmen und investierte große Summen in Land und Immobilien. 1660 haben die Fugger-Stiftungen noch drei Rittergüter rund um Augsburg erworben. Diese Investitionen bilden heute die wirtschaftliche Grundlage der Fugger und ihrer neun Stiftungen.

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