Stephan Wegerer, der die Abteilung Innovationsmanagement bei der Adidas Group verantwortete, hält das für ein systemisches Problem. „Die Vorstände gehen nicht als Vorbild voran, sondern delegieren das Thema“, sagt Wegerer, der mittlerweile als Partner bei Weissman & Cie. familiengeführte klein- und mittelständische Unternehmen in den Bereichen Digitale Transformation, Trend-, Innovations- und Ideenmanagement sowie Business Innovation berät. Seine Erfahrung zum Umgang vieler Vorstände mit der Digitalisierung: „Im besten Fall holen sie einen jungen CDO an Board, der dann irgendwo in den tradierten Strukturen untergeht.“
Auf den CDO sollten Unternehmen laut Wink aber auch nicht allein ihre Hoffnungen setzen. "Den Messias gab es bisher noch nicht", sagt er. Zum einen sei von großer Bedeutung, welchen Bewegungsradius ein Unternehmen einem CDO zubilligt. Und zum anderen komme es darauf an, dass die Vorstände selbst einen gewissen Wagemut an den Tag legten, sich mit anderen Unternehmen vernetzen und bereit seien, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Digital-Manager ab in die erste Führungsriege
Grundsätzlich moniert Wegerer fehlende digitale Kompetenzen in den Vorständen. Die Mehrheit bestehe aus Diplom-Ingenieuren, Kaufleuten, Controllern und Betriebswirten jenseits der 50. Zwar habe das Alter nicht zwingend mit digitalen Fähigkeiten zu tun, so Wegerer. Aber wer nur noch wenige Jahre zu arbeiten habe, stelle nicht unbedingt noch einmal alles auf den Kopf.
Digitale Skills: Wie wichtig ist der sichere Umgang mit...?
91 Prozent der befragten 300 Personalverantwortlichen sagen: Wer im Netz nicht fit ist, kommt nicht weiter. Dagegen sagen nur 55 Prozent, dass diese Kompetenzen in ihrem Unternehmen in hohem, beziehungsweise sehr hohen Maß geschult werden.
Quelle: "Weiterbildungstrend in Deutschland 2017" von TNS Infratest/Studiengemeinschaft Darmstadt
90 Prozent gaben an, dass der sichere Umgang der Mitarbeiter mit entsprechenden Software-Lösungen kriegsentscheidend sei. In 70 Prozent der Unternehmen wird entsprechender Aufwand betrieben, um die Mitarbeiter fit zu machen.
Digitalisierung funktioniert nicht ohne IT-Sicherheit. Entsprechend halten 88 Prozent der Personaler den sicheren Umgang beziehungsweise entsprechende Kenntnisse für eine sehr wichtige Kompetenz. In 59 Prozent der befragten Unternehmen ist der Weiterbildungsumfang bei IT-Sicherheit entsprechend hoch oder sehr hoch.
Zusammenarbeit funktioniert nicht ohne Kommunikation. Entsprechend sagen 88 Prozent der Personaler, dass ihre Mitarbeiter sicher mit entsprechenden Tools umgehen können müssen. In 58 Prozent der Unternehmen ist der Schulungsumfang entsprechend hoch.
Und weil die Digitalisierung von allen mehr Selbstständigkeit, Eigenverantwortung und Selbstorganisation verlangt, sollten Mitarbeiter auch mit Tools zur Selbstorganisation umgehen können. Sagen zumindest 85 Prozent der Befragten. Entsprechend hoch ist der Schulungsumfang für derartige Tools bei 58 Prozent der Betriebe.
Lernen ist wichtig, den Umgang mit Lernsoftware halten entsprechend 79 Prozent der Personaler für eine sehr wichtige Kompetenz. In 54 Prozent der Unternehmen sind Tools zur Wissensaneignung entsprechend ein sehr wichtiger Gegenstand von Weiterbildungsmaßnahmen.
Da Zusammenarbeit auch Standorte übergreifend organisiert werden muss, ist der sichere Umgang mit cloudbasierten Kollaborations-Tools für 75 Prozent der Personaler eine sehr wichtige Kompetenz. Der aktuelle Schulungsumfang zum Thema ist aber nur in 51 Prozent der Unternehmen hoch oder sehr hoch.
Die Betriebe sollten jetzt allerdings nicht darauf warten, dass der alte Vorstand in den nächsten fünf bis zehn Jahren abdankt, um erst dann auf Digitalaffinität zu achten. „Unternehmen müssen Manager mit digitalen Kompetenzen ins Managementteam holen – und zwar so schnell wie möglich“, sagt er. „Wenn ich China als meinen Kernmarkt identifiziere, hole ich doch auch einen Experten für China ins Board, der dafür verantwortlich ist.“
Es würde ja auch merkwürdig wirken, wenn sich ausgerechnet im Vorstand niemand für das Kerngeschäft zuständig sieht. Dass in vielen Betrieben die Themen Unternehmensentwicklung, Strategie, IT oder Innovation keine Rolle zu spielen scheinen, verwirrt die Unternehmenslenker dagegen offenbar wenig. „Der Verantwortliche fürs Digitale muss auf die erste Führungsebene und nicht auf der zweiten, dritten oder noch weiter unten angesiedelt sein“, fordert Wegerer deshalb.
Was Top-Manager können sollten
Auch bei Korn Ferry ist man überzeugt, dass Vorstände digitale Kompetenzen brauchen. Unter diesem Begriff lässt sich natürlich alles und nichts definieren – von Programmierkenntnissen bis zu Offenheit gegenüber Social-Media-Kampagnen. Die Personalberatung Rochus Mummert Executive Consultants hat deshalb bei Eigentümern und Top-Managern deutscher Unternehmen nachgefragt, welche Fähigkeiten sie für besonders wichtig halten, um in Zukunft im Top-Management erfolgreich zu sein.
„Weder Vorstandschefs noch -mitglieder müssen heute IT-Spezialisten sein oder Code schreiben können“, sagt Wink. „Eins ist aber auch klar: Wer heute nicht grundsätzliches technisches Verständnis mitbringt, der wird es nicht nur immer schwerer haben, seinen Karriereweg zu gestalten.“