Michael Hoffmann-Becking Der einflussreichste Berater Deutschlands

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Lieber unabhängig

Deutschlands heimliche Herrscher
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Kurz darauf erlitt Mentor Hengeler einen Schlaganfall. Der junge Hoffmann-Becking übernahm die Mandate, wurde zum Chefberater von Thyssen und dem damaligen Elektrokonzern AEG, von dem es heute nur noch die Marke gibt. Bei einem Gespräch im Schlosshotel Kronberg im Taunus hatte der damalige AEG-Chef Walter Cipa sogar versucht, den vielversprechenden Junganwalt abzuwerben. Noch nach einigen Gläsern Chablis und einem nächtlichen Spaziergang durch den Schlosspark lehnte der Umworbene dankend ab. „Wenn Sie einmal die Unabhängigkeit eines Partners bei Hengeler Mueller genossen haben“, sagt er heute, „dann gehen Sie in keinen Vorstand mehr.“

In die Öffentlichkeit geriet der Jurist, der eigentlich lieber im Stillen arbeitet, im Zuge der Spitzelaffäre bei der Deutschen Telekom. Der damalige Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel soll sich an Hoffmann-Becking mit der ebenso delikaten wie diskreten Frage gewandt haben, wie das Unternehmen denn gegen eine undichte Stelle im Aufsichtsrat vorgehen könne, von der offenbar Interna des Gremiums an Journalisten flossen. Hoffmann-Beckings Ratschläge sind bis heute nicht überliefert. Er selbst schweigt dazu. Die Deutsche Telekom bespitzelte monatelang Journalisten, darunter auch zwei von der WirtschaftsWoche. Hoffmann-Becking wurde im Zuge der Ermittlungen von der Staatsanwaltschaft Bonn dazu vernommen. Das Landgericht Bonn entschied allerdings, dass er nicht vor Gericht aussagen müsse.

Der Altmeister und seine jungen Nachfolger

Heute berät Hoffmann-Beckings Kanzlei Hengeler Mueller 22 von 30 Dax-Konzernen – ein Spitzenwert. Siemens und Linde zählen noch immer zu seinen persönlich betreuten Mandanten. Andere wie RWE, Metro oder ThyssenKrupp hat der Altmeister inzwischen an jüngere Anwälte übertragen.

Hoffmann-Becking, der kommendes Jahr seinen 70. Geburtstag feiert, arbeitet inzwischen an seiner persönlichen Arbeitszeitverkürzung. Vor zwei Jahren hat er nach eigenen Angaben 3000 Stunden im Jahr gearbeitet, was in etwa einem 13-Stunden-Tag entspricht. Inzwischen gibt er sich mit weniger zufrieden. Mit seiner Ehefrau frönt Hoffmann-Becking, der im Düsseldorfer Stadtteil Oberkassel wohnt, jetzt häufiger der Kultur, insbesondere der Musik und der Kunst. Bei Bach kann der Unternehmensanwalt besonders gut entspannen.

Statt großer Dax-Konzerne betreut Hoffmann-Becking jetzt überwiegend Familienunternehmen. „Die wollen den alten Fahrensmann“, meint er. Dem Fleischfabrikanten Clemens Tönnies, auch bekannt als Boss von Schalke 04, steht er in einem Rechtsstreit gegen seinen Neffen Robert bei. Beide halten jeweils 50 Prozent an dem Unternehmen und streiten nun miteinander darum, wer das Sagen hat. Dem einstigen BDI-Präsidenten Jürgen Thumann, Mitgesellschafter des Düsseldorfer Mischkonzerns Heitkamp & Thumann, ist er ebenfalls zu Diensten – auch dabei geht es um eine ziemlich verkrachte Familienangelegenheit.

Mit einem Kaplansgemüt

Familienunternehmen sind häufig auch irgendwie dankbarer, findet Hoffmann- Becking: „In Publikumsgesellschaften geht es anonymer und weniger emotional zu, die Amtszeiten der Vorstände sind begrenzt.“ Anders sei dies bei nicht börsennotierten Familienunternehmen, doziert er: „Dort haben Sie es oft über Jahrzehnte mit denselben Personen zu tun. Aber dafür brauchen Sie dort ein Kaplansgemüt. Sie müssen gut zuhören und zusprechen können. Eine Entscheidung braucht oft doppelt so lange wie in einer börsennotierten Kapitalgesellschaft. Aber wenn Sie es schaffen, etwa einen neuen, maßgeschneiderten Gesellschaftervertrag aufzusetzen, der die Nachfolge regelt, dann erfahren Sie auch mehr Dankbarkeit als in einer Kapitalgesellschaft.“

Hat so ein Erfolgsanwalt eigentlich noch ein Traummandat? Hoffmann-Becking überlegt nur kurz: „Ich würde gerne noch mal den Zusammenschluss zweier großer Unternehmen begleiten.“ Hat er denn schon eine Idee? „Mehr kann ich dazu nicht sagen“, sagt Deutschlands einflussreichster Wirtschaftsanwalt, „Mandantengeheimnis!“

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