Michael Vassiliadis Der die Chemiebranche rockt

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Die Verbindungen des Strippenziehers

Norbert Steiner, Vorstandsvorsitzende der K+S Aktiengesellschaft Quelle: dapd

„Ich bin ein Pragmatiker, der strategisch denkt“, sagt Vassiliadis über sich. 2011 war der Pragmatiker mit SPD-Parteibuch auf der Klausurtagung der CDU in Mainz zu Gast und referierte dort über Industrie- und Innovationspolitik. Im gleichen Jahr berief die Kanzlerin den Chemie-Gewerkschafter in die Ethikkommission, die klären sollte, ob der Atomausstieg innerhalb eines Jahrzehnts machbar sei. Und Vassiliadis fuhr gemeinsam mit Kanzleramtsminister Ronald Pofalla sowie Norbert Röttgen, Bundesumweltminister und NRW-Landeschef der CDU, ins Bergwerk Prosper-Haniel in Bottrop ein, um sich vor Ort über den deutschen Steinkohlebergbau zu informieren.

Als der damalige Wirtschaftsminister Rainer Brüderle vor etwa zwei Jahren die Subventionen für die Steinkohleförderung bereits 2014 statt 2018 auslaufen lassen wollte, intervenierte Vassiliadis bei EU-Energiekommissar Günther Oettinger, bat um einen Termin bei Brüderle und forderte die Regierung auf, „endlich mit einer Stimme zu sprechen“. Eine frühzeitige Schließung hätte mehr Arbeitslose und höhere Belastungen für die Steuerzahler bedeutet, argumentierten die Gewerkschaften. Am Ende blieb es beim Stichjahr 2018.

Manchmal klappt es mit der Interessenvertretung der Arbeitnehmer bei dem Pragmatiker allerdings nicht so ganz. So hatte Vassiliadis 1999 im Aufsichtsrat von Henkel die Ausgliederung der Chemiesparte mitgetragen. Die ging dann unter dem Namen Cognis an die Finanzinvestoren Permira und Goldman Sachs, die dem Unternehmen Schulden aufbürdeten und Arbeitsplätze abbauten. Vassiliadis hatte der Belegschaft einen Bärendienst erwiesen. Kein Wunder, dass er 2010 im BASF-Aufsichtsrat darauf drängte, dass die Ludwigshafener bei Cognis zuschlagen. Als Permira Kasse machen wollte, bot neben BASF auch ein US-Unternehmen mit. „Uns ist nicht egal, wo das Unternehmen hingeht“, hieß es seinerzeit im Umfeld von Vassiliadis. Für 3,1 Milliarden Euro übernahm BASF schließlich die einstige Henkel-Chemie.

Krisenkonzept für K+S

Vor einigen Jahren hat sich Vassiliadis dafür eingesetzt, dass die BASF ihre europaweiten Personal- und Finanzdienstleistungen in Berlin bündelt statt im billigeren Bratislava, der Hauptstadt der Slowakei. Es ging immerhin um 600 Arbeitsplätze.

Und als beim Düngemittelkonzern K+S 2003 die Gewinne im Kalibereich einbrachen, organisierte IG-BCE-Funktionär Vassiliadis ein informelles Treffen zwischen Arbeitnehmervertretern und Vorstand. Ergebnis: Die Beschäftigten verlängerten ihre Arbeitszeit ohne Lohnausgleich; dafür sollten sie in besseren Zeiten stärker am Gewinn beteiligt werden. „Herr Vassiliadis ist ein kluger und verlässlicher Gesprächspartner, ich arbeite gern mit ihm zusammen“, lobt K+S-Vorstandschef Norbert Steiner seinen Aufsichtsrat.

Einen guten Draht hat Vassiliadis auch zu Klaus Engel gefunden, dem Chef des Essener Chemiekonzerns Evonik und Präsidenten des Verbandes der Chemischen Industrie. Der gebürtige Duisburger Engel und der gebürtige Essener Vassiliadis haben vor zwei Jahren gemeinsam das Buch „Werte, Wissen, Wachstum“ herausgegeben, in dem fast 40 namhafte Autoren darüber schrieben, was Deutschland tun müsse, um den Aufschwung zu stabilisieren. Auf Veranstaltungen diskutieren Engel und Vassiliadis schon mal miteinander über die Energiewende und die Zukunft des Ruhrgebiets.

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