Militärgeschichte Selbst entscheiden

Was hinter dem Prinzip Führen mit Auftrag steckt.

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Diese Manager haben gedient
Josef Ackermann Quelle: dapd
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Björn Gornik Quelle: Nils Hendrik Müller für WirtschaftsWoche
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Die Methode Führen mit Auftrag ist seit mehr als 140 Jahren wesentlicher Bestandteil der Führungsphilosophie deutscher Streitkräfte. Um 1870 etablierte sich die sogenannte Auftragstaktik in der preußischen Armee. Neue Waffentechnologien zwangen die Streitkräfte damals zu anderen, neuen Formationen. Mit dem Einsatz des Hinterladergewehrs – Soldaten konnten damit schneller schießen – mussten sich die Einheiten aufteilen und konnten nicht mehr in den gewohnten geschlossenen Formationen antreten. Weil die kleineren zerstreuten Truppen im Gefecht nun ohne konkrete Befehle von ganz oben auskommen mussten, wanderten Verantwortung und Entscheidungsbefugnis in der Hierarchie weiter nach unten.

Was Manager von Offizieren lernen können

Seit dieser Zeit bekommen die Verantwortlichen von ihren Vorgesetzten lediglich Aufträge, die ihnen zwar ein klares Ziel vorgeben. Wie dieses erreicht wird, müssen die Soldaten eine Hierarchieebene tiefer aber selbst entscheiden. Der Grund: Sie können die Lage vor Ort und überraschende Wendungen besser einschätzen und in konkretes Handeln ummünzen als ihre Chefs in der Kommandozentrale.

Je weiter hinten der Soldat in der Befehlskette steht, umso enger wird sein Handlungsspielraum, bis aus einem vorgegeben Ziel ein konkreter Befehl werden kann – vom allgemeinem „Sichern Sie den Deich!“ bis zum alternativlosen „Sandsäcke auf die Grasnarbe stapeln!“.

Mit dem Auftrag beginnt der sogenannte Führungsvorgang. Zunächst muss der Empfänger das Ziel des Auftrags und die Rahmenbedingungen erkennen, die der Vorgesetzte festlegt. Gibt es eine zeitliche Begrenzung? Wie viel Personal steht mir zur Verfügung? Anschließend entwickeln die Soldaten ein sogenanntes Lagebild. Wie sind wir aufgestellt? Welche Möglichkeiten hat der Feind? Welche äußeren Faktoren beeinflussen die Situation?

Aus den Antworten werden Handlungsoptionen entwickelt, gegeneinander abgewogen und der Entschluss gefasst, aus dem sich Auftrag oder Befehl für die nächste Ebene ergibt.

Das Leitbild der Inneren Führung

Was erfolgreiche Chefs täglich tun
1. Sie sind zugänglich Viele Führungskräfte wirken auf ihre Kollegen einschüchternd. Wer erfolgreich sein will, sorgt dafür, dass dem nicht so ist. Vielmehr sorgen sie dafür, dass in Meetings und Einzelgesprächen eine angenehme Gesprächsatmosphäre herrscht, in der sich auch die graue Maus im Büro traut, den Mund aufzumachen, um ihre Meinung zu sagen. Also: besser nicht zu sehr den Boss raushängen lassen, sondern lieber Sicherheit geben, dass Kritik nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht ist. Quelle: Fotolia
2. Sie treffen Entscheidungen Ja Mensch, denken sich jetzt vermutlich viele, mache ich auch – auf dem Weg zur Arbeit, am Rechner, in der Kantine. Erfolgreiche Chefs sind im Treffen von Entscheidungen wahre Experten. Dabei konzentrieren sie sich immer darauf, dass alle Entscheidungen, die getroffen werden, dazu führen, dass ein Prozess voranschreitet, etwas möglich wird, etwas am Ende herauskommt. Entscheidungen mit Folgen sozusagen. Quelle: Fotolia
3. Sie definieren ZieleErfolgreiche Führungskräfte sind hervorragende Kommunikatoren in eigener Sache. Und natürlich vor allem dann, wenn es ihnen etwas nützt. Also erzählen sie, wann immer es geht, welche Ziele das Unternehmen verfolgt, welche Werte es vertritt, damit die Vision korrekt verinnerlicht ist und umgesetzt werden kann. Und jeder im Team immer wieder erinnert, wird, welche Aufgabe er in diesem System zu erfüllen hat. Quelle: Fotolia
4. Sie übernehmen VerantwortungErfolgreiche Führungskräfte halten ihren Mitarbeitern den Rücken frei. Sie boxen Entscheidungen durch, damit ihre Kollegen mit ihrer Arbeit weiterkommen und sich nicht im Kleinklein des strategischen Taktierens verlieren müssen. Sie schaffen ein Umfeld, in dem sie sich auf ihre Mitarbeiter und ihre Mitarbeiter sich auf sie verlassen können. Quelle: Fotolia
5. Sie sind BeispielfunktionKlingt wieder banal, aber auch über Banalitäten kann es sich lohnen, noch einmal nachzudenken. Nur wenige Führungskräfte sind dabei nämlich konsequent. Das fängt bei der Pünktlichkeit an und hört bei dem Verhalten in Meetings auf. Erfolgreiche Führungskräfte wissen, dass sie unter ständiger Beobachtung stehen und decken intuitiv diejenigen auf, die nur auf einen klitzekleinen Fehler warten. Quelle: Fotolia
6. Sie geben FeedbackJeder Angestellte möchte, dass seine Führungskraft weiß, welchen großartigen Beitrag er jeden Tag für das Unternehmen leistet. Erfolgreiche Führungskräfte wissen daher, wie wichtig es ist, Feedback zu geben. Sie schenken auch einmal kleinen Details Aufmerksamkeit und legen Wert auf vertrauensvolle Beziehungen zu ihren Mitarbeitern. Quelle: Fotolia
7. Sie nutzen das Potenzial des Teams perfektErfolgreiche Führungskräfte wissen genau um die Talente in ihrem Team. Sie sind Experten darin, auch noch so versteckte Fähigkeiten ihrer Kollegen zu erkennen und heraus zu kitzeln. Wie auf dem Fußballfeld ist es nicht sonderlich sinnvoll, einen Stürmer als Verteidiger einzusetzen und umgekehrt. Erfolgreiche Führungskräfte erkennen das und setzen ihre Kollegen ihren Fähigkeiten entsprechend ein. Quelle: Fotolia

Diese klar vorgegebene Struktur wird immer wieder eingeübt – in Seminaren an der Führungsakademie und den Offiziersschulen oder auch in der täglichen Arbeit in Kasernen oder im Auslandseinsatz. Das gibt den Soldaten sowohl Handlungssicherheit als auch die nötige Flexibilität, um selbst in absoluten Notfällen strukturiert vorzugehen und nicht in Panik zu verfallen.

Führungsstile nach der Typologie von Hay Group

Erstmals offiziell festgeschrieben wurde die Auftragstaktik 1888 im Exerzier-Reglement der Preußischen Infanterie. Die Reichswehr hat 1919 das Konzept Führen mit Auftrag übernommen.

Nach den verheerenden Taten der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg wurde die Führungsphilosophie der deutschen Streitkräfte in den Fünfzigerjahren überarbeitet und das Leitbild der Inneren Führung konzipiert. Damit sollen die Streitkräfte an die Prinzipien des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats gebunden werden. Das heißt beispielsweise, Aufträge müssen ethisch, rechtlich und politisch legitimiert sein. Das Führungsprinzip Führen mit Auftrag hat die beiden Weltkriege überlebt und ist bis heute wesentlicher Teil des Selbstverständnisses deutscher Offiziere.

Als Gegenentwurf gilt die Befehlstaktik der amerikanischen Armee. Sie legt nicht nur das Ziel fest, sondern gibt auch detailliert den Weg vor, wie die Aufgabe zu erfüllen ist. „Amerika war die Heimat des Taylorismus“, sagt der israelische Militärhistoriker Martin van Creveld, „eines Leistungssystems, das jede Bewegung des Arbeiters vorauszusehen und zu diktieren versuchte, mit dem Ziel, aus ihm eine menschliche Maschine zu machen.“

Bei der Auftragstaktik der Bundeswehr ist es genau umgekehrt. „Wer diese nutzt“, schreibt Stefan Knoll, Vizepräsident des Reservistenverbands und Gründer DFV Deutschen Familienversicherung in seinem Buch „Preußen – Ein Beispiel für Führung und Verantwortung“, „muss Vertrauen in seine Untergebenen mitbringen und auf die Qualität der nachgeordneten Führungskräfte achten.“

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