Macht und Stärke werden vor allem über die Mimik und Körpersprache ausgedrückt. Die übliche und hochentwickelte Nutzung von Sprache lässt uns oft vergessen, wo unsere evolutionären Wurzeln liegen. Die ausgebildete Sprachfähigkeit gibt es nach wissenschaftlichen Schätzungen erst 35.000 Jahre, die deutsche Sprache gar erst knapp 1.200 Jahre. Die stille Sprache von Mimik und Körper gibt es hingegen seit Menschengedenken.
Sie hat damit einen Vorsprung von mehreren Millionen Jahren gegenüber dem gesprochenen Wort. Entsprechend groß ist noch heute die Wirkung dieser stillen Sprache auf unsere Gefühle und Beziehungen. Die vielen, meist subtilen nonverbalen Signale, die wir tagein, tagaus senden, formen und prägen die Wirkung, die wir auf andere Menschen haben – meist unbemerkt.
Was Ihre Gesten über Sie verraten
signalisiert laut den Bewerbungsexperten von Hesse/Schrader Konzentration oder Nachdenken
bedeutet Ungeduld oder Nervosität, vielleicht sogar Provokation
zeigen die eigene Überlegenheit
Gesagtes wird zurückgenommen, weil Unsicherheit in der Sache besteht
demonstriert Selbstzufriedenheit, wirkt aber nicht immer sympathisch
zeigt bei Zurücklehnen grenzenlose Souveränität
lässt auf Desinteresse, Unkonzentriertheit oder Nervosität schließen
steht für Nachdenklichkeit, Erschöpfung oder Langeweile
zeigt Ratlosigkeit oder Unsicherheit
steht für Nachdenklichkeit und Zufriedenheit
zeigen bei Frauen: Unsicherheit oder Angst, bei Männern: Ablehnung und Verschlossenheit
signalisieren Überheblichkeit, gleichzeitig Abwehr gegen Einwände
Auch wenn jeder Mensch sein eigenes mimisches und körpersprachliches Profil hat, gibt es doch typische nonverbale Signale der Macht. Nicht nur bei Tieren lässt sich aufgrund der Körpersprache feststellen, wer das „Alpha“ ist.
Diese Signale finden wir bei allen Führungspersönlichkeiten, sei es in Wirtschaft, Politik und Sport. Diese zu erkennen, hilft uns besser zu verstehen, warum sich manche Menschen besser durchsetzen können als andere. Gleichzeitig lassen sich diese nonverbalen Signale auch bewusst einsetzen, um die eigene Durchsetzungskraft zu stärken.
Es gibt fünf typische nonverbalen Signale, die Macht und Stärke ausdrücken. Diese sind verallgemeinert und natürlich treten nicht alle dieser Signale bei jedem auf. Nach der Lektüre werden Ihnen aber stets einige davon bei Menschen in Machtpositionen auffallen.
Dabei gilt: Wollen Sie diese Signale bewusst einsetzen, um Ihre Durchsetzungsstärke zu erhöhen, gilt es, die Balance zu halten. Zu viele dieser Dominanzsignale können abschreckend wirken, vor allem, wenn Sie nach Imponiergehabe aussehen. Vermeiden sollten Sie Dominanzsignale in jedem Fall, wenn Ihr Chef zugegen ist. Es sei denn, Sie haben keine Lust mehr auf den Job.
Die fünf nonverbalen Marker von Macht
- Die typische Mimik von Machtmenschen ist das „Pokerface“: Die Person sitzt beispielsweise in einer Verhandlung einfach da, hört Ihnen zu und verzieht fast keine Miene. Wer diese Eigenart nicht kennt, den kann das sehr verunsichern. Menschen in Machtpositionen neigen dazu, generell weniger Bewegung in der Mimik zu zeigen und lassen sich deshalb schwerer einschätzen. Sich dies bewusst zu machen bedeutet, das Pokerface weniger mit der eigenen Leistung als vielmehr mit der Persönlichkeit des Gegenübers in Zusammenhang zu bringen. Und das kann unheimlich erleichtern. Doch selbst wenn Sie das verstehen, brauchen Sie Selbstsicherheit, um damit gelassen umzugehen.
- Raumeinnehmende Bewegungen - sich strecken oder die Arme auf angrenzende Stühle legen -, sind klassische Signale von Dominanz. Dies lässt sich leicht erklären: Je höher der soziale Status und Einfluss, desto mehr Raum beansprucht eine Person für sich. Diese Tendenz tritt bei Menschen auf, aber auch sehr häufig im Tierreich.
- Eine offene Körperhaltung ist ebenfalls typisch für Menschen in Machtpositionen. Studien haben gezeigt, dass die meisten Menschen eine offene Körperhaltung vermehrt mit positiven Eigenschaften in Verbindung bringen, wie zum Beispiel Durchsetzungsstärke, sozialem Einfluss und Attraktivität. Bei einer geschlossenen Körperhaltung verdecken die Arme oder ein Gegenstand die Körpermitte, wie zum beispielsweise Arme verschränken oder eine Schreibmappe vor den Körper halten. Eine offene Körperhaltung hingegen ermöglicht freie Sicht auf die Körperachse.
- In einer Studie wurde beobachtet, dass Männer, die andere Männer beispielsweise an der Schulter berühren – ohne dass diese Berührung erwidert wird -, von Außenstehenden als sozial einflussreicher eingeschätzt werden. Wie lässt sich dies erklären? In der Verhaltensforschung weiß man, dass das Hierarchieverhältnis beeinflusst, wer wen berühren darf. Den Berührenden wird unbewusst ein höherer Status und mehr sozialer Einfluss zugeschrieben. Die unausgesprochene Regel lautet: Derjenige mit dem höheren Status darf die Person mit einem niedrigeren Status berühren - aber nicht umgekehrt. Gut dosiert, erhöhen diese Gesten subtil die wahrgenommene Durchsetzungskraft. Wenn Sie keinen Konflikt riskieren wollen, machen Sie dies niemals bei Personen, die Ihnen hierarchisch übergeordnet sind.
- Menschen in Machtpositionen zeigen weniger Anzeichen von Stress in der Körpersprache. Verhaltensforscher haben hier sogar noch mehr beobachtet: Nähert sich eine hierarchisch höhere Person, nehmen bei den anderen anwesenden Personen die nonverbalen Stress-Signale zu. Dabei handelt es sich insbesondere um die sogenannten Beruhigungsgesten wie beispielsweise Kratzen im Gesicht oder das „nervöse“ Spielen mit einem Gegenstand.
Wie Körpersprache Emotionen und Hormone beeinflusst
Amy Cuddy, Psychologin an der bekannten Harvard-Universität, hat sich das Thema Körpersprache der Macht von einer anderen Seite her angesehen und sich mit zwei Kollegen gefragt: Wenn wir gezielt Machtposen einnehmen, fühlen wir uns dann automatisch kraftvoller und risikobereiter?
In einer Studie von 2010 bat sie 26 weibliche und 16 männliche Versuchsteilnehmer entweder hintereinander für jeweils eine Minute zwei sogenannte Low-Power-Posen einzunehmen oder zwei High-Power-Posen. Die High-Power-Posen sind erstens gekennzeichnet durch raumeinnehmende Gesten - Arme in die Hüften stemmen, mehr als hüftbreiter Stand, offene Körperhaltung.
Low-Power-Gesten zeigen genau das Gegenteil - sitzend mit leicht eingefallener Körperhaltung, die Hände übereinander im Schoß liegend.
Cuddy nahm bei den Versuchsteilnehmern zwei Speichelproben – die erste vor den Power-Posen und die zweite circa 17 Minuten danach. Gemessen wurden zwei Werte: Das Dominanzhormon Testosteron, das auch Frauen haben, und das Stresshormon Kortisol.
Sowohl beim Menschen als auch bei den Tieren lässt sich die soziale Stellung eines Individuums innerhalb einer Gruppe anhand dieser beiden Hormone bestimmen. Hohe Testosteron- und niedrige Kortisol-Werte stehen dabei mit mehr sozialem Einfluss und einer höheren Stellung in der Hierarchie in Verbindung. Die niedrigen Kortisol-Werte erklären dabei auch das geringere Auftreten von nonverbalen Stress-Signalen.
Nun zu den Ergebnissen der Studie: Die „High-Power-Poser“ fühlten sich nicht nur kraftvoller, sondern zeigten dies auch in angestiegenen Testosteron- und gesunkenen Kortisol-Werten. Sie ahnen es wahrscheinlich bereits: Bei den „Low-Power-Posern“ war es nach der zweiminütigen Übung genau umgekehrt: Weniger Testosteron und mehr Kortisol.
Damit aber nicht genug. In einer Aufgabe, die den Versuchsteilnehmern nach der Übung gestellt wurde, verhielten sich die „High-Power-Poser“ risikobereiter als die Probanden, welche die Low-Power-Posen eingenommen hatten. Bewusst die Körpersprache der Macht einzusetzen, beeinflusst also direkt auch unseren emotionalen Zustand und sogar den Hormonspiegel.
Wie können Sie sich diese Erkenntnisse zu Nutze machen? High-Power-Posen sind im Alltag nur in leichter Dosierung zu empfehlen. Übertrieben wirken sie schnell überheblich. Dennoch können Sie die zentralen Ideen aus dieser Studie direkt nutzen:
- Vermeiden Sie eine eingefallene und geschlossene Körperhaltung.
- Achten Sie stattdessen auf eine aufrechte und offene Körpersprache.
Diese beiden Punkte beeinflussen Ihren emotionalen Zustand bereits erheblich: Sie fühlen sich sicherer und strahlen mehr Stärke aus. Dies beeinflusst direkt ihre Durchsetzungskraft.
Kinder sind hier großartige Gradmesser. Wer Kinder hat, kann dies ja einmal ausprobieren: Wenn Sie zum Beispiel möchten, dass Ihre Kinder ins Bett gehen, unterstreichen Sie doch Ihre Bitte versuchsweise zunächst einmal mit einer Low-Power-Pose und anschließend mit einer High-Power-Pose. Die unterschiedliche Wirkung werden Sie direkt merken. Was bei Kindern hier sehr offensichtlich wirkt, zeigt sich bei uns Erwachsenen subtiler.