Neu im Vorstand Wie Tina Müller Opel steuern will

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Zweite Frau im Vorstand

Nach Susanna Webber, zuständig für Einkauf und Logistik, ist Müller die zweite Frau im Vorstand der Rüsselsheimer. „In den oberen Etagen waren auch bei Henkel Frauen die Ausnahme“, sagt Müllers Ex-Kollege Schroiff. „Sie hat oft genug auf den Tisch gehauen und den Männern gezeigt, wo es langgeht.“ Diese Entscheidungsstärke gefalle nicht allen. „Aber das ist ihr egal.“

Auch bei Opel gibt es den einen oder anderen, der mit der dominanten Frau seine Probleme hat. Sie lasse sich nicht belehren und mische sich überall ein, heißt es. Reaktionen, die programmiert sind, wenn jemand mit vermeintlich weniger Expertise Neues ausprobieren will.

Doch es gibt genügend Menschen, die an Müller und ihre Konzepte glauben. „Sie ist eine ausgewiesene Expertin auf ihrem Gebiet“, sagt Personalberater Stemmler. „Und in der Lage, ihr Wissen auf eine andere Branche zu übertragen.“

Aufregendes Image

Müllers primäres Ziel: der langweiligen, angestaubten Marke ein aufregendes, unverwechselbares Image verpassen. Genau wie sie es einst mit Schwarzkopf machte. Oder einen Coup landen wie mit Syoss, einer von ihr neu etablierten Haarpflegeserie, die Friseurqualität zu kleinen Preisen verspricht. „Letztlich geht es bei Opel um den gleichen Kniff“, sagt Müller. „Die Fahrzeuge müssen nach Premiumklasse aussehen und trotzdem erschwinglich bleiben.“

Das kommt an, auch ganz oben: Im Oktober hatte der Aufsichtsrat von Opel-Mutter General Motors Müllers Marketingkonzept für gut befunden. Und auch im Vorfeld der Vertragsunterzeichnung haben die US-Kollegen der Deutschen deutlich gemacht, dass sie sie unbedingt haben wollen. Stephen Girsky, GM-Strategiechef und einstiger Opel-Interims-CEO, war bei Müllers erstem Besuch in Detroit zweimal mit ihr essen – am ersten Abend in einer Burgerbude. „Vielleicht wollte er wissen, ob ich mir für so ein Restaurant zu chic bin und gleich wieder rausrenne.“

Ein offenbar überflüssiger Test. „Mit dem Herzen war sie sofort bei Opel“, erinnert sich eine Freundin – auch wenn Müller damals noch über ein Angebot aus der Luxusindustrie nachdachte. Doch sie entschied sich für den Schnitt.

Kreidebleich, aber tapfer

Von der Kosmetikbranche nabelte sie sich während ihrer einjährigen Auszeit weitgehend ab. Statt sich im Netz über L’Oréal, Procter & Gamble oder Beiersdorf zu informieren, gehören heute „Autobild“, „ADAC Motorwelt“ und die „Automobilwoche“ zu ihrer Pflichtlektüre. Müller, die nach 17 Jahren bei Henkel eins geworden schien mit dem Dax-Konzern, meint längst Opel, wenn sie in Wir-Form von ihrem Arbeitgeber spricht. Und twittert aus einem Parkhaus ein Foto von einem alten Opel Rekord, der ihr vor ein paar Monaten vermutlich nicht mal aufgefallen wäre.

„Als der neue Monza vor der IAA im Opel-Designcenter enthüllt wurde, hatte ich Gänsehaut“, sagt Müller. „Das hätte ich vor ein paar Monaten nicht für möglich gehalten.“

Vor Kurzem stieg die Managerin sogar freiwillig in den Renn-Corsa von Opel-Sportchef Volker Strycek. Mit bis zu 200 Kilometern pro Stunde rast der ehemalige Rennfahrer mit Müller auf dem Beifahrersitz durch die 73 Kurven der Nürburgring-Nordschleife – ein achtminütiger Höllenritt. Aber Müller bleibt tapfer, bittet Strycek weder langsamer zu fahren noch anzuhalten. „Die Blöße wollte ich mir nicht geben“, sagt Müller, die das Auto nach überstandener Fahrt kreidebleich und auf wackeligen Beinen verlässt. „Diese Aufnahmeprüfung habe ich schon mal bestanden.“

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