Der Internet-Konzern Google ist Anwender und Entwickler der neuen Personalmanagement-Instrumente zugleich. Es ist wenig überraschend, dass bei einem auf Suchprozesse spezialisierten Unternehmen schon früh die Frage aufkam, wie etwa die Mitarbeiteranwerbung mittels Such-Algorithmen beschleunigt werden könnte.
„Die Mitarbeitersuche nervt“, soll Google-Mitbegründer Sergey Brin 2007 in einem Meeting gesagt haben: „Ich will ein Programm, das aus den Blindbewerbungen die richtigen Kandidaten rausfiltert“.
Daran sei Google allerdings gescheitert, räumt der heutige Google-Personalchef Laszlo Bock ein. Doch das Ziel, Bewerbungen, Talentförderung und Belegschaftsleistung mittels Datenanalyse zu verbessern, sei geblieben. Mit systematisierten Analysen sei es gelungen, die Dauer vom Eingang einer Blindbewerbung bis zum Jobangebot um 75 Prozent zu senken, sagt Bock.
Was Big Data im Personalwesen kann
Ein Großhandelsunternehmen nutzt für eine interne HR-Analytse Daten und Modelle über Stärken und Schwächen im Management und warum die Leistung der Mitarbeiter in den unterschiedlichen Niederlassungen unterschiedlich ist. Zusammen mit einem Überblick über die Kontrollreichweite der einzelnen Managementeinheiten und den unterschiedlichen Vergütungsvarianten aller Abteilungen und Teams im Unternehmen lässt sich darstellen, wo im Unternehmen sich Talente bewegen. Ob sie das Unternehmen verlassen oder wo die Mobilität der Talente in höhere Positionen gut oder weniger gut ausgeprägt ist. Das gibt der Unternehmensführung Erkenntnisse darüber, wann sie Organisationsprozesse konsolidieren oder erweitern und wann sie neue Führungskräfte fördern oder dort Strukturen reorganisieren sollen.
Quelle: Cornerstone OnDemand
Xerox konnte die eigene Mitarbeiterfluktuationsrate in allen seinen Callcentern um etwa 50 Prozent reduzieren, nachdem es Big Data im Rahmen der Überprüfung der Bewerbungen einsetzte. Das Unternehmen hatte bisher Personen basierend auf deren Praxiserfahrungen eingestellt. Doch die Daten zeigten, dass die Persönlichkeit eine größere Rolle spielt als die Praxiserfahrung. Während kreative Menschen meist für mindestens sechs Monate im Unternehmen bleiben, so dass das Unternehmen wenigstens die Investitionen in deren Ausbildung erwirtschaften kann, verlassen wissbegierige Menschen das Unternehmen.
In einem anderen Unternehmen war das Team der HR Analytiker aus ihrer ursprünglichen Aufgabe, der Personalplanung, herausgewachsen. Nach mehr als drei Jahren Analysen hatte das Team Rekrutierungs-Modelle entwickelt, die in der Lage waren, Arbeitsmarktdaten, Gehaltsdaten und Informationen über Fähigkeiten externer Personen miteinander zu korrelieren, um auf diese Weise lokale Rekrutierungsstrategien in der ganzen Welt zu entwickeln.
Dabei zählten vor allem nüchterne Leistungsdaten: „Die meisten Bewerbungsgespräche sehen wir als Zeitverschwendung, denn uns geht nicht darum, ob jemand überzeugend auftreten kann“, sagt Bock. „Wir lassen die Bewerber direkt arbeiten und messen ihre Arbeitsweise und den Erfolg.“
„Wir wissen heute: People Analytics funktioniert grundsätzlich und findet immer mehr Anhänger in US-Firmen“, meint Cade Massey, Professor für Informationsmanagement an der Wharton Business School in Philadelphia. Doch ob sich die Computerfreaks wirklich flächendeckend und dauerhaft in den Personalabteilungen einnisten, sei dagegen noch keine ausmachte Sache. Es hänge weniger vom objektiven Potenzial der neuer Software-Werkzeuge ab, so Massey.
Erfolgskritisch sei vielmehr die Angst der Mitarbeiter vor Sherlock-Holmes-Personalern und die Angst der Firmen vor Spitzel- oder gar Diskriminierungsvorwürfen. Und nicht zuletzt die staatlichen Datenschutzrichtlinien.
Bei einem großen New Yorker Hedgefonds, der großes Interesse an People Analytics hat, wären viele verbreitete Methoden von vornherein ausgeschlossen: „Wir dürfen, bevor ein Bewerber zum Gespräch kommt, noch nicht einmal seine Facebook-Seite aufrufen“, erzählt eine Personalverantwortliche, „denn das, was wir da sehen, könnte unsere Objektivität beeinflussen.
Deshalb verbieten unsere Anti-Diskriminierungsrichtlinien jeden Gebrauch von sozialen Netzwerken.“ In vielen US-Firmen sind solche internen Richtlinien strenger als die gesetzlichen Datenschutzvorschriften und können zu unüberwindbaren Hindernissen für die Freunde der „Menschen-Analyse“ werden.