Personalführung So geht gute Führung

Viele Unternehmen wollen ihre Mitarbeiter künftig nicht mehr allein an Daten messen und miteinander vergleichen – aus guten Gründen. Warum die Mitarbeiterkennzahlen kontraproduktiv sind und wie Chefs besser motivieren.

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Personalführung einmal anders. Quelle: Getty Images, Montage

Manche Revolutionen beginnen mit einem lauten Knall, andere leise und dezent. Ein Beispiel für Letzteres lieferte vor wenigen Wochen Pierre Nanterme, CEO der Managementberatung Accenture. Im Interview mit der „Washington Post“ erzählte er, dass sein Unternehmen die Personalentwicklung komplett umstellen werde.

Ab dem neuen Geschäftsjahr, das bei Accenture traditionell im September startet, entfallen die Mitarbeitergespräche („Performance Reviews“) in ihrer bisherigen Form. Es solle nur um die Angestellten und ihre Entwicklung gehen, sagte Nanterme: „Auf sämtliche Vergleiche mit Kollegen verzichten wir künftig.“ Der Grund: Die jährlichen Gespräche seien mit viel Aufwand, aber wenig Ertrag verbunden.

Was gute Führung ausmacht

Hohe Kosten bei niedrigem Gewinn? Ein Albtraum für jeden Unternehmensberater. Die Entscheidung, für mehr als 330.000 Accenture-Mitarbeiter weltweit das Ende der Zahlendiktatur einzuläuten, ist ein Paradigmenwechsel. Systeme zur Leistungsmessung gehen zurück auf den US-Mischkonzern General Electric (GE). Der Konzern versuchte seit den Siebzigerjahren, Methoden aus der Unternehmensbewertung auf Menschen zu übertragen. Der ehemalige GE-Chef Jack Welch kreierte in den Achtzigerjahren die 20-70-10-Regel. Demnach sollten 20 Prozent der Angestellten mit Boni belohnt, 70 Prozent gefördert und zehn Prozent entlassen werden.

Zugegeben, so radikal geht kaum ein Unternehmen vor. Doch in vielen Sparten, vor allem im Vertrieb, müssen sich die Angestellten an fragwürdigen Kennzahlen messen lassen. Zum Beispiel an der Zahl der Kundenkontakte über einen gewissen Zeitraum. Das Problem ist bloß: Die mag zwar viel über den vordergründigen Fleiß des Mitarbeiters aussagen – aber wenig über seine tatsächliche Motivation, Sorgfalt oder Entwicklung.

In letzter Zeit haben sich daher viele Großkonzerne dafür entschieden, Mitarbeiter künftig nicht mehr allein an Daten zu messen und miteinander zu vergleichen. Stattdessen verändern sie das starre System der Rücksprache zwischen Führungskraft und Mitarbeiter – und befreien alle Beteiligten vom engen Korsett der Jahresgespräche.

Mitarbeiterzufriedenheit Chefs Feedback

Laut einer Umfrage der US-Managementberatung CEB haben inzwischen immerhin sechs Prozent aller „Fortune“-500-Unternehmen interne Rankings komplett abgeschafft – quer durch sämtliche Branchen. Im Jahr 2012 verkündete Donna Morris, Personalchefin des Softwarekonzerns Adobe, das Aus der Mitarbeitergespräche. Die Angestellten seien die Unterredungen leid, die Gespräche nutzlos.

Der Modekonzern Gap, der Medizintechnikhersteller Medtronic und Softwareunternehmen Microsoft haben ihre Systeme ebenfalls abgeschafft. Und die Beratung Deloitte verkündete im März das Aus der Feedbackrunden. Auf Ranglisten der Angestellten wolle man künftig ebenso verzichten wie auf jährliche Gespräche.

Bald dürften weitere Unternehmen folgen – denn in der CEB-Umfrage kam ebenfalls heraus, dass 95 Prozent aller Personaler damit unzufrieden sind, wie ihr Arbeitgeber die Feedbackrunden organisiert. Knapp 90 Prozent gaben sogar offen zu, dass dabei keine brauchbaren Informationen herauskommen. Daher gilt das Gespräch vielen als lästige und sinnlose Pflichtübung – auch weil die Messungen fragwürdig sind.

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