Prognos-Studie In zehn Schritten gegen den Fachkräftemangel

Bis 2040 könnten in Deutschland 3,3 Millionen Fachkräfte fehlen, zeigt eine Studie. Politik und Wirtschaft sollen handeln, fordern die Wissenschaftler. Was Experten von der Regierung fordern und was sie Betrieben raten.

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Fachkräftemangel – der Begriff ist in den letzten Jahren zum Buzzword schlechthin geworden. Jetzt befeuern Arbeitsmarkt- und Bevölkerungsforscher die Debatte darum, ob es den Mangel tatsächlich gibt, welche Auswirkungen er hat und wie sich ihm begegnen lässt aufs Neue.

Allein bis 2030 könnte sich die Zahl der fehlenden Facharbeiter, Techniker, Forscher und medizinischen Fachkräfte auf bis zu drei Millionen belaufen und bis 2040 gar auf 3,3 Millionen, geht aus einer am Mittwoch veröffentlichten Studie des Basler Forschungsinstitut Prognos hervor. Politik und Wirtschaft verfügten aber über die „passenden Maßnahmen“, um dies rechtzeitig zu verhindern, heißt es darin.

Um den drohenden Engpass an qualifiziertem Personal zu verhindern, solle die Politik sechs Maßnahmen ergreifen, so die Wissenschaftler. Das sind ihre Forderungen:

1) Zunächst soll die Bundesregierung eine „Bildungsoffensive“ starten: Vor allem die berufliche Ausbildung müsse gezielt gefördert werden, um mehr jungen Menschen zu einem Berufsabschluss zu verhelfen.

2) Für Menschen im Berufsleben sei eine „effektivere Weiterbildung“ erforderlich, die sie auf neue Jobs vorbereiten, die mit dem Einzug des Internets in den Fabrikhallen entstünden.

3) Zudem sollte Frauen und Männern nach einer Familienpause die Rückkehr ins Erwerbsleben erleichtert werden.

4) Ältere sollten dazu motiviert werden, länger zu arbeiten.

5) Teilzeitkräfte dafür gewonnen werden, ihre wöchentliche Arbeitszeit zu verlängern.

6) Migranten und Asylbewerber sollen besser in den Arbeitsmarkt integriert werden.

Die Politik widmet sich dem Thema am Mittwoch in einer Kabinettssitzung. Die Bundesregierung sieht noch erheblichen Handlungsbedarf, lautet das Fazit des neuen Fortschrittsberichts zum Fachkräftekonzept aus dem Bundesarbeitsministerium, den die Ministerrunde am Mittwoch nach Angaben aus Regierungskreisen verabschiedete. Die Wirtschaft sieht im Fachkräftemangel inzwischen ein Kernproblem, das das künftige Wirtschaftswachstum bremst. "Wir sind bei der Fachkräftesicherung gut vorangekommen. Aber die Herausforderung bleibt riesengroß", schilderte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles die Lage. Um Wohlstand und Wachstum abzusichern, müssten die Erwerbstätigen unterstützt werden, mit den Veränderungen und neuen Anforderungen in der Arbeitswelt umzugehen. Dabei müssten alle, unabhängig vom Geldbeutel, die gleichen Chancen haben. "Der Fortschrittsbericht ist eine Mahnung zum Handeln", erklärte Nahles und warnte vor "Stillstand und Nichtstun". Als eine zentrale Herausforderungen für die Zukunft nannte ihr Haus noch größere Anstrengungen, um die Erwerbstätigkeit von Frauen zu erhöhen.

Die gängigsten Thesen zum Fachkräftemangel - und ihr Wahrheitsgehalt

Die Unternehmen können natürlich auch etwas gegen den Fachkräftemangel tun, heißt es beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Das IW legt den Betrieben diese vier Maßnahmen ans Herz, um die Zahl der Bewerber - und der Mitarbeiter - zu erhöhen:

1) Unternehmen sollten ihre Stellen verstärkt überregional ausschreiben.

2) Sie sollten neues Personal bei der Wohnungssuche und bei der Integration in den Alltag unterstützen. So könnten Betriebe für neue Kollegen Mentoren bereitstellen, die Neueinsteiger aus anderen Regionen begleiten.

3) Auch sollten die Betriebe über Wege nachdenken, junge Leute und Arbeitslose zu mehr Mobilität zu bewegen – etwa durch spezielle Wohnangebote für Lehrlinge am Ausbildungsort.

4) Bei der Weiterqualifizierung könnten die Betriebe stärker selbst aktiv werden und so die Fachkräftesicherung für den eigenen Bedarf vorantreiben.

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