Querdenker gesucht Bühne frei für die Unangepassten

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Positiv wachsam sein für Menschen mit ungewöhnlichen Lebensläufen

Doch die Erkenntnis allein, dass man sich mit stereotypen Managern selbst ein Bein stellt und mehr Freigeister braucht, reicht natürlich nicht aus. Was ist zu tun, um geistige Vielfalt und Lebendigkeit zu fördern? Erster Schritt ist ein Umdenken beim Recruiting. Menschen mit Brüchen im Lebenslauf werden in der Regel aussortiert, Quereinsteigern keine Chance gegeben.

Doch nicht selten bringen gerade solche Kandidaten einen frischen Wind ins Unternehmen. Es lohnt also, sich solche Bewerber näher anzuschauen: Was war der Grund für den Ausstieg aus einer sicheren Position? Warum so eine lange Auszeit gleich zu Anfang der Karriere? Statt hier zweifelnd zu hinterfragen, sollten die Unternehmen offen und neugierig sein und einmal mehr hinschauen. Kreative Führungskräfte zeichnen sich nämlich häufig durch Mut aus und gehen Wege, die nicht der Norm entsprechen.

Umdenken ist aber nicht nur bei der Personaleinstellung, sondern erst recht und vor allem im Business-Alltag gefragt. Unangepasste Menschen haben die Angewohnheit zu widersprechen. Genau das müssen die Unternehmen fördern. Sie müssen quasi eine Kultur des Widerspruches implementieren, ein Bewusstsein dafür schaffen, dass Widerspruch gut und nötig ist. Dann kann im Team – zumindest peu à peu – Verständnis gegenüber den Querschießern einer allgemeinen Genervtheit weichen.

Laut der Harvard-Professorin Francesca Gino, die viel zum Thema „Konformismus“ forscht, spielen Führungskräfte hier eine Schlüsselrolle. Bereits mit kleinen Dingen können diese ihrer Meinung nach dazu beitragen, dass ein Bewusstseinswandel stattfindet. So sollten Chefs ihr Team nie fragen „Wer ist damit einverstanden?“, sondern eher: „Was spricht dagegen?“. Damit wird ganz deutlich, dass Einwände nicht als störend empfunden, sondern wertgeschätzt werden und als qualitätssichernd gelten.

Enthusiastische Führungsnachwuchskräfte nicht ausbremsen

Im Unternehmen für mehr Vielfalt und Lebendigkeit zu sorgen und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, damit sich Freigeister entfalten können und nicht ausgebremst werden, kommt letztlich einem Paradigmenwechsel gleich. Doch eines ist ganz klar: Er ist nötig! Denn das Rütteln an Gewohnheiten steht den Unternehmen ohnehin unmittelbar bevor – durch die Generationen Y und Z.

Die jungen Nachwuchs-Führungskräfte strömen in die Unternehmen und bringen eine teilweise völlig neue Denke sowie neue Herangehensweisen mit. Sie dürfen mit ihrer Energie, ihrem Können und ihrem Enthusiasmus nicht zerrieben werden zwischen dem Hang zum Kaskaden-Führen à la „So wird bei uns seit jeher geführt, so haben wir das gelernt und so wirst Du das auch übernehmen (denn so bilden wir aus)“ und völlig neuen gesellschaftspolitischen Tendenzen.

Kurz: Die Unternehmen müssen dringend reagieren, müssen sich für neue Denk- und Verhaltensweisen öffnen, müssen die Rahmenbedingungen schaffen, damit Andersdenken funktioniert und Früchte trägt. Denn ob Querdenker oder die nachrückenden Generationen, – gewohnte Führungsweisen sowie althergebrachte Normen werden per se in Zukunft mehr und mehr in Frage gestellt.

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