Akt 2: Kompetenzverlust, weil interne Kritiker gehen
Auf lange Sicht bleiben den Mitarbeitern zwei Möglichkeiten: Entweder sie verlassen das Unternehmen, oder sie stimmen dem Chef weiterhin in all seinen Entscheidungen zu. Die klugen Köpfe, Innovatoren, lassen sich soetwas nicht lange gefallen und kündigen - so sie nicht vorher gekündigt werden, weil dem Chef die Kritik sauer aufstößt. Dem Betrieb geht somit wichtiges Knowhow verloren.
So gehen Sie mit einem narzisstischen Chef am besten um
Akzeptieren Sie den Narzissten so, wie er ist. So banal es auch klingt, aber manche Menschen ändern sich nicht – und für diese Sisyphos-Aufgabe sind Sie ohnehin nicht der oder die Richtige.
Stellen Sie seine vermeintliche Großartigkeit nie öffentlich infrage – denn selbst auf konstruktive Kritik reagieren Narzissten häufig allergisch.
Seien Sie auf Detailarbeit vorbereitet – aber erwarten Sie nicht, für Ihre Ideen und Überstunden gelobt zu werden. Denn das Rampenlicht will ein Narzisst nicht teilen. Deshalb sollten Sie Ihre Zufriedenheit nie von seiner Laune und seinem Wohlwollen abhängig machen.
Schützen Sie sich selbst. Bleiben Sie dem Narzissten gegenüber professionell. Ihre Gefühle sollten Sie mit ihm nicht teilen. Dadurch bieten Sie ihm so wenig Angriffsfläche wie möglich.
Achten Sie auf Ihre Formulierungen. Wenn Sie etwas von einem Narzissten wollen, betonen Sie nicht, was Sie selbst davon haben – sondern welche Vorteile er daraus ziehen könnte.
Akt 3: Abschottung gegen jede Kritik
Die Zurückgebliebenen bilden eine eingeschworene Truppe, an der jede Kritik abprallt. Der Führungskreis besteht aus unerschütterlichen Ja-Sagern und Erfüllungsgehilfen. Der Geschäftsführer aus dem Unternehmen, das Eidenschink begleitete, überraschte seine Mitarbeiter während eines Meetings mit der Forderung, Kritik an seiner Führung zu üben. "Die Führungskräfte wirkten unsicher, fast feindselig – die Situation war wie ein Tabubruch", erinnert sich Eidenschink. Gesagt hat niemand etwas.
Die Mitarbeiter haben resigniert: Weil der CEO alles allein entscheidet, lohnt sich eigenes Denken nicht mehr. "Unbequeme Informationen berühren die Führungskräfte innerlich nicht mehr", erklärt Eidenschink.
Akt 4: Befreiungsschlag oder Insolvenz
Wenn sich das Unternehmen gegen jede Kritik und Realität abschottet, kann das auf Dauer nicht gut gehen. Denn wer sich verbessern will, muss seine Fehler und Schwächen erkennen. Er muss alte Entscheidungen revidieren können. Doch eine Kurskorrektur bedeutet immer eine potenzielle Kränkung des narzisstischen Chefs. Wenn die Lage schon so zugespitzt ist, dauert es nach Eidenschinks Erfahrung noch zwei bis fünf Jahre. Danach sei entweder Schluss – das Unternehmen geht in die Insolvenz – oder der Katastrophenchef wirft das Handtuch - der Befreiungsschlag.
Ähnliches passierte in Eidenschinks Fall. Die schwere Liquiditätskrise begründete die Unternehmensführung nicht mit Management-Fehlern, sondern mit äußeren Faktoren. Der Gesellschafter und zwei Führungskräfte verlassen das Unternehmen. Drei Monate später ist die Firma pleite.
"Stark simplifiziert: Je narzisstischer ein Chef ist, desto problematischer ist er für ein Unternehmen und dessen Erfolg", erklärt Psychologe Dammann. Stark narzisstische Menschen sind neidischer, aggressiver und können selbst enge Weggefährten von einem Tag auf den andern fallen lassen. Narzisstische Menschen können für Unternehmen aber auch vorteilhaft sein. Produktive Narzissten können charismatisch sein, visionär, haben den Mut, riskante Wege einzuschlagen und sind rhetorische Asse. "Ob ein Narzisst gut für ein Unternehmen ist, hängt auch vom Entwicklungsstadium des Unternehmens ab", erklärt Dammann. Eine Studie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zeigt, dass narzisstische Chefs stärker in neue Technologien investieren. Diese Risikofreudigkeit kann ein Vorteil für neugegründete Unternehmen sein.