Serie EntscheidungsMacher Wie Friedrich Joussen Tui verschlankt

Friedrich Joussen formte aus TUI Europas profitabelsten Touristikkonzern. Was den Manager auszeichnet - und worauf er beim Radikalumbau Wert legte.

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Entscheidungsmacher: der Vorstandsvorsitzende der TUI Group, Friedrich Joussen. Quelle: dpa

Was mit einer spontanen Frage begann, endete mit einem festen Arbeitsvertrag. Denn Friedrich Joussen wusste gleich mit der ersten Antwort zu überzeugen. Ein Aufsichtsrat von TUI hatte den damaligen Vodafone-Chef angesprochen und von ihm wissen wollen, ob das Internet für den Touristikkonzern eine Gefahr sei. „Es ist nur eine Gefahr, wenn ihr nichts tut und Händler bleibt“, zitieren Insider Joussens Antwort. „Wenn ihr euch abhebt und auf etwas konzentriert, was keiner kopieren kann, vor allem Urlaubsinhalte wie Hotels, dann könnt ihr Gewinner sein.“ Dem Aufsichtsrat gefiel Joussens Idee von der Fokussierung offenbar so sehr, dass er ihm ein Angebot machte: „Wenn Sie schon eine Strategie haben, wollen Sie die dann nicht bei uns als Chef umsetzen?“

Dazu bekam Joussen im Februar 2013 die Chance, als er das Amt des TUI-CEO von Michael Frenzel übernahm. Seitdem baut Joussen den Konzern um. Aus einem Gemischtwarenladen mit Containerschiffen, eigenen Flugzeugen und Pauschalreisen für Westeuropäer machte der 54-Jährige einen weltweiten Urlaubsriesen mit dem Schwerpunkt auf die renditeträchtigsten Reisebestandteile wie Hotels und Kreuzfahrten.

Die Entscheidung, sich stärker zu fokussieren, hat sich bewährt. Das zeigen auch die Zahlen. Als Joussen die Leitung von TUI übernahm, lag der Gewinn bei 128 Millionen Euro. Im Ende September abgeschlossenen Geschäftsjahr dürfte es gut eine halbe Milliarde Euro werden – 2016 lag der Umsatz bei 17 Milliarden Euro.

Über die Serie

Dank Joussens Umbau verdient TUI nicht nur mehr, der Konzern ist auch profitabler als Konkurrenten wie Thomas Cook oder FTI. „TUI ist heute durch das stark gewachsene Hotel- und Kreuzfahrtgeschäft margenstärker und weniger saisonal abhängig“, sagt Joussen. „Mehr als 50 Prozent des operativen Ergebnisses kommen inzwischen aus Hotels und Kreuzfahrten.“ Grund genug, den Topmanager für die Auszeichnung EntscheidungsMacher 2018 zu nominieren, die im kommenden Februar vergeben wird.

Joussen startete den Radikalumbau gleich nach seinem Amtsantritt. Er verschlankte die Holding, die allzu unübersichtlich geworden war. Beispielsweise leitete er 2014 den Ausstieg aus der Reederei Hapag-Lloyd ein. In den folgenden Jahren verkaufte der studierte Elektroingenieur noch weitere Teile. So etwa ging im April 2016 der Hotelvermittler Hotelbeds an Finanzinvestoren. Zudem verkleinerte er die hauseigene Fluglinie.

Die Einnahmen aus den Verkäufen steckte Joussen in neue Hotels und den Ausbau der Kreuzschifffahrt, bei der er die noblen Hapag-Lloyd-Kreuzfahrten durch Urlaubsdampfer für Familien und Spaßreisende ergänzte. Ende 2014 übernahm Joussen die britische Tochter TUI Travel, an der sein Unternehmen bis dahin gut die Hälfte der Anteile gehalten hatte.

Aktionäre und Analysten waren zu Beginn skeptisch. Der britische Ableger war deutlich profitabler als der Mutterkonzern und damit an der Börse auch wertvoller. Aber Joussen setzte sich durch, integrierte das Touristikgeschäft der Tochter, schaffte Doppelstrukturen ab und machte aus beiden Unternehmen eine profitable Einheit – mit Fokus auf Kreuzfahrt und Hotels.

Doch warum auf der einen Seite in Hotels und Schiffe investieren und auf der anderen Seite von der Fliegerei lassen? Darin sieht Joussen keinen Widerspruch. Angesichts der hohen Überkapazitäten im Flugmarkt ist es derzeit günstig, freie Jets zu mieten. Gute Hotels und Kreuzfahrtschiffe hingegen sind Mangelware, was für hohe Preise sorgt.

Die Heimatmärkte Westeuropa und Großbritannien stoßen an ihre Grenzen, das sollen Regionen wie China und Südostasien mehr als wettmachen. „Hier entstehen Mittelschichten, die erst beginnen, das Reisen für sich zu entdecken“, sagt Joussen. TUI will dort in den kommenden fünf Jahren eine Million Kunden gewinnen sowie mindestens eine Milliarde Euro Umsatz machen. Dabei setzt Joussen anders als in Europa nicht auf den teuren Vertrieb über Reisebüros, sondern will die Kunden online ansprechen.

Ganz im Stile des Digitalexperten, als der er seinen Posten einst antrat.

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