Er formuliert, verwirft, diskutiert, schreibt neu: Seit Wochen feilt Torsten Toeller an einer grünen Broschüre, die er mit Anmerkungen vollgekritzelt und zur Chefsache erklärt hat – „Happier Pets Happier People“. Mehr als den Titel des neuen Unternehmensleitfadens will der Gründer der Tierbedarfskette Fressnapf noch nicht verraten. Vor 13 Jahren hatte er zum ersten Mal aufgeschrieben, was ihn antreibt und die Kultur des Unternehmens ausmacht – jetzt will er das Leitbild zukunftsfähig machen. „Natürlich braucht man das richtige Geschäftsmodell“, sagt Toeller. „Aber ohne die richtige Kultur ist ein Unternehmen nur kurzfristig erfolgreich.“
In welcher Fassung die neue Fressnapf-Bibel in Druck gehen wird, weiß Toeller zurzeit selbst noch nicht. Denn der Fressnapf-Eigentümer entscheidet nicht par ordre du mufti: Bevor die neuen Leitlinien Anfang April offiziell intern veröffentlicht werden, sollen auch die Mitarbeiter außerhalb Deutschlands ihre Kommentare abgeben, Änderungen vorschlagen, Ergänzungen einbringen. Eines aber, das weiß Toeller schon jetzt, soll seine Mitarbeiter auch künftig anspornen: „Unser Spirit ist es, der uns zu etwas Außergewöhnlichem macht: zum geilsten Fachdiscounter der Welt.“
Mächtiger als Aldi
Und aus dem Nichts innerhalb von 22 Jahren nicht nur zur Nummer eins in Deutschland – mit einem Marktanteil von 24 Prozent ist er in seiner Branche mächtiger als Aldi im Lebensmitteleinzelhandel, erfolgreicher als die Marktführer dm unter den Drogerie- und Obi unter den Baumärkten. Fressnapf ist auch Marktführer in Europa und weltweit die Nummer drei: 1,46 Milliarden Euro setzte die Fressnapf-Gruppe 2012 um – mit bis zu 10.000 verschiedenen Artikeln zu Discountpreisen. 80 Prozent des Geschäfts macht Fressnapf mit der Versorgung von Hunden und Katzen. Im Angebot sind vor allem Tiernahrung vom klassischen Trockenfutter bis zum Zahnreinigungssnack, aber auch Zubehör von Katzenkratzbäumen über Holzspielzeug für Vögel, Ungezieferschutz fürs Zwergkaninchen oder Schwimmwesten für Hunde – und auch Tiere selbst, vom Hamster über Guppys bis zur Vogelspinne.
Karrieretipps von Torsten Toeller
Tu nichts, weil du oder andere es schon immer so gemacht haben. Brich die Spielregeln deiner Branche und erfinde sie ständig neu. Sei frech, sei unkonventionell, geh den ungewöhnlichen Weg – solange es für deine Kunden und dein Unternehmen gut ist.
Fehler zu machen ist nicht nur erlaubt, sondern überlebensnotwendig. Fehler helfen dir, besser zu werden – wenn du einen Fehler nur einmal machst und daraus deine Lehren ziehst. Das gestehen wir auch anderen zu. Wenn etwas schiefgeht, frag also nicht: „Wer ist schuld?“, sondern „Wie können wir es beim nächsten Mal besser machen?“
Tu ausschließlich Dinge, die du besser kannst als alle anderen. Konzentrier dich aufs Wesentliche, alle anderen Aufgaben überlass den Experten auf ihrem Feld.
Bei allem Erfolg: Bleib auf dem Teppich. Übertriebener Luxus und persönliche Eitelkeiten lenken nur unnötig ab.
Und das in europaweit 1.240 Filialen, von denen die meisten als Franchisebetrieb geführt werden – davon 823 in Deutschland, die übrigen verteilt auf ein Dutzend europäische Länder von Spanien bis Ungarn. 1.000 Mitarbeiter arbeiten in der Zentrale in Krefeld, gut 9.000 in den 400 bis 1.000 Quadratmeter großen Läden. Wer keine Zeit hat für einen Besuch vor Ort, kann aus dem Katalog, im Call-center oder per Mausklick bestellen – mit dem Online-Shop setzte Fressnapf rund 25 Millionen Euro um, 2013 soll es doppelt so viel sein. Dienstleistungen vom Tierarzt über den Hundefriseur bis zum Gassi-Geh-Service ergänzen das Angebot ebenso wie Tipps für Fellpflege, Gesundheit oder Reisen mit dem geliebten Vierbeiner. Selbst Speed Datings veranstaltet Toeller regelmäßig, etwa im vergangenen Herbst in Wien – für einsame Frauchen und Herrchen mit ausgeprägtem Hundefaible.
„Wir tun alles, um das Zusammenleben von Mensch und Tier einfacher, besser, glücklicher zu machen“, sagt der 46-Jährige. „Und wollen dabei ständig signalisieren: Wir sind ein anderes Unternehmen, wir brechen Regeln.“