Serie Tickets zur Macht Die Netzwerke der Mächtigen

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Empfehlung

Das sind Deutschlands mächtigste Aufsichtsräte
Die Studie: In Kooperation mit der Georg-August-Universität Göttingen hat das Handelsblatt die Umfangreiche Studie über die Macht deutscher Aufsichtsräte erstellt. Dafür wurden 160 Geschäftsberichte der führenden Unternehmen aus den Börsensegmenten Dax, MDax, SDax und TecDax ausgewertet. Jedes Mandat wurde nach den drei Kriterien Reputation, Netzwerk und Status gewichtet (für jeden Faktor wurden maximal 100 Punkte vergeben). Summiert ergibt das die Gesamtwertung der Macht jedes einzelnen Aufsichtsrats. Quelle: dapd
Platz 20: Unter den mächtigsten Aufsichtsräten in Deutschland belegt Ulrich Middelmann mit 136 Bewertungspunkten den 20. Platz. Als ehemaliger stellvertretender Vorstandschef des Stahlkonzerns Thyssen-Krupp ist er seit 2006 im Kontrollgremium der Commerzbank vertreten und seit 2010 Mitglied des Aufsichtsrats der Deutschen Telekom. 2005 hat Middelmann einen Platz auf der Aufseherbank beim Spezialchemiekonzern Lanxess eingenommen. Doch nicht jede Entscheidung Middelmanns ist auch mit Erfolg gekrönt: Gemeinsam mit dem damaligen Krupp-Vorstandschef Ekkehard Schulz entwickelte Mittelmann bei Thyssen-Krupp den Plan, durch ein Werk in Brasilien neue Märkte zu erschließen - ein Flop. Das Werk wird nun verkauft. Quelle: Reuters
Platz 19: Der Aufsichtsratsvorsitz beim Dax-Unternehmen Fresenius beschert Gerd Krick den Einzug in die Top 20. Der ehemalige Fresenius-Vorstandsvorsitzende erreicht besonders beim Kriterium Status, dass die interne Macht innerhalb eines Unternehmens misst, eine hohe Punktzahl.
Platz 18: Der Ex-Chef des weltgrößten Chemiekonzerns BASF, Jürgen Hambrecht, erreicht im Ranking 138 Punkte und ist nicht im Aufsichtsrat seines langjährigen Arbeitgebers vertreten. Dafür sitzt er bei Daimler, der Lufthansa und Fuchs Petrolub. Der 66-Jährige zeichnet sich durch hohes gesellschaftliches Engagement aus. So ist er beispielsweise für die Wissensfabrik unterwegs, einem bundesweiten Unternehmerverbund zur Förderung von Technik und Naturwissenschaft in den Schulen. Quelle: dapd
Platz 17: Die Meinungsforscherin Renate Köcher ist die einzige Frau in den Top 30 der mächtigsten Aufsichtsräte. Die Geschäftsführerin des bedeutenden Institut für Demoskopie Allensbach sitzt gleich bei drei Dax-Unternehmen im Aufsichtsrat - bei der Allianz, BMW und dem Halbleiterhersteller Infineon. Frauen besetzen mittlerweile neun Prozent der Sitze in den Kontrollräten der 160 wichtigsten deutschen Unternehmen, bei den Dax-Konzernen stellen sie sogar 13 Prozent. Doch um im Ranking weitere Spitzenpositionen zu besetzen, fehlt ihnen oft das Netzwerk oder der Posten als Vorsitzende.
Ekkehard Schulz Quelle: dpa
Platz 15: Ferdinand Piech ist Chefkontrolleur bei Deutschlands gewinnträchtigstem Unternehmen Volkswagen. Die Macht des Enkels von Ferdinand Porsche im Unternehmen ist unumstritten. Im April zog auch seine Frau Ursula Piech in den Aufsichtsrat von Volkswagen ein. Piech selber sitzt außerdem in den Kontrollgremien von MAN und dem schwedischen Lkw-Hersteller Scania (nicht im Ranking). Quelle: dpa

Das bestätigte auch Roberto Fernandez. Der Organisationspsychologe vom Massachusetts Institute of Technology analysierte 1997 knapp 3000 Bewerbungen einer amerikanischen Großbank für 326 Stellen. Wer eine Empfehlung von einem Angestellten erhalten hatte, wurde zu 80 Prozent zu einem persönlichen Vorstellungstermin geladen. Von den Außenseitern nahmen diese erste Hürde nur 26 Prozent.

Nach Angaben von Fernandez wägen Bewerber mit Kontakten in die Firma besser ab, ob sie wirklich passen – und verzichten im Zweifelsfall darauf, sich ins Kandidatenrennen zu werfen. Das Netzwerk sorgt für einen Informationsvorsprung.

Die WirtschaftsWoche porträtiert die Köpfe hinter den Kulissen, ohne die weder Konzernlenker noch Unternehmerdynastien in Deutschland wichtige Entscheidungen treffen.
von Jürgen Salz, Andreas Wildhagen

Bundespresseball in Berlin

Solche Informationen versprechen sich auch jene Politiker, Wirtschaftsbosse und Medienschaffenden, die am Bundespresseball in Berlin teilnehmen. Im vergangenen November tanzten im Hotel Interconti etwa 2500 Personen, darunter auch Bundespräsident Joachim Gauck. Gastgeber ist die Bundespressekonferenz, ein Verein von Parlamentskorrespondenten.

Sie hält den Ball für „das gesellschaftliche Ereignis Nummer eins in Deutschland“. Und das lassen sich die Organisatoren teuer bezahlen. Die Tickets kosten bis zu 690 Euro und sind nur auf Einladung erhältlich. Soll heißen: Man erhält das Privileg, eine Karte kaufen zu können. Theoretisch zumindest. Praktisch können auch Außenstehende teilnehmen – wenn sie einem Parlamentskorrespondenten ein Ticket abkaufen.

Mehr als 20.000 Euro

Doch auch die Plätze im Saal sind käuflich. Die Sponsoren des Balls dürfen je drei Tische mit ihren Gästen besetzen. Außerdem kann jeder etwa 30 weitere Zehner-Tische reservieren, wenn er gerne mit bestimmten Personen zusammensitzen möchte, vom Veranstalter akzeptiert wird – und das nötige Kleingeld aufbringt. Einschließlich der Tickets für zehn Ballbesucher werden mehr als 20.000 Euro fällig.

Aber sind analoge Verbindungen in Zeiten digitaler Netzwerke wirklich noch notwendig? Oder reicht es, sich bei Facebook und Twitter, auf Xing und LinkedIn zu verbinden? Mitnichten, sagt der Soziologieprofessor und Elitenforscher Michael Hartmann von der Technischen Universität Darmstadt. „Traditionelle institutionalisierte Netzwerke behalten auch künftig wesentlichen Einfluss.“ Denn sie basierten auf Vertrauen – „und das lässt sich allein im Netz nicht aufbauen“.

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