Serie Tickets zur Macht Die Netzwerke der Mächtigen

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Erstaunlich transparent

Gründerväter der deutschen Industrie
August Thyssen (1842-1926)1867 gründete er in Duisburg das Eisenwerk „Thyssen-Foussol & Co“. 1870 wurde die Gesellschaft aufgelöst und Thyssen gründete mit dem erlösten Kapital das Walzwerk Thyssen & Co., die Keimzelle für einen der größten integrierten europäischen Montankonzerne, die August Thyssen-Hütte. Mit Hugo Stinnes zusammen gründete Thyssen den Energieversorger RWE.
Alfred Krupp (1812-1887)Alfred war Erbe einer bankrotten kleinen Gussstahlfabrik seines Vaters Friedrich – mit 10000 Talern Schulden und sieben Mitarbeitern. Dass daraus ein Weltkonzern und das Synonym für Stahl wurde, war vor allem Alfreds Verdienst.  Als er 1887 starb, zählte das Unternehmen 20.200 Mitarbeiter.
Werner von Siemens (1816-92)Das vierte Kind eines erfolglosen Gutspächters war zunächst Artillerie-Offizier der preußischen Armee. Nach einem Duell saß er einige Jahre in Festungshaft. 1847 gründete er – noch immer im Hauptberuf Offizier – mit dem Mechaniker Johann Georg Halske in Berlin die Telegraphen Bau-Anstalt von Siemens & Halske – die Keimzelle des heutigen Konzerns. Der Auftrag für die Telegrafenleitung von Frankfurt nach Berlin 1848 war der Beginn der großen Erfolgsgeschichte.
Carl Zeiss (1816-88)Gemeinsam mit seinem Kompagnon Ernst Abbe (1840-1905) schuf Zeiss in seinen Werkstätten in Jena die technischen Grundlagen der Optischen Industrie. Die meisten Naturforscher seiner Zeit, wie zum Beispiel der Zoologe Ernst Häckel, benutzten seine Mikroskope. Die Feldstecher und Entfernungsmesser von Zeiss wurden in allen Kriegen seit dem Ende der Mitte des 19. Jahrhunderts eingesetzt. Quelle: Jobel
Friedrich Engelhorn (1821-1902)Der Sohn eines Gastwirts war zunächst Goldschmied in Mannheim, dann Gas-Produzent. Engelhorn versuchte, den bei der Leuchtgasgewinnung als Abfall anfallenden Steinkohlenteer zu nutzen und begann deshalb Teerfarbstoffe und Farbstoffe auf Anilinbasis für die Textilindustrie herzustellen. Zu diesem Zweck gründete er 1865 mit drei Kompagnons die „Badische Anilin- und Sodafabrik“ - BASF.
Friedrich Bayer (1825-1880)Der Sohn eines Seidenwirkers in Barmen fing schon als 20-Jähriger an, mit Naturfarben zu handeln. Drei Jahre später gründete er sein erstes Handelsunternehmen. Gemeinsam mit seinem späteren Kompagnon Johann Friedrich Weskott begann Bayer ab 1863 mit der eigenen Produktion und Erprobung von Teerfarbstoffen in der eigenen Firma Friedr. Bayer et comp. – der Keimzelle der heutigen Bayer AG.
Gottlieb Daimler (1834-1900)Nachdem er einige Jahre in mehreren Unternehmen als Konstruktuer angestellt war, gründete Daimler 1882 in Cannstatt eine eigene Werkstatt und entwickelt dort eine Viertaktmotor. Gemeinsam mit Wilhelm Maybach konstruiert er ab 1885 Motorwagen. Der große unternehmerische Erfolg kommt erst nach seinem Tod und mit der Fusion mit Benz 1926.

Doch das Gewicht der Weltverschwörungstheoretiker nimmt ab. Inzwischen kommunizieren viele Netzwerke erstaunlich transparent. Sie veröffentlichen im Internet, wer an den Treffen teilnimmt, worüber dort geredet wird und wer wie zu diesem Netzwerk stoßen kann.

So zum Beispiel die Baden-Badener Unternehmer Gespräche, die sich als eine Art privates Weiterbildungsforum für Nachwuchsmanager verstehen. Mehr als 3000 Führungskräfte haben das Programm bereits durchlaufen, darunter Ex-Bayer-Chef Manfred Schneider.

Erfolgreiche Gründer und ihre Geheimnisse
Renzo Rosso Quelle: REUTERS
Titus Dittmann Quelle: dpa
James Dyson Quelle: dpa
Günther Fielmann Quelle: dpa
Eike Batista Quelle: REUTERS
Erich Sixt Quelle: dapd
Richard Branson Quelle: REUTERS

Mysteriös seit 1954

Einige Informationen geraten gelegentlich auch durch übertriebenes Mitteilungsbedürfnis an die Öffentlichkeit: Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin zum Beispiel konnte es im vergangenen Jahr nicht lassen, seine Teilnahme an der Bilderberg-Konferenz im amerikanischen Chantilly auf Twitter kundzutun – das jährliche Zusammentreffen von Spitzenpolitikern, Top-Managern und ausgewählten Medienvertretern gilt seit seiner Premiere 1954 als mysteriöser Zirkel, dem maßgeblicher Einfluss auf den Weltenlauf zugesprochen wird.

Nachdem ihn sowohl Bürger als auch Parteifreunde dafür kritisierten und ihm vorwarfen, mit der Finanzelite zu kungeln, veröffentlichte Trittin auf seiner Internet-Seite ein Interview mit sich selbst. „Sollte man als Grüner an einer solchen Konferenz teilnehmen?“, fragte er sich darin. Und antwortete: „Ja natürlich, warum denn bitte schön nicht?“ Es sei falsch, Gesprächs- und Kontaktverbote aufzustellen. Denn grüne Überzeugungen müssten „gerade auch dort platziert werden, wo sie noch nicht aktiv vertreten werden“.

von Tim Rahmann, Daniel Rettig, Silke Wettach, Lin Freitag

"Elite" ist in Deutschland negativ besetzt

Was man als Scherz abtun könnte, ist auch eine Reaktion auf ein überkommenes deutsches Eliteverständnis: Denn spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg war der Begriff „Elite“ hierzulande negativ besetzt. Waren es doch gerade die Spitzen aus Wirtschaft und Politik, die das Hitler-Regime unterstützt oder es zumindest durch Passivität zugelassen hatten. Als Konsequenz aus dieser Erfahrung versuchte die Kirche in den Fünfzigerjahren den Begriff der „Verantwortungselite“ zu etablieren – vergeblich.

Erst in den Siebzigerjahren erlebten die Netzwerke auch in Deutschland Renaissance und Rehabilitation. Beschleunigt wurde dieser Trend durch die zunehmende Globalisierung des Kapitals. 1971 gründete sich das Weltwirtschaftsforum in der Schweiz, zwei Jahre später folgte die Trilaterale Kommission.

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