Doch das Gewicht der Weltverschwörungstheoretiker nimmt ab. Inzwischen kommunizieren viele Netzwerke erstaunlich transparent. Sie veröffentlichen im Internet, wer an den Treffen teilnimmt, worüber dort geredet wird und wer wie zu diesem Netzwerk stoßen kann.
So zum Beispiel die Baden-Badener Unternehmer Gespräche, die sich als eine Art privates Weiterbildungsforum für Nachwuchsmanager verstehen. Mehr als 3000 Führungskräfte haben das Programm bereits durchlaufen, darunter Ex-Bayer-Chef Manfred Schneider.
Mysteriös seit 1954
Einige Informationen geraten gelegentlich auch durch übertriebenes Mitteilungsbedürfnis an die Öffentlichkeit: Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin zum Beispiel konnte es im vergangenen Jahr nicht lassen, seine Teilnahme an der Bilderberg-Konferenz im amerikanischen Chantilly auf Twitter kundzutun – das jährliche Zusammentreffen von Spitzenpolitikern, Top-Managern und ausgewählten Medienvertretern gilt seit seiner Premiere 1954 als mysteriöser Zirkel, dem maßgeblicher Einfluss auf den Weltenlauf zugesprochen wird.
Nachdem ihn sowohl Bürger als auch Parteifreunde dafür kritisierten und ihm vorwarfen, mit der Finanzelite zu kungeln, veröffentlichte Trittin auf seiner Internet-Seite ein Interview mit sich selbst. „Sollte man als Grüner an einer solchen Konferenz teilnehmen?“, fragte er sich darin. Und antwortete: „Ja natürlich, warum denn bitte schön nicht?“ Es sei falsch, Gesprächs- und Kontaktverbote aufzustellen. Denn grüne Überzeugungen müssten „gerade auch dort platziert werden, wo sie noch nicht aktiv vertreten werden“.
"Elite" ist in Deutschland negativ besetzt
Was man als Scherz abtun könnte, ist auch eine Reaktion auf ein überkommenes deutsches Eliteverständnis: Denn spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg war der Begriff „Elite“ hierzulande negativ besetzt. Waren es doch gerade die Spitzen aus Wirtschaft und Politik, die das Hitler-Regime unterstützt oder es zumindest durch Passivität zugelassen hatten. Als Konsequenz aus dieser Erfahrung versuchte die Kirche in den Fünfzigerjahren den Begriff der „Verantwortungselite“ zu etablieren – vergeblich.
Erst in den Siebzigerjahren erlebten die Netzwerke auch in Deutschland Renaissance und Rehabilitation. Beschleunigt wurde dieser Trend durch die zunehmende Globalisierung des Kapitals. 1971 gründete sich das Weltwirtschaftsforum in der Schweiz, zwei Jahre später folgte die Trilaterale Kommission.