Sieg in der Provinz Das sind die CEOs des Jahres

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Zwischen 50 und 50 000 Fuß

Das gilt auch für Übernahmen – seine jüngsten Investments wie den Kauf des Netzbetreibers Versatel für gut eine Milliarde Euro oder seinen Einstieg in die umstrittene Start-up-Schmiede Rocket Internet für 435 Millionen Euro wie die des spanischen Wettbewerbers Arsys: Um das ohnehin starke Auslandsgeschäft – United Internet ist in elf Ländern aktiv – weiter auszubauen, blätterte Dommermuth für den Web-Hoster und Cloud-Computing-Anbieter mit 150 000 Kunden und 40 Millionen Euro Umsatz im August 2013 rund 140 Millionen Euro hin. „Ich wollte den Deal unbedingt“, erinnert sich Dommermuth, der aus seiner Abneigung gegen Folienhörigkeit und PowerPoint-Fetischismus mancher Manager keinen Hehl macht. „Wenn ich eine ausbaubare Marktposition sehe, lasse ich mich gerne von einer klaren Strategie und einem intensiven Gespräch überzeugen. Wenn alles stimmt, vertraue ich abschließend lieber meinem Bauch statt umfangreichen Studien mit ellenlange Zahlenkolonnen, die eine Scheingenauigkeit vermitteln.“

von Karin Finkenzeller, Henryk Hielscher, Michael Kroker

Genauso, wie er „mal in 50 000 Fuß Höhe, mal in 50“ unterwegs ist – je nachdem, ob er gerade die nächste Übernahme verhandelt oder das Design einer Web-Site verabschiedet. „Da hole ich schon mal den Kuli raus“, sagt Dommermuth. „Als Manager sollte man nicht nur die großen Linien kennen, sondern auch mit dem Tagesgeschäft vertraut sein.“ Er selbst kümmert sich bis heute mit Leidenschaft ums Marketing. „Jede Kampagne geht über meinen Tisch.“

Sein nachhaltigster Marketing-Coup: die Finanzierung des ersten deutschen Teams beim legendären Admiral’s Cup. Dass es damals zum Sieg nicht reichte, hat Dommermuth nie gewurmt. „Wir haben uns damit in der Öffentlichkeit nachhaltig als seriöses Unternehmen bekannt gemacht und uns intern als Team gestärkt“, rechtfertigt er die Millionen Euro, die er von 2005 bis 2007 in das Projekt steckte. „Vor allem lag der Wert der Berichterstattung sehr deutlich über unserem finanziellen Engagement.“

Auf die Idee, einen Fußballclub aus seiner Westerwälder Heimat mit seinen Millionen in die Bundesliga zu hieven oder das Firmenlogo auf einen Formel-1-Wagen zu pappen, würde er allerdings nie kommen. „Das wäre mir zu beliebig“, sagt Dommermuth, der Firmenwagen bevorzugt gebraucht kauft. Der sich nicht zu schade ist, im Vorbeigehen einen ungenutzten Drucker oder das Licht in einem Konferenzraum auszuschalten. Der seit mehr als 20 Jahren seine Meetings am gleichen Tisch abhält und sein Büro mit Gastgeschenken und unspektakulärer Kunst schmückt. Und sich freut, wenn sein Finanzvorstand seinen Hinweis auf ein Loch im 15 Jahre alten Büroteppich mit dem Satz kontert: „Dann setz dich doch auf einen anderen Stuhl, dann siehst du’s nicht.“

Der aber privat italienische Sportwagen fährt, zu Hause teure Kunst an die Wände hängt und sich gerade eine neue Segelyacht gegönnt hat. Und vor ein paar Jahren vier Vorständen je einen Ferrari aus der Privatschatulle bezahlt hat, Schenkungssteuer inklusive. Der Grund: Eine Wette – United Internet hatte erstmals mehr als 100 Millionen Mark Gewinn gemacht.

Auf neuen Beinen

Ob es 2014 wieder Anlass für so spektakuläre Prämien gibt, bleibt abzuwarten. Denn Dommermuth ist dabei, sein Geschäft auf neue Beine zu stellen: Nachdem im Juni sein Versuch gescheitert war, exklusiven Zugriff auf 30 Prozent der Mobilfunknetzkapazitäten des fusionierten Konkurrenten Telefónica und E-Plus zu bekommen, schlug Dommermuth etwas später bei Versatel zu. Und wurde durch die Übernahme vom Mieter zum Eigentümer von Netzinfrastruktur. Der Preis: knapp eine Milliarde Euro. Damit nahm Dommermuth en passent auch Telekom-Chef Tim Höttges den Wind aus den Segeln – der hatte den Konkurrenten ob des fehlenden eigenen Netzes lauthals als Trittbrettfahrer beschimpft.

Vorerst kümmert sich Dommermuth um die nächste DSL-Kampagne. „Denn wichtiger als der spektakuläre Effekt“, sagt er, „ist die Pflege unseres soliden Fundaments – ich will das hier schließlich noch lange machen.“

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