Wie gut beherrschen Vorstände von heute dieses Instrument?
Scholl: Generell kann man sagen, je höher die Hierarchieebene desto häufiger nutzen Manager Storytelling. Dieter Zetsche erzählt beispielsweise immer wieder die Geschichte, als er in einem Autohaus nicht erkannt wurde und wie er dort behandelt wurde. Die Botschaft dahinter: Orientiert euch mehr am Kunden!
Van de Laar: Auch in der politischen Kommunikation ist durchaus Bedarf für Storytelling. Zu häufig lesen wir von komplexen 9-Punkte-Plänen, deren Inhalt sich kaum ein Wähler merken kann, geschweige denn weitererzählt. Martin Luther King sagte ja auch nicht: „I have a plan.“ Sondern: „I have a dream.“
Wie hat sich Storytelling durch das Internet und die sozialen Medien verändert?
Van de Laar: Social Media hat Storytelling durch zwei Aspekte grundlegend verändert: Zum einen können Geschichten multimedial mit Bildern, Videos oder interaktiven Elementen greifbarer gemacht werden. Zum anderen bieten soziale Netzwerke jedem die Möglichkeit zu interagieren und Teil der Erzählung zu werden.
Scholl: Allerdings werden wir dadurch mit einer stetig steigenden Flut von Informationen konfrontiert. Unternehmen benötigen also sehr gute und inspirierende Geschichten, um aus der Masse herauszustechen. Durch die Vielzahl der Kanäle können Mitarbeiter in Unternehmen deutlich mehr kommunizieren. Das birgt viele Chancen, kann aber auch dazu führen, dass die Botschaften an Konsistenz verlieren.
Was können Unternehmen dagegen tun?
Scholl: In manchen Kommunikationsabteilungen gibt es Leitfäden darüber, was auf den digitalen Plattformen geschrieben werden darf und was nicht.
Halten Sie das für sinnvoll?
Scholl: Ja, die Implementierung sogenannter Social Media Guidelines sind definitiv sinnvoll. Sie liefern konkrete Handlungsempfehlungen und informieren gleichzeitig darüber, welche Auswirkungen Äußerungen in den sozialen Medien haben können. Zum anderen fördern sie eine aktive Partizipation und einen Dialog im Sinne der Unternehmensziele und Kultur. Nicht zuletzt bilden die Guidelines eine Grundlage dafür, dass Mitarbeiter zu Markenbotschaftern des Unternehmens werden und somit einen positiven sowie authentischen Eindruck über die sozialen Netzwerke ausstrahlen.
Welchen Stellenwert nimmt Storytelling in Deutschland ein, wenn man das mal im internationalen Vergleich betrachtet?
Scholl: Traditionell ist die Unternehmenskommunikation im anglosächsischen Raum stärker vom Storytelling geprägt. Gleichzeitig beobachte ich in Gesprächen mit europäischen und asiatischen Geschäftspartnern, dass nicht nur im sozialen sondern auch im Businesskontext mehr und mehr persönliche Erfahrungen und Anekdoten in unsere Interaktion einfließen.