Unternehmen haben ein Problem: Die Welt steht einfach nicht still. Kunden wollen immer schneller beliefert werden, sie wollen rund um die Uhr Produkte bestellen, Dienstleistungen in Anspruch nehmen und von überall auf der Welt Zugriff darauf. Zugleich verlangen sie nach individuellen Produkten. Wartezeiten sind out, Hotlines sind out, Ladenöffnungszeiten sind out, Massenware ist out.
Immerhin reagieren immer mehr Unternehmen auf die gestiegenen Ansprüche und machen Digitalisierung zur Chefsache. Elf Prozent der deutschen Unternehmen haben bereits einen Digitalisierungsexperten an Bord. Sieben Prozent planen, in den kommenden zwölf Monaten einen solchen Digital-Chef, auch Chief Digital Officer (CDO) genannt, einzustellen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage der Beratungsgesellschaft Kienbaum.
Ein CDO soll das traditionelle Geschäftsmodell seines Unternehmens mit den veränderten Kundenwünschen zusammenbringen. "Der Job des CDOs ist im Moment einer der spannendsten", sagt Fabian Kienbaum, geschäftsführender Gesellschafter der gleichnamigen Beratungsgesellschaft. Dabei hat ein CDO eigentlich nur drei Aufgaben, wie Peter Klingenburg, Geschäftsführer von T-Systems Multimedia Solutions, zusammenfasst:
- Denke immer vom Kunden her: Was will der Kunde?
- Wie müssen sich die internen Prozesse verändern, um das Versprechen an den Kunden halten zu können?
- Man darf dem Kunden nur das versprechen, was man auch halten kann und muss akzeptieren, dass nicht alles von jetzt auf gleich funktionieren kann.
Was in der Theorie einfach klingt, macht bei der Umsetzung allerdings häufig Probleme.
Denn egal, ob ein Unternehmen Brillen, Software oder Autos herstellt – vor dem fertigen Produkt steht eine lange Wertschöpfungskette. Und je mehr Glieder diese Kette hat, desto länger dauert der Herstellungsprozess - und desto mehr kann auch schief gehen.
Zulieferer müssen anpassungsfähig sein
Es nützt also wenig, nur das eigene Unternehmen fit für die digitale Welt zu machen, wenn Lieferanten und Einkäufer oder Logistiker nicht mitziehen. Das belegt auch eine Tiefenbefragung der Münchener Unternehmensberatung candidus management consulting unter mittelständischen Unternehmern. "Amazon & Co. setzen mit Angeboten wie der Lieferung noch am gleichen Tag Standards. Wenn der Kunde das bei Amazon haben kann, erwartet er es auch bei anderen", sagt candidus-Geschäftsführer Stefan Treiber.
Wie Ihr Unternehmen digital fit wird
Machen Sie die Digitalstrategie zur Chefsache. Entwickeln Sie ein Gespür dafür, wie sich veränderte Kundenerwartungen auf Ihr Geschäft auswirken. Transportieren Sie dieses Bewusstsein ins Unternehmen.
Wie sieht Ihr Unternehmen in fünf Jahren in einer digitalisierten Welt aus? Machen Sie sich klar, wie Sie künftig mit Kunden interagieren, welche Innovationen Sie bis dahin eingeführt und wie sich Ihre internen Prozesse geändert haben müssen.
Sobald Sie Ihre Strategie entwickelt haben, starten Sie mit der Umsetzung – mit kleinen, schnellen Schritten und überschaubaren Projekten. Schaffen Sie Inseln mit optimiertem organisatorischem, technologischem und kulturellem Rahmen – inklusive neuer Anreizsysteme, die die Ziele Ihrer Digitalstrategie unterstützen.
Messen Sie die Effekte Ihrer Projekte, und kommunizieren Sie Erfolge nach innen und außen.
Entsprechend muss auch die gesamte Lieferkette anpassungsfähig sein, damit Kundenwünsche sich schnell umsetzen lassen.
Agilität ist (fast) alles
Das Schlüsselwort heißt bei Unternehmen wie Zulieferern Agilität: die Lieferkette muss genauso schnell und anpassungsfähig sein wie die Mitarbeiter der heimischen Produktion.
Trotzdem müssen Lieferketten schlank bleiben. "Je flexibler, desto teurer" ist kein Grundsatz, mit dem sich langfristig wirtschaften lässt. Es geht also nicht nur darum, den schnellsten Lieferanten zu finden, sondern auch den verhältnismäßig günstigsten.
Bei Herstellern von austauschbaren Allerweltsgütern ist der Preis das, was zählt. Der Bereich After-Sales ist dagegen eher agilitätsorientiert, wie Treiber sagt. „Wenn der Kunde das dringend benötigte Ersatzteil nicht sofort bekommt, geht er zur Konkurrenz und der Umsatz geht verloren.“
Hier die entsprechende Balance zu finden, ist keine leichte Aufgabe, wie es auch in der candidus-Umfrage heißt. „Wenn eine Jeans von der Baumwolle bis zum Boutique-Regal bis zu 50.000 Kilometer quer durch zehn Länder zurücklegt, muss das Supply-Chain-Management immer anspruchsvollere Formen der Komplexität bewältigen“, weiß Evi Hartmann, Inhaberin des Lehrstuhls für Supply-Chain-Management an der Universität Erlangen-Nürnberg.