"Es gibt drei Formen der Elite", erklärt Höselbarth. "Die Herkunftselite, die Werteelite und die Leistungselite. McKinsey ist eine klare Leistungselite und erwartet das Leistungsbekenntnis auch kompromisslos von seinen Mitarbeitern." Daher komme der Recruiting-Erfolg der Beraterfirma: "Wer gerne Leistung bringt, fühlt sich von dieser Leistungskultur magisch angezogen", sagt Höselbarth. "Alle Ivy-League-Beratungen sind zwar elitär, aber McKinsey macht das deutlichste Bekenntnis zur Elite." Das zeigt sich in den Unternehmenswerten, die auf einer Glasplakette im Treppenhaus des Kölner Büros hängen. Darin heißt es, dass es eine "caring meritocracy" zu erhalten gelte, also eine "fürsorgliche Leistungsgesellschaft".
"Wir hängen das nicht nur auf, diese Werte bestimmen auch unser tägliches Handeln und Miteinander", sagt Recruiting-Direktor Thomas Fritz. Dieses Selbstverständnis bedeute jedoch keine Überheblichkeit: "Die meisten fangen hier an und wollen erstmal viel lernen in kurzer Zeit." Diese Möglichkeit biete ihnen das Unternehmen: "Sie können die ersten drei Monate Wachstumsstrategien für einen Telekommunikationsdienstleister erarbeiten, die zweiten drei Monate ein Entwicklungsland beraten und danach helfen, eine Bank aus der Krise zu retten." Wechselnde Klienten bringen auch wechselnde Einsatzorte mit sich: "Zweidrittel der Berater machen in den ersten zwei bis drei Jahren mindestens ein Projekt im Ausland", sagt Fritz.
Bei jedem Projekt arbeiten die Berater mit neuen Kollegen zusammen. Fritz deutet auf ein Plakat, das ebenfalls in seinem Büro hängt und eine Karikatur zeigt: "Ein Wirtschaftswissenschaftler, ein Ingenieur und ein Philopsoph sitzen bei McKisney. Kein Witz", liest Fritz vor. "Und so ist das wirklich, das macht den Reiz des Unternehmens aus. Nur die Hälfte der Berater sind Wirtschaftswissenschaftler, der Rest kommt aus anderen Disziplinen."
Zu dieser anderen Hälfte gehört die Politologin Anne Angsten, die seit neun Monaten im Kölner Büro arbeitet. "Die Arbeit hier lebt von verschiedenen Perspektiven. Jede Perspektive hat ihren Wert", sagt die 25-Jährige. Schon in ihrem Praktikum, in dem sie zunächst die McKinsey-Welt beschnupperte, wurde sie als vollwertiges Teammitglied aufgenommen. Zwei Monate arbeitete sie während ihrer Semesterferien bei einem Projekt im öffentlichen Sektor in Ostafrika mit. Genaueres möchte Angsten nicht preisgeben, auch Vertraulichkeit gehört zu den McKinsey-Werten.
Beide Seiten waren zufrieden, Angsten bekam nach ihrem Praktikum eine feste Stelle als Beraterin angeboten. "Ich war mir zunächst noch unsicher", erinnert sie sich. Sie musste sich jedoch weder sofort entscheiden, noch direkt nach dem Studium anfangen. "Ich dachte, wenn mir McKinsey die Freiheit lässt, zuvor nochmals etwas anderes auszuprobieren, dann sage ich zu", erzählt Angsten. Also machte sie nach ihrem Studium zunächst noch ein Praktikum bei einer Nicht-Regierungsorganisation in Ruanda.