Das zahlt sich auch bei eingehenden Bewerbungen aus. Mittelständler können gegenüber Großkonzernen punkten, die oftmals langwierige und aufwendige Auswahlverfahren anwenden. „Reagieren die Unternehmen schnell und wertschätzend auf Bewerbungen, spricht sich das herum“, sagt Trost.
Doch talentierte Mitarbeiter zu werben, ist nur der erste Schritt. Sind sie an Bord, müssen sie gehalten und im Interesse der Firma weiterentwickelt werden. „Viele Mittelständler sind mittlerweile soweit, dass sie das Potenzial und die Leistung der Mitarbeiter bewerten und Nachwuchskräfte identifizieren. Aber dann hört es schon auf“, sagt Trost. „Gezielte Mitarbeiterentwicklung findet sehr selten statt.“
Anders beim Safthersteller Eckes Granini: Katja Christine Weinstock und ihr Team ermitteln zunächst, welche Schlüsselpositionen in den nächsten Jahren neu besetz werden müssen. Dann wird überprüft, inwiefern sich die Anforderungen an diesen Job in den vergangenen Jahren verändert haben. Das Jobprofil wird dahingehend angepasst. „Im Marketing beispielsweise spielten soziale Medien bis vor einigen Jahren überhaupt keine Rolle“, sagt Weinstock. Die Anforderungen werden nun besprochen und mit den Leistungen sowie Potenzialen der Mitarbeiter verglichen. „Die Vorgesetzten haben einen guten Überblick, weil im Mittelstand die Abteilungen familiärer strukturiert sind“, sagt Weinstock. Interne Assessmentcenter sind nicht nötig. Sind die Kandidaten für die Nachfolge identifiziert, müssen sie auf ihre Aufgabe vorbereitet werden.
„Die Entwicklungspläne sind bei uns sehr individuell“, sagt Weinstock. „Es gibt zumindest auf nationaler Ebene kein durchgängig standardisiertes Programm.“ Das liege an der Einzigartigkeit der jeweiligen Position in mittelständischen Unternehmen. Gemeinsam mit dem Talent werde das weitere Vorgehen besprochen. Geht er für einige Zeit ins Ausland? Welche Seminare können ihm bei seiner Entwicklung helfen? Welches Projekt würde gut zur künftigen Position passen?
Bei der Kanzlei Luther bemüht sich die Personalabteilung derweil darum, dass Talentmanagement weiter zu systematisieren. In einer Matrix werden Mitarbeiter zukünftig nach Leistung, Kompetenzen und Potenzial bewertet. Sie können so miteinander verglichen und eingestuft werden.
Der sich daraus ergebende Talentpool hilft der Kanzlei als Steuerungsinstrument. Denn die Masse an Talenten ist zwar überschaubar, aber elf Standorte allein in Deutschland machen eine systematische Herangehensweise notwendig. „So können wir beispielsweise erkennen, wo wir uns extern verstärken müssen beziehungsweise ob wir Kandidaten auf ihre Bereitschaft zu einem Ortswechsel ansprechen müssen", sagt Schneider.
Auch die Weiterbildung der Mitarbeiter läuft bei Luther für ein Unternehmen in dieser Größenordnung erstaunlich strukturiert ab. Das hauseigene Fortbildungsprogramm bietet in diesem Jahr mehr als 30 Kurse an. Von Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre über Verhandlungspsychologie bis hin zu Mitarbeiterführung. Die Angebote stehen allen offen. Die Führungskräfte von morgen werden jedoch gezielt ermuntert, bestimmte Kurse zu belegen. Damit die nächsten Schritte auf dem vorgegebenen Karrierepfad auch wie geplant verlaufen.