Umwelt und Unternehmenserfolg Finanzchefs müssen Nachhaltigkeit in die Hand nehmen

Nachhaltigkeit und Rentabilität stehen sich in der Finanzwirtschaft häufig als unvereinbar gegenüber. Doch Nachhaltigkeit ist nicht mehr nur eine Imagepolitur der Marketingabteilung, sondern Wettbewerbsfaktor.

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Nachhaltigkeit Quelle: Fotolia

„Das Quartalsdenken ist der natürliche Feind der Nachhaltigkeit“, brachte es erst kürzlich Professor Stephan Fischer, von der Hochschule Pforzheim in einem Interview auf den Punkt. Er macht eines deutlich: Management-Teams und insbesondere Finanzverantwortliche in Unternehmen leugnen viel zu häufig den Zusammenhang zwischen Nachhaltigkeit und Rentabilität oder bekämpfen ihn zuweilen sogar aktiv.

Unterstützt wird die These von der Leuphana Universität Lüneburg. Laut einer Studie nehmen die Unternehmensbereiche Controlling, Rechnungswesen und Finanzen eine im negativen Sinne „beeindruckende“ Außenseiterrolle im Nachhaltigkeitsmanagement ein. Vereinzelt werden diese Bereiche gar als hemmend eingestuft.

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Eine Umfrage unter 30 CFOs aus Dax-gelisteten Unternehmen hatte ähnliche Resultate: Finanzvorstände sehen die Planung, Steuerung und Kontrolle von Nachhaltigkeitsstrategien und -maßnahmen viel zu oft nicht als ihre Aufgabe an.

Dabei gewinnt das Thema immer mehr an Bedeutung. Sowohl in Deutschland als auch auf europäischer Ebene wurden bereits vor mehreren Jahren Nachhaltigkeitsstrategien verabschiedet und damit auch Unternehmen stärker in die Verantwortung genommen. Steigende Energiekosten, knapper werdende Rohstoffe oder politischer Druck zwingen Firmen darüber hinaus zunehmend, sich mit dem Thema auseinander zu setzen.

Unternehmerische Nachhaltigkeit ist nicht nur auf dem Absatz- und Personalmarkt ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor. Sie spielt auch auf dem Kapitalmarkt eine entscheidende Rolle: Mithilfe nachhaltiger Unternehmensführung werden Risiken vermindert und die wirtschaftliche Lage verbessert.

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Nachhaltigkeitsstrategien verfolgen also keinesfalls länger den reinen Zweck der Imageverbesserung, sondern klar definierte, monetäre Ziele wie die Minimierung finanzieller Engpässe, Kosteneinsparungen oder regulatorische Aspekte. Betrachtet man nun die primären Aufgaben von Finanzvorständen – externes Rechnungswesen, Asset Management, Unternehmensfinanzierung oder Risikomanagement – so fällt die Erfüllung dieser Ziele exakt in ihren Verantwortungsbereich.

Finanzvorstände verfügen also über ein großes Instrumentarium, mit dem sie effektiv zu einer nachhaltigen Unternehmensführung beitragen können. Sie besitzen geeignete Werkzeuge, um Daten zu erheben, interne Kontroll- und unterstützende Managementsysteme einzuführen oder eine lückenlose und transparente Dokumentation erstellen zu können. Sie sind es, die die entscheidenden Hebel in der Hand halten.

Instrumente zur Messbarkeit von Nachhaltigkeit


Natürlich liegt es in der Verantwortung des gesamten Managements, Nachhaltigkeitsprozesse im Unternehmen zu verankern und systematisch in interne Strukturen umzusetzen. Dennoch führt für alle Unternehmen, die es ernst mit dem Thema meinen, kein Weg an der Finanzabteilung vorbei.

Denn: Nachhaltigkeitsmanagement ist ohne Unterstützung geeigneter ökonomischer Kennziffern und Analysen nicht möglich. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Anstrengungen in wirtschaftlich schlechteren Zeiten zurückgefahren werden. Kurzum: Nachhaltigkeit, oder aber deren Abwesenheit, hat finanzielle Auswirkungen. Und es fällt in den Bereich des CFO, dies zu bewerten und Entscheidungen zu ermöglichen. Seine Einbindung ist also oftmals bares Geld wert.

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Die Vorteile von nachhaltigem Wirtschaften liegen also auf der Hand. Warum wollen viele CFOs das Thema Nachhaltigkeit dennoch oft nur mit spitzen Fingern angehen? Ein Grund könnte das Selbstverständnis sein. CFOs lieben Zahlen. „What you can’t measure, you can’t manage“ ist der Leitgedanke. Ein direkter Einfluss von nachhaltigem Handeln auf den Unternehmenserfolg kann hingegen oft nicht hinreichend gemessen werden, beziehungsweise wird er durch unzulängliche Kennzahlen erschwert. Es fehlen normierte Instrumente zur Messbarkeit von Erfolg und Wirtschaftlichkeit.

Wie kann also zukünftig das Engagement der Finanzvorstände erhöht werden? Die Antwort lautet: Investitionen. Investitionen in die Entwicklung einer nachhaltigen Investitionspolitik, in erhöhte Transparenz in den Bereichen Umwelt, Soziales sowie Unternehmensführung, in die Entwicklung neuer Tätigkeitsbereiche, Tools zur Datenerhebung und eventuell sogar in neue Geschäftsfelder.

Was es dafür braucht, sind Entscheider, die mutig sind und durch intelligentes Umsetzen von Nachhaltigkeitsmaßnahmen langfristig die Rentabilität des Unternehmens steigern ─ mithilfe von Flexibilität, Sorgfalt und Selbstreflexion.

Es geht darum, ein in sich selbst und mit der Umwelt des Unternehmens abgestimmtes Geschäftsmodell und System von Abläufen, Strukturen, Abhängigkeiten und Parametern zu entwickeln, das sich selbst trägt und das Potential zu Wachstum in einer sich entwickelnden Welt hat.

Anstelle von „Das Quartalsdenken ist der natürliche Feind der Nachhaltigkeit“ muss es also heißen: CFOs sind die Verantwortlichen für eine nachhaltige Unternehmensführung. Ausschließlich in diese Richtung sollten Finanzchefs denken und handeln.

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