„Das Quartalsdenken ist der natürliche Feind der Nachhaltigkeit“, brachte es erst kürzlich Professor Stephan Fischer, von der Hochschule Pforzheim in einem Interview auf den Punkt. Er macht eines deutlich: Management-Teams und insbesondere Finanzverantwortliche in Unternehmen leugnen viel zu häufig den Zusammenhang zwischen Nachhaltigkeit und Rentabilität oder bekämpfen ihn zuweilen sogar aktiv.
Unterstützt wird die These von der Leuphana Universität Lüneburg. Laut einer Studie nehmen die Unternehmensbereiche Controlling, Rechnungswesen und Finanzen eine im negativen Sinne „beeindruckende“ Außenseiterrolle im Nachhaltigkeitsmanagement ein. Vereinzelt werden diese Bereiche gar als hemmend eingestuft.
Über die Autorin
Sylvia Theis ist seit 2013 Mitglied der Geschäftsleitung der Reclay Group und verantwortet als Chief Financial Officer (CFO) die Bereiche Finanzen, Controlling, Personal und IT. Die Diplom-Betriebswirtin (FH) war zuvor unter anderem bei börsennotierten Unternehmen wie Honeywell (AlliedSignal) und Walt Disney sowie bei der Novell GmbH & Suse Linux Group und der Fuhrländer AG tätig.
Eine Umfrage unter 30 CFOs aus Dax-gelisteten Unternehmen hatte ähnliche Resultate: Finanzvorstände sehen die Planung, Steuerung und Kontrolle von Nachhaltigkeitsstrategien und -maßnahmen viel zu oft nicht als ihre Aufgabe an.
Dabei gewinnt das Thema immer mehr an Bedeutung. Sowohl in Deutschland als auch auf europäischer Ebene wurden bereits vor mehreren Jahren Nachhaltigkeitsstrategien verabschiedet und damit auch Unternehmen stärker in die Verantwortung genommen. Steigende Energiekosten, knapper werdende Rohstoffe oder politischer Druck zwingen Firmen darüber hinaus zunehmend, sich mit dem Thema auseinander zu setzen.
Unternehmerische Nachhaltigkeit ist nicht nur auf dem Absatz- und Personalmarkt ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor. Sie spielt auch auf dem Kapitalmarkt eine entscheidende Rolle: Mithilfe nachhaltiger Unternehmensführung werden Risiken vermindert und die wirtschaftliche Lage verbessert.
Diese Faktoren beeinflussen die Unternehmensentwicklung
Cleverer Chef, volle Auftragsbücher: Ein Fünftel von mehr als 1000 befragten Mittelständlern der GE Capital-Studie „Triebwerk des Erfolgs“ benennt die Einstellung der Führungsebene als wesentlichen Erfolgsfaktor für das eigene Unternehmen.
Nur wer weiß, wie das Angebot der Konkurrenz aussieht, kann dauerhaft eine führende Marktposition einnehmen. Das denkt immerhin jeder vierte deutsche Mittelständler. Ebenso wichtig ist für die der Umfang der Teamarbeit und die Höhe der verfügbaren Finanzmittel, zum Beispiel für Forschung und Entwicklung.
Wer in seinem Arbeitsbereich Raum für Verbesserungen sieht, soll dafür belohnt werden, wenn er sie kommuniziert. 27 Prozent der Umfrageteilnehmer will damit der eigenen Belegschaft Anreize geben, sich konstruktiv in die Firmenentwicklung einzubringen.
... Schreiben aber auch: Wer sowohl auf dem heimischen als auch auf ausländischen Märkten bestehen will, sollte es den eigenen Mitarbeitern leicht machen, Informationen untereinander auszutauschen. Ob informell im Pausenraum oder durch geeignete technische Mittel – 31 Prozent der deutschen Mittelständler betrachtet neben der allgemeinen Einstellung der Mitarbeiter den Kommunikationsfluss unter ihnen als wesentlichen Erfolgsfaktor.
Ein Drittel aller Befragten ist sich sicher, dass mobiles Arbeiten und flexible Arbeitszeiten ein Maximum an Produktivität auf Seiten der Mitarbeiter ermöglicht.
Stimmt die Betriebsstruktur, klappt's auch mit dem Wachstum. 34 Prozent der deutschen Mittelständler legt für andauernden Erfolg Wert auf eine ordentliche Managementstruktur. Ohne sie kann die Entwicklung des eigenen Unternehmens nicht positiv verlaufen, denken die Befragten.
Ein Unternehmen ist in seiner Gesamtheit nur so fähig wie seine Belegschaft, denken die befragten Mittelständler. 49 Prozent von ihnen kümmern sich deswegen adäquat um ihre Aus- und Weiterbildung und wollen sie in zwei von drei Fällen langfristig an sie binden.
Nachhaltigkeitsstrategien verfolgen also keinesfalls länger den reinen Zweck der Imageverbesserung, sondern klar definierte, monetäre Ziele wie die Minimierung finanzieller Engpässe, Kosteneinsparungen oder regulatorische Aspekte. Betrachtet man nun die primären Aufgaben von Finanzvorständen – externes Rechnungswesen, Asset Management, Unternehmensfinanzierung oder Risikomanagement – so fällt die Erfüllung dieser Ziele exakt in ihren Verantwortungsbereich.
Finanzvorstände verfügen also über ein großes Instrumentarium, mit dem sie effektiv zu einer nachhaltigen Unternehmensführung beitragen können. Sie besitzen geeignete Werkzeuge, um Daten zu erheben, interne Kontroll- und unterstützende Managementsysteme einzuführen oder eine lückenlose und transparente Dokumentation erstellen zu können. Sie sind es, die die entscheidenden Hebel in der Hand halten.
Instrumente zur Messbarkeit von Nachhaltigkeit
Natürlich liegt es in der Verantwortung des gesamten Managements, Nachhaltigkeitsprozesse im Unternehmen zu verankern und systematisch in interne Strukturen umzusetzen. Dennoch führt für alle Unternehmen, die es ernst mit dem Thema meinen, kein Weg an der Finanzabteilung vorbei.
Denn: Nachhaltigkeitsmanagement ist ohne Unterstützung geeigneter ökonomischer Kennziffern und Analysen nicht möglich. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Anstrengungen in wirtschaftlich schlechteren Zeiten zurückgefahren werden. Kurzum: Nachhaltigkeit, oder aber deren Abwesenheit, hat finanzielle Auswirkungen. Und es fällt in den Bereich des CFO, dies zu bewerten und Entscheidungen zu ermöglichen. Seine Einbindung ist also oftmals bares Geld wert.
Sechs Tipps für umweltschonende Geschäftsreisen
Flugzeug-, Auto- und Bahnverkehr belasten Klima und Umwelt. Eine gründliche Planung ist daher wichtig: Lässt sich der Auswärtstermin mit anderen Terminen in der Nähe verbinden? Wenn der Mitarbeiter mehrere Tage vor Ort ist, kann er dann am Zielort übernachten, statt mehrfach an- und abzureisen? Und wenn mehrere Kollegen reisen, können sie beispielsweise Fahrgemeinschaften bilden?
Wie klimafreundlich Mitarbeiter reisen, hängt stark von der Wahl des Verkehrsmittels ab. Die Bahn gilt im Allgemeinen als das Verkehrsmittel mit der günstigsten CO2-Bilanz im Vergleich zu Flugzeug und Auto. Häufig lassen sich Flüge nicht vermeiden, da die Reisenden ansonsten zu viel Zeit verlieren würden.
Aber auf vielen kürzeren Strecken, vor allem im Inland, ist die Bahn eine gute Alternative. Zudem sind Bahnhöfe in der Regel zentraler gelegen als Flughäfen, so dass sich unter Umständen lange Taxifahrten erübrigen.
Bei schlechten Flug- oder Bahnverbindungen weichen Geschäftsreisende gerne auf Mietwagen aus. Das ist zwar generell nicht die nachhaltigste Art zu reisen, jedoch verfügen manche Autovermieter inzwischen über eine "grüne Flotte", bieten also emissionsarme Modelle an, beispielsweise mit Hybridantrieb.
Auch Hotels haben erkannt, dass sie mit einer Öko-Strategie bei ihren Gästen punkten können. Viele werben damit, dass sie etwa ihren eigenen Strom erzeugen, Strom oder Wasser sparen, übermäßige Müllproduktion vermeiden, recycelte Materialien für ihre Ausstattung verwenden oder in ihrer Küche auf regionale Lebensmittel und Fairtrade-Produkte setzen.
Oft finden Termine in der unmittelbaren Umgebung statt. Viele Geschäftsleute wollen dann trotzdem nicht auf ihren Firmenwagen verzichten und nehmen dafür sogar die stressige Parkplatzsuche in der Stadt in Kauf. Nachhaltiger wäre es, wenn Unternehmen ihre Mitarbeiter dazu motivieren würden, auf den öffentlichen Nahverkehr oder mittlerweile weit verbreitete Carsharing-Angebote umzusteigen, oder ein Firmenfahrrad zu nutzen.
Um zu analysieren, wie klimafreundlich bislang Mitarbeiter reisen, können Unternehmen CO2-Reportings erstellen lassen. Professionelle Geschäftsreisebüros bieten diesen Service an. Auf Basis dieser Datenauswertung können die Unternehmen Ziele definieren, wie weit sie ihre Öko-Bilanz verbessern wollen, sowie konkrete Maßnahmen, um diese Ziele zu erreichen.
Die Vorteile von nachhaltigem Wirtschaften liegen also auf der Hand. Warum wollen viele CFOs das Thema Nachhaltigkeit dennoch oft nur mit spitzen Fingern angehen? Ein Grund könnte das Selbstverständnis sein. CFOs lieben Zahlen. „What you can’t measure, you can’t manage“ ist der Leitgedanke. Ein direkter Einfluss von nachhaltigem Handeln auf den Unternehmenserfolg kann hingegen oft nicht hinreichend gemessen werden, beziehungsweise wird er durch unzulängliche Kennzahlen erschwert. Es fehlen normierte Instrumente zur Messbarkeit von Erfolg und Wirtschaftlichkeit.
Wie kann also zukünftig das Engagement der Finanzvorstände erhöht werden? Die Antwort lautet: Investitionen. Investitionen in die Entwicklung einer nachhaltigen Investitionspolitik, in erhöhte Transparenz in den Bereichen Umwelt, Soziales sowie Unternehmensführung, in die Entwicklung neuer Tätigkeitsbereiche, Tools zur Datenerhebung und eventuell sogar in neue Geschäftsfelder.
Was es dafür braucht, sind Entscheider, die mutig sind und durch intelligentes Umsetzen von Nachhaltigkeitsmaßnahmen langfristig die Rentabilität des Unternehmens steigern ─ mithilfe von Flexibilität, Sorgfalt und Selbstreflexion.
Es geht darum, ein in sich selbst und mit der Umwelt des Unternehmens abgestimmtes Geschäftsmodell und System von Abläufen, Strukturen, Abhängigkeiten und Parametern zu entwickeln, das sich selbst trägt und das Potential zu Wachstum in einer sich entwickelnden Welt hat.
Anstelle von „Das Quartalsdenken ist der natürliche Feind der Nachhaltigkeit“ muss es also heißen: CFOs sind die Verantwortlichen für eine nachhaltige Unternehmensführung. Ausschließlich in diese Richtung sollten Finanzchefs denken und handeln.