Die empirischen Studien von Dalia Marin stützen Beecks Optimismus. Unternehmen, die ihre Entscheidungen weniger hierarchisch treffen, sind besser gewappnet für die Öffnung der Märkte durch die Globalisierung, so die Ökonomin.
Sie konnte nachweisen, dass dezentral organisierte Unternehmen ihre Produktqualität verbesserten und ihren Exportmarktanteil verdreifachten.
Flache Hierarchien sorgen bei den Mitarbeitern sogar für innovativere Ideen, da sie wissen, dass sie diese auch selbst umsetzen dürfen. „Wenn es den Boss nicht mehr gibt, fördert das die Kreativität“, sagt die Ökonomin. Einen ähnlichen Befund liefern die Wirtschaftswissenschaftler Michael Beckmann und Dieter Kuhn von der Universität Basel. Sie kamen in einer empirischen Studie zu dem Ergebnis, dass „Hierarchieabbau die spätere Profitabilität von Unternehmen um durchschnittlich 15 Prozent erhöht“.
Ohne Hierarchien fehlt der Zusammenhalt
Doch bei all dieser Euphorie wird der Büroalltag oft vergessen. Der Soziologe Stefan Kühl hat das schon vor knapp 20 Jahren in seinem Buch „Wenn die Affen den Zoo regieren“ beschrieben. Schafft man hierarchische Strukturen ab, droht die Organisation ihren Zusammenhalt zu verlieren. Die Mitarbeiter haben es schwerer, sich mit dem Arbeitgeber zu identifizieren. Außerdem führt der Wegfall von Hierarchien zu sogenannten Unsicherheitszonen im Unternehmen. Die Folge, so Kühl, sind Kämpfe zwischen den eigentlich gleichgestellten Mitarbeitern. Dazu kommt: Bei schwierigen Entscheidungen gibt es keinen Manager, der sagen kann: „Ich bin Chef, so machen wir’s!“ Autorität qua Hierarchie sichere dagegen überzeugend die Entscheidbarkeit von Problemen, schreibt Kühl. Und bewahrt davor, dass jeder ständig seine Position neu aushandeln und sich in internen Machtkämpfen verstricken muss. Hierarchische Organisationen sind deshalb weniger anfällig für Konflikte, und ihre Mitarbeiter können ihre Ressourcen effektiver nutzen.
So werden Sie in Ihrem Unternehmer zum Konfliktlöser
Der unternehmensinterne Konfliktmoderator sollte professionell trainiert sein. Die Lektüre von Fachtexten zum Konfliktmanagement kann hilfreiche Impulse liefern. Sie kann aber eine professionelle Qualifikation nicht ersetzen. Als Konfliktmoderator ist es entscheidend, auch die psychischen Prozesse des Konfliktes zu erkennen und zu berücksichtigen. Wer das nicht kann, muss sich entweder weiterbilden oder einen externen Experten beauftragen.
Quelle: Institut für Konfliktmanagement und Führungskommunikation (www.ikuf.de).
Der Vorteil eines unternehmensexternen Konfliktmoderators ist, dass dieser in den meisten Fällen ein größeres, fachspezifisches Know-how hat und in der Begleitung von Konfliktmoderationsprozessen geübter ist. Außerdem wird eine externe Person eher als überparteilich wahrgenommen – und nicht als „verlängerter Arm“ der Geschäftsführung. Dies ist unter anderem bei der Moderation von Konflikten zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern relevant.
Es ist wichtig, wie der Anlass einer Konfliktmoderation kommuniziert wird – insbesondere wenn die Mitwirkung der Streitenden nicht freiwillig ist. Stellen Sie keine Problembeschreibungen in den Vordergrund, sondern positive Ziele des Konfliktmoderationsprozesses, für deren Erreichen sich Mitmachen und auch Anstrengungen lohnen.
Setzen Sie sich in Ihrem Unternehmen für eine konstruktive Fehler-Kultur ein, die Fehler nicht als Schuldfrage behandelt, sondern als Möglichkeit zur Weiterentwicklung. Sie verhindern dadurch, dass Konflikte von Führungskräften „unter den Teppich gekehrt werden“ und die Illusion eines konfliktfreien Unternehmens entsteht.
Wenn Führungskräfte ihren Mitarbeitern Rückmeldungen über deren Leistungen geben, sind dies Situationen, die leicht zu Konflikten führen können. Bilden Sie Ihre Führungskräfte in der Feedback-Kommunikation fort, damit diese konfliktvorbeugend und auch deeskalierend handeln können.
Eine ähnliche Erfahrung hat auch die Politikwissenschaftlerin Jo Freeman gemacht, die in einem viel beachteten Essay den Abbau von Hierarchien als „Tyrannei der Strukturlosigkeit“ bezeichnete. Sie schrieb ihre Abhandlung, nachdem sie einige Zeit in einer vermeintlich hierarchiefreien Gruppe der amerikanischen Frauenbewegung gelebt hatte. Doch ohne Häuptling entstand ein Machtvakuum, das wiederum Schattenstrukturen gedeihen ließ, die nicht sichtbar und deshalb auch nicht kontrollierbar waren. Epages-Gründer Beeck ist weiterhin von seinem System überzeugt. Wichtig sei, dass die Mitarbeiter ein genaues Bild davon haben, wie die langfristigen Ziele des Unternehmens aussehen. Bei ihm gibt es die Vision praktisch zum Einstellungsgespräch mit dazu. Denn nur wer das große Ganze versteht, kann sein Handeln daran ausrichten.
Die großen Karriere-Irrtümer
Viele ambitionierte Menschen verlassen sich auf logisch erscheinende Theorien, die nur auf Erfahrungen Einzelner basieren. Natürlich gibt es auch nützliches Erfahrungswissen, aber ohne psychologische Reflexion und systematische Aufbereitung bleibt es Einzelwissen.
Beim Mentoren-Prinzip fördern erfolgreiche Top-Manager ihre jüngeren, unerfahrenen Kollegen. Der Mentor will dem Mentee nach bestem Wissen und Gewissen sagen, „wo es lang geht“. Ist der Mentor gut, schrumpft das Wissensgefälle nach kurzer Zeit – und damit auch die Wichtigkeit des Mentors. Dieser wird dann oft wütend und eifersüchtig und ist versucht, die Karriere seines Schützlings zu hemmen.
Es ist eine verbreitete, aber falsche Annahme, dass Chefs offene und konstruktive Kritik benötigen, um besser zu werden. Denn diese wirkt sich oft desaströs auf die Karriere des Kritisierenden aus. Zumindest unbewusst will sich kein Chef Kritik anhören, schon gar nicht in seiner Position.
Es ist die Haltung des Gebens, die zum Erfolg und damit zur Karriere führt. Auch als unerfahrener Mitarbeiter kann man seinem Mentor etwas „geben“. Anstatt eine Beziehung zu seinem Mentor anzustreben, in der man nur selbst profitieren will, macht man seinem Vorbild Komplimente, zeigt seine Bewunderung und bittet um Rat und Hilfe.
Man muss nicht unbedingt mehr im Unternehmen arbeiten, wenn man höherwertige Positionen im Unternehmen erreicht. Top-Manager müssen vor allem die Verbindung zwischen der eigenen beruflichen und privaten Person intensivieren und als Persönlichkeit auf das Unternehmen wirken und dieses repräsentieren.
Karrieren hängen nicht von einzelnen Situationen ab, sondern entwickeln sich über einen langen Zeitraum. Bei Entscheidungen unter Zeitdruck ist es unerlässlich, innezuhalten. Je länger sie pausieren, ohne nachzudenken, umso unwahrscheinlicher ist eine Fehlentscheidung.
Talent ist zu vernachlässigen, wenn alle anderen Dimensionen für eine Karriere – wie das Streben nach höchstem Können und eine stabile Psyche – stimmen.
Die individuelle Karriere folgt keiner Normalverteilung. Für sie gibt es keine berechenbare Wahrscheinlichkeit. Die realen Einflussgrößen sind Widerstände und Krisen, die zu bestehen sind und an denen man wachsen kann.
Wer das System Karriere nicht durchschaut, hält die Erfolge seiner Karriere für Zufall. Es ist jedoch nicht Glück, sondern der autonomer Wille der Ambition – also harte Arbeit unter der Regie seiner Ziele.
Auch das eingangs erwähnte Beispiel der abwanderungsfreudigen Mitarbeiter sieht Wilfried Beeck als einen Nachteil, den er gerne in Kauf nimmt. Indem er seinen Angestellten andere Möglichkeiten des Fortkommens aufzeigt, will er sie zum Bleiben motivieren. Der Ökonom Jin Li von der Kellogg School of Management der amerikanischen Northwestern-Universität hat in einer Studie verschiedene Motivationsinstrumente untersucht. Sein Fazit: Eine Beförderung ist zwar die billigste Variante, aber nicht die einzige. Andere Möglichkeiten sind etwa Aktienoptionen und Gewinnbeteiligungen.
Jason Fried, Autor und Gründer des IT-Unternehmens Basecamp, schrieb in einem Blog-Beitrag, Angestellte in einer flachen Hierarchie bräuchten „horizontale Ambition“. „Wir versuchen, meisterliche Handwerker anzuheuern, also Designer, die großartige Designer sein wollen und nicht großartige Manager“, so Fried. Statt mit einem neuen Titel belohne man gute Arbeit mit überdurchschnittlichen Gehältern, einer Vier-Tage-Woche und so viel Urlaub, wie man will. Wem das nicht reicht, der wird in einer flachen Organisation nicht glücklich. Auch das hat Wilfried Beeck schon erlebt. „Wer nicht damit klarkommt, seinen Status zu verlieren“, sagt Beeck, „der ist in einem hierarchischeren Unternehmen sicher besser aufgehoben.“