Verrückte Manager Warum Chefs größenwahnsinnig sein müssen

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Die richtige Menge Wahnsinn

Das trifft auch auf Vordenker Elon Musk zu: Von seinen Angestellten erwartet er die gleiche Hingabe und Leistungsbereitschaft wie von sich selbst. Bei Space X, Tesla und SolarCity gilt die Musksche Maxime: Elons Weg, Elons Regeln. Wer sie nicht befolgt, muss gehen. Als bei Tesla die Produktion stockte, kündigte er seinen Mitarbeitern an, dass sie samstags und sonntags arbeiten und unter den Schreibtischen schlafen würden, bis alles erledigt sei.

Zeit mit Freunden und Familie könnten die Angestellten verbringen, wenn das Unternehmen pleite sei.

Langjährige Weggefährten werden gefeuert

Musks Glaube, er wisse am besten, wie Dinge zu erledigen sind, macht vor niemandem halt. Sein Biograf Ashlee Vance schildert eindrucksvoll, wie Musk seine langjährige Assistentin und engste Vertraute Mary Beth Brown entließ. Sie hatte mehr als ein Jahrzehnt ihr Leben für ihn zurückgestellt und arbeitete stets an seiner Seite - auch nachts. Nachdem sie ihn um eine Gehaltserhöhung bat, schickte er sie für ein paar Tage in den Urlaub. Als sie zurück kam, sagte er ihr, dass er ihre Arbeit übernommen und dabei festgestellt habe, dass er ihren Job besser macht als sie.

Die Elon-Musk-Biografie

Hier lässt nicht nur der Größenwahn, sondern auch der Psychopath grüßen. Jedoch gibt der Erfolg ihm Recht: Musk ist ein Ausnahme-Unternehmer, der das Unmögliche möglich macht. Mit Bescheidenheit bringt man es nicht soweit. Für Psychologe Frey ist klar, dass man sich sehr hohe Ziele setzen und eine "Duftnote" setzen muss, durch die man sich von anderen unterscheidet. Ob man dabei die eigenen Mitarbeiter schlecht behandelt, ist scheinbar eine Typfrage.

Jedenfalls zeigt auch die Untersuchung von Hare mit seinem Kollegen Paul Babiak, dass Psychopathen in der Chefetage Erfolg haben. Diejenigen, die am verhaltensauffälligsten waren, galten in der Leistungsbewertung als hervorragende Strategen und Innovatoren.

„Der Punkt ist: Es muss nicht so sein“, sagt Frey. „Oft ist die Vision ja da, aber man verliert auf Dauer an Glaubwürdigkeit, wenn die Ziele absolut nicht erreicht werden, und vor allem wenn kein realistisches Maßnahmenprogramm „nachgeliefert“ wird, wie es erreicht werden soll. Dann wird der Narzisst mit seinen „tollen“ Visionen plötzlich nicht mehr ernst genommen.“

Größenwahn kann in die Irre führen

Dieses Schicksal hätte Amazon-Cheff Jeff Bezos blühen können. Denn ihn hat seine Form des Größenwahns durchaus schon auf die falschen Pfade geführt. Das Prestige-Projekt FirePhone setzte Amazon auch in den Sand, weil sich der Chef für unfehlbar hielt. Bevor das erste Smartphone aus dem Hause Amazon im Sommer 2014 auf den Markt kam, hatten Branchenbeobachter ein günstiges Gerät erwartet.

Eines das vielleicht zum Null-Tarif verkauft wird, und mit dem sich Amazon endgültig im Alltagsleben der Kunden einnisten kann. Stattdessen schuf Jeff Bezos ein Monster mit allerlei Schickschnack, einer 3D-Funktion bei der manche Nutzer seekrank wurden, und bot es zu iPhone-Preisen an. Das FirePhone floppte katastrophal. Mittlerweile verramscht der Konzern das Gerät für einen Dollar. Haben will es trotzdem kaum jemand. Das FirePhone ist ein Millionengrab.

Aufstieg mit Schattenseiten: Wie funktioniert Amazon?

Das Fiasko war früh absehbar, sagen viele bei Amazon. Entwickelt wurde offenbar von Beginn an nicht, was den Kunden interessiert, sondern was der Chef wollte. Und der interessierte sich vor allem dafür, mit seinem Unternehmen endlich cool wie Apple zu werden. 

Bezos glaubte, die 3D-Funktion sei das geeignete Mittel. Alle anderen hielten das Feature für unsinnig - und sagten das auch; mal mehr, mal weniger deutlich. Ausreden ließ sich der Amazon-Boss seine Idee aber nicht. „Because Jeff wants it“, wurde zum geflügelten Spruch unter den FirePhone-Entwicklern. Quatsch machen, weil Jeff es will.

Vita: Jeff Bezos

Für Kritiker ist der FirePhone-Fehlschlag kein Ausrutscher. Amazon fährt regelmäßig Verluste ein, obwohl der Konzern von Umsatzrekord zu Umsatzrekord eilt. Einzig, weil Jeff Bezos Amazon gegen den Willen vieler Anteilseigner und Berater auf Expansion und Experimente statt auf solides Wirtschaften setzt.

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