Ratgeber Kommunikation leicht gemacht

Man kann nicht nicht kommunizieren, wusste schon der Philosoph Paul Watzlawick. Selbst wenn wir schweigen, reden wir - entweder durch unseren Körper oder eben durch den Abbruch der Kommunikation. Sämtliche Empfindungen oder Wünsche drückt unser Körper direkt aus - ob wir wollen oder nicht. Und beides hat eine Wirkung auf unser Gegenüber.

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Die Basis der Kommunikation

Die klassische Form der Kommunikation: der Dialog

Wer zum Beispiel größer wirken möchte als er ist, wippt gerne auf den Zehen. Auf versteckten Ehrgeiz wiederum deutet, wer den hinteren Fuß vor dem nächsten Schritt energisch abdrückt, um dem Körper einen entscheidenden Stoß nach vorne zu geben. Im Sitzen dagegen sprechen die Beine Bände. Locker übereinander geschlagen können sie eine reservierte Haltung anzeigen, wenn das oben aufliegende Bein eine Art Schutzwall zum Gegenüber bildet. Der offene, legere Sitz zeigt dafür Vertraulichkeit. Es sei denn, ein Bein ragt nach vorne. Das markiert den Anspruch auf ein größeres Territorium. Schlangenartig verknotete Beine wiederum signalisieren Nervosität und Unbeweglichkeit.

Auch die Arme verraten uns. Menschen, die sich während eines Gesprächs in die Enge getrieben fühlen, versuchen damit ihren Körper zu schützen, indem sie die Arme davor verschränken. Lehnt sich jemand hingegen während eines Disputs zurück, verschränkt dabei die Hände hinter dem Kopf und zeigt mit den Ellbogen nach außen, so macht er damit klar: Die Sache ist für mich gelaufen, das geht mich nicht mehr an. So jemand hat alles gesagt, geht nun in Deckung und schützt seine Position.

Nun hat das noch nicht viel mit Benimmfragen zu tun. Es zeigt aber, dass selbst scheinbar harmlose Gesten und Verhaltensweisen beim anderen negativ ankommen, vielleicht sogar einen Disput auslösen können. Das gilt umso mehr für jene Kommunikationsformen, in denen ein Sprachkanal – etwa die Körpersprache – ausgeblendet ist. Also am Telefon oder im Internet…

Telefon-Manieren

Das Telefon wird in Benimmfragen gerne vergessen, ist aber de facto noch Kommunikationsmedium Nummer eins – und obendrein eines der wichtigsten Aushängeschilder von Mitarbeitern und Unternehmen. Die Grundregeln: Wer anruft, grüßt und stellt sich selbstverständlich zuerst vor; wer angerufen wird, meldet sich mit Nachnamen oder mit Vor- und Nachnamen, nicht aber in der dritten Person mit Herr oder Frau („Hier ist Frau Mustermann…“).

Bewährt hat sich die Grußformel: Begrüßung, Firma, Name. Der Anrufer hat so etwas Zeit, um sich auf Ihre Stimme einzustellen und merkt gleich, ob er richtig verbunden ist.

Es kommt allerdings auch schon mal vor, dass man von einem Wüterich angerufen wird, der gleich mit übelsten Beschimpfungen loslegt und sich anschließend noch mehr in Rage redet. In diesem Fall gilt: stets souverän und ruhig bleiben und versuchen, den Streit zu deeskalieren. Also nicht: „Sie vergreifen sich im Ton! Wenn Sie nicht aufhören, lege ich sofort auf.“ Das wäre zwar gerechtfertigt, ist aber allenfalls der letzte Schritt. Besser sie sagen: „Sie werden gerade persönlich. Ich gehe davon aus, dass das nicht Ihre Absicht war. Worum geht es denn genau?“ Wer dabei noch seine Stimme im Zaum hält, langsam und entspannt weiterspricht, bekommt einen Diplomatiepreis.

Noch mehr Fauxpas passieren allerdings heute mit dem Mobiltelefon: Brüllend laute, obszöne und pseudo-witzige Klingeltöne manövrieren jeden Angerufenen sofort ins Aus. Deutlich diskreter ist der Vibrationsalarm. Und wer schon an öffentlichen Orten, etwa in der Bahn oder im Restaurant telefonieren muss, spricht leise und nennt keine Namen – man weiß nie, wer mithört. Das Flirten mit dem Partner oder der Austausch von Banalitäten („Soll ich nachher noch Brot mitbringen, Schatzimausi?“) verbieten sich ohnehin in Anwesenheit von Dritten.

Wer hingegen jemanden zufällig im Auto anruft (das kann man hören), fragt wenigstens, ob es gerade passt – oder erkundigt sich nach einem Alternativtermin. Der andere muss schließlich ein Auto lenken. Und falls Sie sich mit jemandem treffen – etwa in einem Café oder Restaurant –, hat das Handy nichts auf dem Tisch verloren! Das signalisiert: Du bist mir weniger wichtig als ein möglicher Anruf. Frechheit! Deutlich gastfreundlicher wirkt, wer das Mobiltelefon beim Erscheinen des anderen sichtbar ausschaltet oder wenigstens weglegt.

Etikette im Internet

Email und Laptop Quelle: Foto: svair / aboutpixel.de

Das World Wide Web ist kein stilloser Raum. Auch wenn der Begriff inzwischen antiquiert ist: Hier gilt so etwas wie eine Netikette.

Beispiel E-Mails: Sie sind wie ein handschriftlicher Brief zu behandeln – mit korrekter Anrede, Schlussformel, richtiger Rechtschreibung und Grammatik. Jedenfalls im Business. Nicht anders als bei gedruckten Schriftstücken zählt auch hier die Devise: Fasse dich kurz, sei präzise und bleibe höflich! Allerdings ist das Netz ein schnelles Medium. Damit gerät manches schnell in den falschen Hals. Denn anders als bei der verbalen Kommunikation fehlt hier der Tonfall einer Formulierung. Mit einer E-Mail kommt weniger Information beim Empfänger an als per Telefon oder unter vier Augen. Ironie oder auch scherzhaft Gemeintes wird so fast nie erkannt. Verzichten Sie deshalb darauf.

Wissenschaftliche Studien zeigen nämlich, dass Menschen dazu neigen, Fehlverhalten anderer genauso zu quittieren. In einem persönlichen Gespräch lässt sich das lenken, Gesagtes kann sofort korrigiert oder ergänzt werden, wenn man merkt, dass die Nachricht anders ankommt als beabsichtigt. Bei E-Mails ist das unmöglich. Schlimmer noch: Da der Empfänger zum Zeitpunkt des Empfangs meist in seinem Mikrokosmos Büro hockt, wird seine Reaktion von seinem Umfeld und nicht von Ihren Worten beeinflusst. Wer gerade Ärger mit dem Chef, dem Partner oder seinem Laptop hatte, lässt dem Frust dann gerne in einer E-Retourkutsche freien Lauf – der Beginn einer Vendetta.

Und noch etwas: Ein normales Gespräch wird in der Regel mit Smalltalk (siehe unten) eingeleitet und so eine gute Atmosphäre hergestellt. Das anfängliche Wie-geht’s-den-Kindern-Ritual gibt es online zwar auch – nur verpufft seine Wirkung, weil sich E-Mail-Konversationen häufig über Stunden oder sogar Tage hinziehen. Dafür werden emotionale Signale zuweilen mittels scheinbar bedeutungslosen Füllwörtern oder Satzzeichen transportiert.

Beispiel: Die Frage Weiß jemand, wo Kollege Müller ist? heißt etwas völlig anderes als die mit drei Fragezeichen versehene Variante Weiß jemand, wo Kollege Müller ist???. Sogenannte Emoticons können diesen Botschaftsmangel zwar etwas beheben – im Geschäftsverkehr wirken sie aber meist albern und entlarven nur die Hilflosigkeit des Autors bei der Suche nach dem treffenden Wort (wie in die Luft gemalte An- und Abführungszeichen während eines Vortrags übrigens auch).

Neun Tipps kompakt für besseres E-Mailen

Schreiben Sie so, als wenn Ihnen der Empfänger über die Schulter schauen würde. Könnten Sie ihm dasselbe auch ins Gesicht sagen? Falls nicht: Formulieren Sie um! Beantworten Sie Mails mindestens in der gleichen Form, mit der sie geschrieben wurden: Beginnt Sie mit der Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren“, antworten Sie nicht mit „Hi!“ Übermitteln Sie schlechte Nachrichten möglichst nicht virtuell, sondern persönlich. Das gilt noch mehr für Chefs: Der Respekt vor den Mitarbeitern gebietet, die Botschaft von Budgetkürzungen oder Entlassungen im Vier-Augen-Gespräch zu überbringen. Überladen Sie Ihre Mails nie mit einer Aneinanderreihung von Argumenten. Argumentieren Sie stattdessen Schritt für Schritt, Mail für Mail – auf diese Weise verhindern Sie, dass sich der andere überrollt fühlt und sich Missverständnisse anhäufen. Verzichten Sie darauf, Mails in Kopie ungefragt an Dritte weiterzuleiten. Vor allem nicht, wenn Sie so ein Publikum für Ihren Disput suchen. Wer auf diese Weise in die Kampfarena gezerrt wird, fühlt sich zurecht genötigt. Ähnliches gilt auch für die Blindcopy-Funktion, mit der eine Mail unbemerkt weitergeleitet wird. Ein feiger Heckenschützen-Angriff.

6. Und selbst wenn Sie mal persönlich angegriffen werden: Schießen Sie nicht zurück. Beleidigungen und Beschimpfungen können ein juristisches Nachspiel haben. Und alles, was Sie schreiben, ist spätestens mit dem Versand der Mail dokumentiert.

7. Bevor Sie eine wütende Mail abschicken, schlafen Sie eine Nacht drüber. Wenn die Zeit drängt: Zeigen Sie die E-Mail wenigstens einem Vertrauten und bitten Sie um Rat, wie er das beurteilt.

8. Vergessen Sie nie, dass der Empfänger Ihre Mimik nicht sieht und Ihren Tonfall nicht hört. Vorsicht daher beim Einsatz von Humor und Ironie. Vermeiden Sie alles, was vom Empfänger als aggressiv, misstrauisch oder herabwürdigend gewertet werden könnte. Schon eine E-Mail, die ausschließlich in Kleinbuchstaben verfasst ist, kann vom Empfänger als Zeichen der Geringschätzung gewertet werden. Vermeiden Sie umgekehrt aber auch die Schreibweise in Versalien: Das wirkt aggressiv oder bedeutet, dass Sie schreien. Und erinnern Sie Ihren Konversationspartner ab und zu an persönliche Beziehungen und an Erlebnisse, die Sie beide verbinden. Sie sprechen schließlich zu einem Menschen – nicht zu einer Maschine.

9. Und falls der Konflikt wirklich einmal eskaliert, verzichten Sie besser auf eine weitere Mail und greifen Sie besser zum Telefonhörer oder suchen Sie das Vier-Augen-Gespräch!

Auch für die Kommunikation in Zeiten von Web 2.0 haben sich inzwischen einige Regeln etabliert. So werden etwa unterstellende Interpretationen, Verkürzungen oder gar Suggestivfragen in Blog-Kommentaren gar nicht geschätzt. Ebenso gilt es als grob unhöflich, andere Kommentatoren unverhältnismäßig anzugreifen. Diskussionen sind erlaubt, teilweise werden sie sogar provoziert, aber unter ein gewisses Niveau sollten der Disput nie fallen. Der andere hat Ihnen doch nichts getan, nur eine andere Meinung.

Verpönt sind allerdings auch Kommentare, die genauso viel Esprit haben wie ein Topf Mehl. Also: „Toller Text.“ Oder: „Sehe ich genauso.“ Erst recht, falls diese nur dazu dienen, einen Link zur eigenen Webseite zu setzen. Genauso schlimm: Ein Kommentator, der den Beitrag offenbar gar nicht gelesen hat oder Werbung für seine eigene Genialität macht. Mindestens grenzwertig.

Die Kunst des Smalltalks

Smalltalk ist, anders als der Begriff suggeriert, eine hohe Kunst. Vor allem international ist das lockere Parlieren Geschäftsgrundlage. Wer sich so unverbindlich austauscht, lernt sich kennen, betont Gemeinsamkeiten, schafft eine gute Atmosphäre. Damals bei Hofe pflegte der Adel die Kunst der Konversation, des unangestrengten, eleganten Geplauders – der Sprezzatura. Es war die Kunst, eine interessante Geschichte zu erzählen, sie mit ein wenig Geist zu garnieren und als Amuse-Gueule darzubieten. Heute heißt das Smalltalk und ist alles andere als ein Privileg der oberen Zehntausend. Nur eins ist geblieben: Er ist noch immer ein Erfolgsschlüssel.

Die meisten Menschen fürchten sich vor einer Blamage, wenn sie auf Unbekannte zugehen und diese in ein Gespräch verwickeln sollen. Heraus kommt allenfalls: „Schönes Wetter heute.“ Das ist zwar besser als stummes Abwarten, aber, nun ja, bedauerlich banal. Oder wie Oscar Wilde sagte: „Wann immer jemand mit mir über das Wetter spricht, denke ich stets, er meint etwas anderes.“

Konversation soll interessant sein, nicht langweilen. Als Einstiegshilfen eignen sich Themen, die man mit dem Gesprächspartner gemeinsam hat: den Anlass einer Einladung, die Beziehung zum Gastgeber, das Ambiente, das Essen. Gute Themen sind solche, die gerade durch die Medien geistern – neue Trends, Kunst, Kultur, Kino. Auch das wohl dosierte Kompliment taugt als Türöffner.

Tabu sind dagegen Themen, die polarisieren: Politik, Religion aber auch die eigenen Moralvorstellungen oder Privates. Wer sich damit schwer tut, kann zumindest offene Fragen stellen (Was hat Ihnen am Vortrag gefallen?). Der Angesprochene hat so die Chance, seine Geschichte zu erzählen. Das stimmt ihn positiv, denn wir alle, das haben Studien ergeben, erinnern uns besonders gerne an ein Gespräch, wenn wir die meiste Zeit selbst geplaudert haben.

Dennoch gilt: Nie etwas von seinem Gegenüber erwarten! Eine solche Haltung wird unbewusst wahrgenommen und wirkt aufdringlich. Dasselbe passiert, wenn man dem inneren Zwang erliegt, jedem beweisen zu müssen, wie kommunikativ man ist. Smalltalk dient weder der Kontakt- noch der Jobanbahnung, sondern ähnelt in seinem Wesen allein guter Bildung: Sie führt zu Charme und Charisma, zu Witz und Esprit, ist aber völlig zweckfrei.

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