Schüleraustausch in der Grundschule Mit acht Jahren zum Auslandsjahr

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Die Sprache so schnell wie möglich lernen

Die Länder mit den glücklichsten Schülern
Blick auf die isländische Hauptstadt Reykjavik Quelle: dpa
KasachstanDas zentralasiatische Steppenland steht nicht gerade für ein leistungsfähiges Schulsystem. Bei der Lesekompetenz schneiden die 15-jährigen Kasachen miserabel schlecht ab, untertroffen nur von Katar und Peru.  Doch sie sind umso glücklicher in ihren Schulen. Quelle: REUTERS
Eine Schülerin tanzt auf einer Parade am Independence Day in San Jose Quelle: REUTERS
Eine Frau schwenkt die Nationalflagge Mexikos Quelle: dapd
Schüler in Malaysia Quelle: dpa
Schüler in Kolumbien Quelle: dpa
Schüler in Thailand Quelle: dpa

Nach Aussage der Diplom-Psychologin könne es für ein junges Kind schwierig werden, wenn es sich für einen längeren Zeitraum räumlich von den Eltern entfernt. „Vor allem, wenn der Kontakt nicht mehr so intensiv gepflegt wird.“ Kinder im Grundschulalter bräuchten eigentlich noch den Schutz und die Geborgenheit der Familie. Auch wenn sie mit acht Jahren bereits anfangen, autonom und unabhängig sein zu wollen, sei eine Rückversicherung wichtig. „Sobald es für Kinder also schwierig wird, holen sie sich unter normalen Umständen die Unterstützung bei den Eltern“, erklärt die Psychologin. Das Gefühl, immer eine verlässliche Bindungsperson im Hintergrund zu haben, erleichtere den Loslösungsprozess und sei eine ganz elementare Erfahrung, um das unabhängig werden zu lernen.

Die wöchentlichen Telefonate waren für Lorn die einzigen Anknüpfungspunkte nach Hause. Rantje Meierkord, Lorns Mutter, erinnert sich noch daran, wie schwer diese Telefonate für die ganze Familie waren. „Lorn konnte nach einer gewissen Zeit gar kein Deutsch mehr“, erinnert sie sich. Daher habe sie sich immer mit ihm auf Französisch unterhalten. „Aber auch diese Unterhaltung fiel manchmal sehr wortkarg aus“, meint Meierkord. „Ich konnte aber trotzdem an der Stimme erkennen, dass es Lorn gut ging.“ Heimweh sei ihrer Meinung nach nur in den ersten Tagen ein Thema gewesen.

Dass Lorn und sein Gastbruder Elian manchmal Streit hatten, darüber sprach der Junge nicht mit seiner Mutter. „Vielmehr sollen die Eltern sich auf positive Fragen konzentrieren“, so Annette Handke-Vesely vom Verein Allef. Ansonsten wird bei den Telefonaten, die bewusst auf 20 Minuten beschränkt werden, viel zu schnell Heimweh geschürt. So oder so sei der Auslandsaustausch sehr strukturiert, damit die Kinder die Sprache so schnell wie möglich lernen und so wenig wie möglich von Einflüssen aus der Heimat abgelenkt werden. Bücher oder Filme auf Deutsch seien deswegen auch verboten.  Auch Fotos von der Familie sollen nicht unbedingt mitgenommen werden. „Wir wollen damit vorbeugen, dass die Kinder sich in der neuen Familie nicht richtig integrieren“ , so Handke-Vesely.

Lorn hat sich an die Gewohnheiten seiner neuen Familie auf Zeit angepasst, so gut es ging. Obwohl es in Frankreich viel strenger zugegangen sei. Keine Süßigkeiten, immer nur Wasser anstatt Saft. „Morgens habe ich mich manchmal sehr alleine gefühlt, weil noch niemand wach war“, sagt er. „Bei mir zu Hause ist bereits um 6 Uhr sehr viel Trubel und ich habe immer jemanden zum Spielen“, erzählt der Junge.  Abgesehen davon, dass Lorn seine „Hasen, Hund, Katzen, Geschwister und Eltern“ sehr vermisst habe, ging es ihm nach einem Monat in Frankreich eigentlich „ganz gut“, und er konnte sich auch schon langsam auf Französisch unterhalten. Lorn erinnert sich, wie er mit seinen französischen Freunden Buden im Wald baute. „Am besten war aber der Baum im Garten, auf den ich immer kletterte, wenn ich meine Ruhe haben wollte oder keine Lust auf Computer-Spielen mit der Gastfamilie hatte“, schwärmt der Blondschopf, der etwas an Astrid Lindgrens Romanfigur Michel aus Lönneberga erinnert.  Das bisschen Heimweh habe sich für Lorn, der nun in die fünfte Klasse einer Gesamtschule geht, also gelohnt. Bei dem Satz „Durch mein halbes Jahr in Frankreich habe ich nun einen Vorteil gegenüber meinen Mitschülern“,  scheint verwunderlich, dass hier gerade ein Neunjähriger spricht.

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