Selbstvermarktung Die Erfolgsgeschichte eines Bestsellerautors

Seite 3/3

FourHour Workweek screenshot

Bevor er mit dem Schreiben begann, hatte er ohne Zögern verschiedene amerikanische Bestsellerautoren kontaktiert und dreist um Ratschläge für sein Buch gebeten. Eine seiner Fragen: „Was war für Sie die größte Zeit- und Geldverschwendung?“ So stand schnell fest: Für seine eigene Werbung würde er weder Lesungen noch Autogrammstunden abhalten. -Dafür setzte Ferriss umso mehr auf die Vermarktung via Blogs.

Dort tummeln sich oft die sogenannten Early Adopters, technikaffine Blogger, für die es normal ist, Trends früh zu erspüren und zu verbreiten – sowie jeden Tag mehrere Stunden im Internet zu verbringen und ihr Handy nur selten aus der Hand zu legen. Die ideale Zielgruppe für sein Buchthema – Entschleunigung, Entspannung und Priorisierung.

Natürlich entbehrt es nicht einer gewissen Komik, den Titel ausgerechnet in der Szene zu bewerben, die es gewohnt ist, ständig online zu sein – und dann auch noch mit der Botschaft: Sei nicht ständig online!

Ferriss sieht das jedoch nüchtern: „Wenn ich einen Alkoholiker suche, gehe ich in eine Bar. Das heißt aber nicht, dass ich dort mittrinke.“

Geschichten begeistern

Hinter jedem Erfolg steckt immer auch eine gute Geschichte. Ferriss wusste, dass er den Bloggern mehr bieten musste als den Inhalt seines Buchs. Also verknüpfte er die PR mit Anekdoten aus seinem Leben. Zum Beispiel die Kickboxmeisterschaft.

Man findet kaum einen Beitrag über ihn, in dem nicht sein Sieg der chinesischen Meisterschaft im Kickboxen bewundert wird – allerdings wird nur selten die ganze Geschichte erzählt: Ferriss gewann, weil er die Regeln genau durchgelesen und zwei Schlupflöcher entdeckt hatte.

Zum einen wusste er, dass das offizielle Wiegen vor dem Wettkampftag stattfand. Mit speziellen Dehydrationstechniken nahm er in nur 18 Stunden etwa 15 Kilo ab und kam beim Wiegen auf 75 Kilogramm. Im Anschluss hyperdrierte er zurück auf fast 90 Kilo – ein erheblicher Vorteil für das, was er vorhatte.

Denn zweitens war ihm eine Formalität im Kleingedruckten aufgefallen: Fiel einer der Kämpfer in einer Runde drei Mal aus dem Ring, wurde er disqualifiziert. Ferriss verlegte sich also darauf, seine schmächtigeren Gegner aus dem Ring zu schubsen – mit dem Resultat, dass er sämtliche Kämpfe durch technischen K.o. gewann.

Bescheidenheit würde nur unnötig ablenken

Natürlich polarisiert Ferriss mit seiner Selbstvermarktungsstrategie. Dafür reicht ein Anruf bei Penelope Trunk. Die Amerikanerin, ebenfalls bekannte Bloggerin und Autorin, ist eine seiner bekennenden Gegnerinnen.

Trunk stört sich vor allem an Ferriss’ Heuchelei. Einerseits wolle er den Leser dazu bringen, so wenige Stunden wie nötig zu arbeiten – andererseits sei er selbst der härteste Arbeiter, den sie kenne: „In der Woche, in der Tim nur vier Stunden arbeitet, wird es in der Hölle eiskalt sein“, spottet Trunk.

Früher hätten Ferriss solche Sticheleien vielleicht geärgert, heute lächelt er darüber. Sein Unternehmen für Nahrungsergänzungsmittel hat er Anfang 2009 an eine private Beteiligungsgesellschaft verkauft, über den Preis schweigt er sich aus. Er deutet lediglich an, dass er ausgesorgt habe – auch ohne den Erlös der 4-Stunden-Woche.

Sein Geld investiert er inzwischen umso mehr in Internet-Konzerne und Start-ups. Nach Angaben der US-Datenbank „Crunchbase“ beteiligte er sich im Jahr 2008 gemeinsam mit fünf Partnern und insgesamt 15 Millionen Dollar an Twitter.

Überdies fand er Zeit, ein zweites Buch zu schreiben, das im September erscheinen soll: Im „4-Stunden-Körper“ wird es um Muskelaufbau und Gewichtsabbau gehen. Sein altes Thema, nur hübsch neu verpackt. Der vielleicht älteste Marketingtrick.

Der Espresso in Paris ist inzwischen aufgetrunken. Ferriss wird unruhig, in Kürze beginnt sein Vortrag. Da er mit dem Veranstalter der Konferenz befreundet ist, nimmt er nicht wie sonst üblich ein fünfstelliges Honorar.

Bescheidenheit würde da nur unnötig ablenken. Sein Thema in Paris lautet: „Wie man ein weltweites Phänomen erschafft.“

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%