Talent Das Geheimnis der Überflieger

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Schüler einer Bremer Schule Quelle: AP

Zuvor analysierte Duckworth anhand standardisierter Fragebögen, wie viel Biss die Kinder im Alter von 7 bis 15 Jahren bereits hatten. Außerdem absolvierten die Schüler einen Intelligenztest. Als Duckworth anschließend die Ergebnisse des Buchstabierwettbewerbs auswertete, bemerkte sie: Biss war für den Erfolg weitaus wichtiger als der Intelligenzquotient. Kinder mit Durchhaltevermögen übten nicht nur länger – sie schnitten auch besser ab.

Duckworths Erkenntnisse basieren auf einem der bekanntesten Psychologie-Experimente überhaupt. Im Jahr 1968 stellte der Amerikaner Walter Mischel Kinder im Alter zwischen vier und sechs vor eine schwierige Entscheidung: Entweder konnten sie sofort einen Marshmallow geschenkt haben – oder nach einer Wartezeit von 15 Minuten einen zweiten bekommen. Einige meisterten die Herausforderung, andere nicht.

Zehn Jahre später besuchte Mischel die Teilnehmer noch einmal. Dabei stellte er fest: Der Test hatte gewissermaßen die Zukunft vorhergesagt. Kinder, die damals den Marshmallow sofort essen wollten, waren tendenziell stur, ungeduldig und neidisch. Wer den sogenannten Marshmallow-Test hingegen bestanden hatte, war heute stressresistent, sozial kompetent und zuverlässig. Bessere Schulnoten hatte er auch. Kurzum: Wer auf Instantbelohnungen kurzfristig verzichten und seine Emotionen im Zaum halten konnte, war später erfolgreicher.

Angela Duckworth hat sich mit diesem Thema eingehend beschäftigt und konnte in vielen weiteren Arbeiten die hohe Bedeutung von frühzeitiger Selbstdisziplin bestätigen: Bissige Schüler hatten nicht nur bessere Noten, sie fehlten seltener in der Schule, hatten mehr Spaß am Lernen, machten häufiger ihre Hausaufgaben und guckten weniger Fernsehen.

Auch Andreas von Bechtolsheim zeigte früh diese Hartnäckigkeit. Der 54-Jährige Mitgründer von Sun Microsystems zählt heute mit einem geschätzten Vermögen von etwa 1,6 Milliarden Euro zu einem der reichsten Deutschen. 1974 gewann er den Bundeswettbewerb „Jugend forscht“ im Bereich Physik, mit einer Arbeit über die „genaue Strömungsmessung durch Ultraschall“. Zuvor hatte er zwei Mal an dem Wettbewerb teilgenommen – ohne Erfolg. Entmutigt hat ihn das nie.

Nach dem Abitur studierte er zunächst Elektrotechnik in München, dann wechselte er an die Carnegie-Mellon-Universität in Pittsburgh und 1977 an die Uni Stanford. Hier sollten sich seine Offenheit und Neugier auszahlen. 

Bechtolsheim traf dort nicht nur seine späteren Sun-Kollegen, sondern 1998 auch zwei Doktoranden. Nach dem ersten Treffen schrieb Bechtolsheim ihnen einen Scheck über 100.000 Dollar. „Mir war sofort klar, dass die beiden eine der besten Ideen hatten, von der ich je gehört hatte“, erinnert sich Bechtolsheim. Die beiden Doktoranden hießen Sergej Brin und Larry Page, ihre Erfindung: die Suchmaschine Google. Bechtolsheim war ihr erster Investor. Sein Anteil ist heute etwa 500 Millionen Dollar wert.

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