Seit wann gibt es den Brauch der guten Vorsätze für ein neues Jahr?
Christoph Wulf: Dass Menschen sich Vorsätze machen, an besonderen Tagen ihr Leben verändern wollen, das ist ein sehr alter Brauch. Den gibt es auch in anderen Kulturen.
Warum ist das so?
Das hängt mit der Konstitution des Menschen zusammen. Wir können unser Leben ein Stück selbst gestalten. Tiere sind instinktgeleitet und haben keine Handlungsfreiheit. Wir Menschen hingegen haben die Freiheit, zwischen Alternativen auszuwählen und Entscheidungen zu fällen. Indem Menschen Wünsche haben, richten sie ihre Energien in eine bestimmte Richtung; sie wollen dann etwas erreichen.
Das hat auch etwas mit Magie zu tun. Man will Einfluss auf sein zukünftiges Leben gewinnen. Es gibt einen Impuls, in dem ich ausdrücke: Das kann ich machen, das ist mein Wunsch, mein Wille. Gleichzeitig gibt es den Wunsch, es möge mir jemand dabei helfen, sei es Gott, seien es Freunde, sei es das Schicksal.
Das sind die Top-Neujahrsvorsätze für 2015
Nächstes Jahr geht es den Deutschen weniger um Karriere und berufliche Veränderung, der Fokus liegt eher auf der inneren Zufriedenheit und der persönlichen Weiterentwicklung. Das ergab die aktuelle ElitePartner-Studie, in der über 8.000 Internetnutzer zu ihren Vorsätzen für 2015 gefragt wurden.
Auf Platz eins der Liste mit den guten Vorsätzen steht: Mehr Zeit. 40,4 Prozent nehmen sich für 2015 vor, mehr Zeit und Freiräume für sich zu haben. Dies gilt für Männer und Frauen gleichermaßen.
Auf Platz zwei landet der Klassiker: Abnehmen und Figur verändern. Dies ist vor allem Frauensache: 43 Prozent der Frauen, aber nur 33 Prozent der Männer streben eine Diät an.
Auf Platz drei der guten Vorsätze steht neue Länder entdecken und viel reisen.
32 Prozent der Männer und 28 Prozent der Frauen wollen mehr für die Partnerschaft tun. Insgesamt will also ein Drittel der Deutschen im kommenden Jahr seine Partnerschaft pflegen bzw. verbessern.
Mehr zu sich selber finden beziehungsweise über die Ziele im Leben nachzudenken, hat sich rund ein Viertel vorgenommen.
18,4 Prozent wollen ein neues Hobby ausprobieren.
Den Job beziehungsweise den Arbeitsplatz wechseln wollen 15,4 Prozent.
15 Prozent der Befragten haben sich vorgenommen, im Jahr 2015 eine Beziehung einzugehen. Bei Männern ist dieser Vorsatz noch stärker ausgeprägt, als bei Frauen.
"Der Jahreswechsel ist die Zeit zurückzublicken, was gut lief, was einem fehlte, was im nächsten Jahr anderes sein soll. Vielen wird jetzt bewusst, dass die Jagd nach Karriere und Materiellem allein nicht glücklich macht", sagt Lisa Fischbach, Diplom-Psychologin von ElitePartner. Entsprechend wollen auch nur 14 Prozent im kommenden Jahr ihren Fokus auf die Karriere legen.
Eine Auszeit von TV, Internet und Smartphone haben sich 13,4 Prozent auf die Fahnen geschrieben.
Da spielt dann diese magische Vorstellung eine Rolle, mit der ich die Zukunft zu beeinflussen hoffe. Früher wurde dies oft als Aberglaube abgetan. Doch das muss man sich genauer ansehen. Wir wissen aus vielen Forschungen, dass Entscheidungen, die wir auf der Grundlage von Gefühlen und Wünschen treffen, oft sehr viel wirksamer sind als Entscheidungen auf der Grundlage rationaler Vorstellungen.
Warum ist der Jahreswechsel dabei ein so besonderes Datum?
Das ist in vielen Kulturen so. In Japan bedankt man sich zum Beispiel bei den Geistern in der Silvesternacht erst einmal für das gute letzte Jahr und wünscht sich, dass das neue Jahr auch Gutes bringt. Auch bei uns wird das Jahresende als Einschnitt empfunden, es wird etwas abgeschlossen und man hofft, etwas Neues beginnen zu können.
Ist bei den guten Vorsätzen das Scheitern nicht schon programmiert?
Wir sind nicht vollkommen. Wir haben immer Schwächen und Brüche in uns, die uns daran hindern, unsere Wünsche zu realisieren.
Diese Unzulänglichkeiten zeigen sich natürlich auch bei solchen Vorsätzen, die eben, wenn sie nur Vorsätze sind, nicht so einfach realisiert werden können. Da müssen noch andere Faktoren hinzukommen. Es lässt sich nicht alles verwirklichen, was man sich wünscht. Aber das heißt natürlich nicht, dass man sich nicht Dinge vornehmen kann, dass man sie nicht angehen kann und dass man sie nicht wenigstens zum Teil realisieren kann.