Arbeitgeber in USA Genug Selbstvertrauen für Fehler

Seite 2/2

Wie sehr die Fehlerkultur in der US-Geschäftswelt akzeptiert ist, beweist eine Serie, die regelmäßig im "Forbes"-Magazin erscheint. Darin beschreiben Top-Manager fast schon ein bisschen stolz ihre größten Fehlentscheidungen. En détail berichtet Joe Sirianni, Vice-Präsident für das Merchandising bei der Firma Land's End, wie er Pullover im Wert von 1,5 Millionen Dollar vernichten musste, weil er eine falsche Anweisung gegeben hatte. Oder Tom Chappell, Präsident von Tom's of Maine, wie er Deodorant neu verpacken ließ und somit 400 000 Dollar verschwendete - ein Drittel des Gesamtumsatzes der Verpackungsfirma aus dem US-Bundesstaat Maine. Solche "Angebereien" und Fehlereingeständnisse wären in Deutschland wohl auch heute noch die große Ausnahme. Zu häufig lautet die Devise im Büroalltag zwischen Kiel und München: "Ich habe keine Schuld, der Meier hat's verbockt." Bloß keine Verantwortung übernehmen, bloß die Bürde auf andere Schultern legen. Ein großer Fehler, glaubt man den Ergebnissen einer Studie der Ohio State University. "Verantwortung übernehmen und ehrliche Entschuldigungen für die gemachten Fehler helfen Managern, Respekt und Anerkennung im Büro zu erlangen", betont Roy Lewicki, Co-Autor der Untersuchung. 45 Business-Studenten, die allesamt schon im mittleren Management gearbeitet hatten, wurden beauftragt, in mehr als 100 Unternehmen zu forschen, wie die jeweilige Firmenleitung mit Fehlern im Job umgeht und unter welchen Szenarien sie Fehler vom Boss verzeihen würden. Das Ergebnis war überwältigend: 90 Prozent der befragten Manager gaben zu, dass "das Anerkennen von einem Fehler und die Entschuldigung dafür mehr Respekt einbringen als das Abwiegeln und Herumsuchen nach anderen möglichen Schuldigen". Sicher, auch in den USA versuchen Bosse immer wieder gerne, anderen die Schuld in die Schuhe zu schieben. Unvergessen bleibt, wie der einstige Worldcom-Chef Bernard Ebbers sich vor dem Richter verteidigte. Seinen Anwalt ließ er argumentieren, dass der Vorstandschef "nicht wirklich verantwortlich ist für die Firma". Wirtschaftsprofessor Roy Lewicki hält dagegen: "Gerade die jüngsten Betrugsfälle in den Unternehmen haben in den USA heute mehr denn je ein Klima geschaffen, das Ehrlichkeit und somit auch Fehler in den Chefetagen endlich wieder zulässt."

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%