Arbeitswelt Enterprise 2.0

Die Arbeitswelt steht vor einer Kulturrevolution: Als sogenanntes Enterprise 2.0 ersetzen immer mehr Unternehmen bisherige Arbeitsabläufe durch Wikis, Blogs und virtuelle Teams – und hierarchische Strukturen durch die Weisheit der Masse.

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Enterprise 2.0

Damit Sie einen Eindruck davon bekommen, wie das neue Arbeiten aussehen kann, haben wir es selbst ausprobiert – und den Artikel in Wiki-ähnlicher Form verfasst. Unterstrichene Begriffe sind Links zu deren Definitionen, ebenso finden Sie  weiterführende Grafiken, die sich beim Anklicken vergrößern oder vollständig zeigen. Die Quellenangaben am Ende jedes Textblocks schaffen Transparenz. Leser können zudem am Ende jeder Seite Kommentare abgeben.

Definition

Bereits 77 Prozent der deutschen Unternehmen experimentieren mit dem Wandel zu einem sogenannten Enterprise 2.0. Den Begriff eingeführt hat der Harvard-Professor Andrew McAfee vor rund vier Jahren mit seinem Artikel „Enterprise 2.0: The Dawn of Emergent Collaboration“. Dabei geht es im Kern darum, mithilfe von webbasierter Software, wie Blogs, Wikis oder Chats, Projekte neu zu koordinieren, vorhandenes Wissen im Unternehmen effizienter zu managen und die Kommunikation nach außen und innen besser zu gestalten.

Das Potenzial dazu ist groß: Vor drei Jahren kommunizierten Mitarbeiter nahezu noch ausschließlich über E-Mails und das Telefon. Heute setzt ein Unternehmen bereits durchschnittlich 2,5 dieser sozialen Software-Werkzeuge ein. Zu den beliebtesten gehören Wikis, Blogs, Microblogging und RSS-Feeds.

Quelle: McKinsey

Die Werkzeuge selbst sind freilich nicht neu, wohl aber der Kulturwandel in der Wirtschaft, den sie auslösen. Wer damit ernst macht, löst zwangsläufig tradierte Arbeitsweisen sowie zentrale, hierarchische Strukturen auf. An ihre Stelle rückt die autonome Selbststeuerung von Teams und die sogenannte „Wisdom of the crowds“ – die Weisheit der Masse. Vor allem für große Unternehmen ist das mit Enterprise 2.0 verbundene kulturelle Umdenken eine große Herausforderung. Sowohl die Führungsrollen als auch die Mitarbeiterfunktionen ändern sich von Grund auf. Wer zum Beispiel nicht bereit ist, als Führungskraft Herrschaftswissen zu teilen oder als Mitarbeiter mehr Verantwortung zu übernehmen, wird in der neuen Arbeitswelt scheitern.

Larissa Haider, Autorin, WirtschaftsWoche

Potenzial

Vor rund zwei Jahren hat zum Beispiel die Deutsche Telekom interne Blogs und Wikis eingeführt. Auf diesem Weg sind bisher über 750 Projekt-Wikis entstanden. Zudem gibt es über 200 interne Blogs, die von Mitarbeitern regelmäßig fortgeschrieben werden – darunter Auszubildende, Fach- und Führungskräfte, und sogar der Vorstand beteiligt sich. Mindestens 30 bis 40 Prozent des gesamten E-Mail-Verkehrs, so die Telekom, könnten in den nächsten fünf Jahren eingespart werden, indem Mitarbeiter Informationen vorrangig auf diesen Online-Portalen veröffentlichen, statt sie zu mailen.

Quelle: Stefan Grabmeier, Projektleiter Enterprise 2.0 Strategie, Deutsche Telekom

Nicht nur die Telekom erkennt Vorteile. Bis 2013 wollen zahlreiche Konzerne weltweit ihre Investitionen in Enterprise-2.0-Werkzeuge verzehnfachen – auf insgesamt 4,6 Milliarden Dollar. Die damit verbundenen Hoffnungen sind groß: Unternehmen mit einer ausgeprägten Kollaborationskultur steigern ihre Produktivität um bis zu 250 Prozent, haben Harvard-Wissenschaftler errechnet.

Quellen: Forrester Research, Harvard Business School

60 Prozent der Unternehmen glauben zudem, dass durch die Umstellung auf Enterprise 2.0 entscheidende Wettbewerbsvorteile entstehen.

Quelle: McKinsey

Dies geschieht im Wesentlichen durch vier Effekte: 

Per Blog-Kommentar oder in den Projekt-Wikis kann sich prinzipiell jeder einmischen und sein Wissen teilen. Entscheidungen werden transparenter, Konzepte runder, das Gefühl der Mitsprache und das Engagement steigen. So kommen auch jene Experten zu Wort, an die zunächst gar nicht gedacht wurde.Die Projektteams können sich jederzeit verändern. Vor allem dann, wenn neue Probleme auftauchen und die dafür erfahrensten Kollegen gesucht werden. Die Hinweise dazu kommen meist von den Mitlesern. So beschleunigt sich auch der Auswahlprozess, um die jeweils besten Fachkräfte für ein Projekt zu finden.Ebenso werden Projekt-Doubletten vermieden. Wenn zufällig drei Teams an drei Standorten an einem vergleichbaren Problem laborieren, wird dies im Wikinetz schnell sichtbar. Ineffizienzen werden so vermieden, bevor sie entstehen.Durch die effizienteren Arbeitsabläufe verbessern die Unternehmen langfristig die Qualität ihrer Produkte. Durch die stärkere Vernetzung aller Mitarbeiter wird Wissen schneller aktiviert. Es entstehen am Ende bessere Lösungen für Kunden.

Jochen Mai, Ressortleiter WirtschaftsWoche

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