Arbeitswelt Die Lüge von den unzufriedenen Eltern

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Unnachahmliche Heldinnen der Vereinbarkeit

So großzügig sind Unternehmen
Betriebliche Kinderbetreuung Quelle: dapd
Unterstützung bei Pflegedienst / Kurzzeitpflege Quelle: AP
Weitere Unterstützung bei Kinderbetreuung Quelle: dpa
Sonderurlaub für Pflege von Angehörigen Quelle: dpa
Sonderurlaub bei Krankheit der Kinder Quelle: REUTERS

Die kinder- und damit lebensfeindlichen Ansprüche einer auf totale Verfügbarkeit zielenden Arbeitswelt rufen bei Eltern Stress hervor. Hinter diesem Anspruch steht eine Zweckallianz von Arbeitgebern und feministischen Ideologinnen. Sie propagieren die Vereinbarkeit von Kindern und Vollzeitarbeit beider Eltern, die stets mit der Drohung einhergeht, nicht genug Geld für einen angemessenen Lebensstandard und die Zukunft der Kinder zu haben. Politiker - allen voran die siebenfachen Superkarrieremutter Ursula von der Leyen - und eifernde Managerinnen wie Antje Diller-Wolf ("Rabenmütter und Heimchenväter") setzen mit sich selbst als Vorbild den Rest der Mütter unter Druck. Frauen, die nicht dem Typus der Vereinbarkeitsheldin Sheryl Sandberg gerecht werden, leiden unter permanenter Versagensangst, wie auch die Rheingold-Studie bilanziert. In Wirklichkeit bedeutet Vereinbarkeit nichts anderes als Verzicht auf Zeit für die eigenen Kinder zugunsten von Zeit für die Erwerbsarbeit. Das ist ein Opfer, das Väter seit jeher bringen und das nun auch von den Müttern verlangt wird. Nicht die Kinder, sondern die fehlende Zeit für sie macht Eltern unzufrieden.

Ein Leben ohne Kinder bietet zweifellos mehr Gelegenheiten für Spaß, für vergängliche Vergnügungen und vor allem bessere Umstände zum Arbeiten und Geldverdienen. Eltern, die in einer immer kinderfeindlicheren oder besser: kinderentwöhnten Gesellschaft ihrem Nachwuchs und sich selbst ein einigermaßen auskömmliches Leben bieten wollen, haben in der Regel mehr Stress und weniger Spaß als Kinderlose, die besser in die totale Arbeits- und Freizeitkultur passen. Deren Ansprüche überfordern Eltern permanent.     

Dennoch: Wenn jemand auf der Basis von welcher Studie auch immer behauptet, dass Kinder unglücklich oder unzufrieden machen, dann ist das Unsinn, weil die zugrunde liegende Vorstellung von Glück oder Zufriedenheit grundfalsch ist. Die Erkenntnis, dass Kinder Stress und Sorgen mit sich bringen, von schlaflosen Nächten ganz zu schweigen, und dass sie weniger Zeit und Gelegenheiten für sexuelle und sonstige Zerstreuungen lassen, ist so banal, dass sie keine Umfrage wert ist. Niemand würde das Gegenteil behaupten. Das Glück, das Kinder bedeuten, ist von anderer Natur als das Glück des prallen Geldkontos, der erfolgreichen Karriere oder der erotischen Liebe.

Die einzige sinnvolle Studie nach der Lebenszufriedenheit und dem Einfluss von Kindern darauf, müsste in Altenheimen stattfinden. Wer glaubt, dass Kinder nicht glücklich machen, sollte die Insassen befragen, die ohne Nachkommen sterben werden. Sie werden sich über den Besuch des Interviewers besonders freuen, weil sonst nie jemand kommt. Dass Kinder nicht glücklich machen, wäre erst erwiesen, wenn eine Mehrheit der Menschen an ihrem Lebensende sagen würde: Ich hätte ohne Kinder ein besseres Leben gehabt. Eine abwegige Vorstellung. Hat man jemals von einem alten Menschen gehört, der es bereut, Kinder gehabt zu haben, weil er gerne mehr Zeit in seiner Firma verbracht hätte?

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