Ein kleines Experiment zeigt, dass wir nur wenig darüber wissen, wie schnell die Zeit vergeht. Bittet man Menschen in einem stillen Raum, ohne dass sie innerlich mitzählen, zu schätzen, wann eine Minute vorüber ist, dann zeigt das bloße Gefühl eine erstaunliche Bandbreite.
Jeder kennt den Effekt: Drei Minuten können mit einem tollen Lied rasend schnell verfliegen, aber unter Wasser beim Luft anhalten ewig wirken. Acht Stunden im Büro oder am Strand – es können Welten dazwischenliegen. Sich auf das eigene Zeitgefühl zu verlassen, kann Überraschungen mit sich bringen.
Der Wunsch, die Zeit neutral und ebenmäßig zu messen, ist folgerichtig jahrtausendealt. Nicht erst die Moderne, für die Zeit lediglich eine physikalische Größe ist, die sich in der Einheit t misst, suchte nach Standards der Zeitmessung. Schon vor rund 5.000 Jahren begannen die Menschen in Mesopotamien damit, in Kalendern die Abfolge der Monate festzuhalten. 3.000 vor Christus nutzten die Sumerer und Ägypter, ab 2.400 vor Christus auch die Chinesen Stäbe als Sonnenuhr. Dass wir heute eine Minute in 60 Sekunden einteilen, ist den Babyloniern zu verdanken, die das sogenannte Sexagesimalsystem erfanden.
Doch bevor die Mechanik, wie wir sie aus Turmuhren und Armbanduhren kennen, den Takt des Alltags vorgab, waren es Wasseruhren, die sich unabhängig machten von der Beobachtung von Himmelskörpern und vom Sonnenschein. So entwickelte Platon einen Wasserwecker, der ein Gefäß zum Überlaufen brachte: Die oben liegenden Bleikugeln fielen geräuschvoll herunter, und diese Variante der Wasseruhr weckte den durchaus pragmatisch veranlagten Philosophen. Es folgten später Kerzenuhren, bei denen das Runterbrennen des Dochts als Zeitmaß genommen wurde, Räucherstäbchenuhren arbeiteten mit dem gleichen Prinzip.
Erst 300 vor Christus wurde dann Rotationsenergie von den Griechen genutzt, und im 11. Jahrhundert nach Christus ersannen die Araber Uhren, die Wasserkraft und Zahnräder nutzten. Schließlich dauerte es bis etwa 1300, bis in Europa mechanische Uhren ihren Siegeszug begannen.
Uhrenmuseen
Vor 160 Jahren begann die Sammlung für das Deutsche Uhrenmuseum in Furtwangen. 1500 von rund 8000 Stücken sind in einer Dauerstellung für die Besucher zu sehen. Historisch startet die Ausstellung bei den Beobachtungen des Sonnenlaufs, bis zu den modernsten Zeitmessern wie Atomuhren und Funkuhren. deutsches-uhrenmuseum.de
Schwenningen bezeichnete sich einmal als die größte Uhrenstadt der Welt. Geblieben ist von dem Ruhm wenig, in Schwenningen erinnert das Uhrenindustriemuseum in den Räumen der ältesten Uhrenfabrik Württembergs an die glorreiche, aber vergangene Geschichte. Statt Luxus wird hier auf Fabrikatmosphäre Wert gelegt – die Besuchszeit können Gäste auf einer Stempelkarte messen. uhrenindustriemuseum.de
Eigentlich handelt es sich bei Beyer in Zürich um ein Uhrengeschäft in der berühmten Bahnhofstraße. Angegliedert ist ein kleines Museum mit 250 Exponaten. beyer-ch.com
1979 gegründet, ist das kleine Museum mit 50 Exponaten von mehr als 30 Herstellern dennoch eines der größten Deutschlands, untergebracht in der ehemaligen Silvesterkapelle von Mindelheim. Im Kappelturm arbeitet die Uhr mit dem zweitlängsten Pendel der Welt. mindelheim.de
Hier verläuft der Nullmeridian, die Null in unserem Zeitzonensystem. Täglich um zwölf fällt auf dem Dach die Zeitkugel, die den Themseschiffern früher zur Einstellung der Schiffschronometer die Zeit angab. rog.nmm.ac.uk
Komplizierte Werke
Von den gut 5.000 Jahren Geschichte der Zeiterfassung greift vom 17. Oktober an die Münchner Ausstellung KunstWerkUhr die letzten 500 Jahre auf. Sie widmet sich detailliert der historischen Phase der Uhr, die über Jahrhunderte vor der Verbreitung der Quarzuhr in den Siebzigerjahren das Bild der Zeitmessung bestimmte.
Der Genfer Uhrenhersteller Patek Philippe zeigt auf 1.200 Quadratmetern in der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung für zehn Tage in einem temporären Museum herausragende Stücke der Uhrmacherkunst.
Museen rund um die mechanische Uhr gibt es reichlich. Das beginnt bei kleinen privaten Sammlungen, die an wenigen Tagen des Jahres für interessierte Uhrenfans geöffnet sind, und reicht über die historischen Exponate des Deutschen Museums in München bis zu den von Herstellern eröffneten Museen, die vor allem das eigene historische Erbe in den Mittelpunkt stellen.