Auswanderer Arbeiten im Krisengebiet

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Expats_Fritsche Quelle: Sebastian Meyer für WirtschaftsWoche

Natürlich sind die humanitären Projekte nicht ganz uneigennützig. Deutsche Großkonzerne, von denen viele offiziell gar keine Geschäfte im Irak machen, finanzieren die Organisation und erhoffen sich fette Aufträge.

Siemens zum Beispiel liefert 16 Turbinen für Wasserkraftwerke, die mit Geldern der Weltbank und irakischen Öl-Millionen gebaut werden. Fritsche hat dem deutschen Industrieriesen nach monatelangem Lobbying den Auftrag vermittelt, an dem die Münchner 1,5 Milliarden Euro verdienen. Und das ist erst der Anfang.

Vor ein paar Wochen gründete Daimler ein Lkw-Joint-Venture im Irak. Beim Konkurrenten MAN diskutiert der Vorstand, dem Beispiel zu folgen. BASF-Tochter Wintershall überlegt, bei der Vergabe einer lukrativen Ölförderlizenz mitzubieten.

Auch beim Bau von Kliniken, der Anschaffung von Röntgengeräten oder neuer Dienstwagen für die Regierung kommen deutsche Unternehmen zum Zuge - nicht zuletzt, weil sich die Bundesregierung aus dem Irakkrieg im Jahr 2003 herausgehalten hat und deutsche Technik im Nahen Osten seit Jahrzehnten einen ausgezeichneten Ruf genießt.

Keine Spiel- und Spaßveranstaltung

Für Strohmänner wie Arndt Fritsche ist der Wiederaufbau im Golfstaat ein Bombengeschäft. "Im Irak gibt es Großaufträge, die in Deutschland ganze Standorte auslasten können", sagt der Lobbyist.

Trotzdem trauen sich bisweilen nur wenige Unternehmer in die Region. Von den 60 Staatsbürgern, die auf der Krisenvorsorgeliste der deutschen Botschaft stehen, sind die meisten irakischer Abstammung. Es sind miserable rechtsstaatliche Bedingungen, ausufernde Korruption und vor allem die prekäre Sicherheitslage, derentwegen viele Deutsche um den Irak einen großen Bogen machen.

Zu Recht. "Das ist hier keine Spiel- und Spaßveranstaltung", sagt Fritsche, "wir arbeiten in einem Krisengebiet und haben es jeden Tag mit Entführungen und Terroranschlägen zu tun."

Erst vor ein paar Wochen ist nicht weit von Fritsches Haustür eine Haftbombe hochgegangen.

Jeder, der im Irak Geschäfte machen möchte, müsse exorbitante Profite und massive Sicherheitsrisiken gegeneinander abwägen. "Wir haben zum Glück noch keine Mitarbeiter verloren", sagt Fritsche, "aber wir mussten vor allem in den Jahren 2006 und 2007 einige freikaufen."

Nicht nur seine Expats sind gefährdet, sondern vor allem Mitarbeiter irakischer Subunternehmer und Partner.

Die Entführer wissen, dass bei Ausländern Geld zu holen ist.

Jeden Tag zählen die Sicherheitskräfte allein in Bagdad rund 50 Vorfälle - Entführungen, Terroranschläge, Raketendetonationen oder bloß die Entschärfung eines Sprengsatzes.

Kein Wunder, dass Fritsche seit sieben Jahren nicht mehr ohne Waffe aus dem Haus geht und sich nur mit Wachleuten und gepanzerten Wagen außerhalb des streng bewachten internationalen Korridors bewegt.

Korruption und Entführungen In Turkmenistan knallt es nicht. Aber in Sachen Rechtssicherheit und Korruption kann die zentralasiatische Diktatur mit dem Irak mithalten.

Bei Studien zu politischen Freiheiten und Investitionssicherheit rangiert der patriarchalisch geführte Kontrollstaat regelmäßig am untersten Ende der Skalen. Das Land am Kaspischen Meer verfügt über erhebliche Öl- und Gasvorkommen, weshalb westliche Unternehmen an ihm nicht vorbeikommen.

Und für die Wirtschaft ist in Turkmenistan vor allem einer zuständig - Zahnarzt Gurbanguly Berdymuchammedow. Der Mann, dessen Namen selbst Russisch sprechende Zeitgenossen nicht aussprechen können, führt als Präsident Turkmenistans ein hartes Regiment.

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