Auswanderer Arbeiten im Krisengebiet

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Amerikanischer Soldat in Quelle: REUTERS

Einer der ersten Deutschen, die nach Turkmenistan zogen, ist Stefan Padberg vom Energiekonzern RWE. Der 31-Jährige übernimmt die Vorhut, wenn Top-Manager des Essener Unternehmens in die Region reisen. Unter der Federführung des Konzerns lässt die EU-Kommission die Pipeline Nabucco bauen, durch die ab 2015 zentralasiatisches Gas nach Europa strömen soll.

Die Röhre, für die Exaußenminister Joschka Fischer seit Kurzem als Lobbyist die Trommel rührt, ist politisch gewollt. Mithilfe von Nabucco könnte die EU größere Mengen Gas unter Umgehung Russlands beziehen und so Europas Abhängigkeit vom Lieferanten Gazprom reduzieren.

Doch ohne die Turkmenen wäre das Megaprojekt längst gestorben: Aus ihren Feldern will die EU einen Großteil ihres Gases beziehen, durch die turkmenische Wüste soll die Pipeline verlaufen. Doch Padberg, der Vorbereiter aus Essen, stellte schnell fest: Er muss Zugang zum Präsidenten bekommen, sonst kommt das Projekt nicht voran.

Nur wie?

Stefan Padberg fing ganz unten an. Er lud Bürokraten aus dem Mittelbau des mächtigen Staatsapparats immer wieder zu Fortbildungen nach Essen ein. Seine Leute fingen bei Adam und Eva an, stellten ihren Konzern vor, gaben Marktüberblicke, erklärten die Geheimnisse westlicher Gewinn-und-Verlust-Rechnung, begründeten, warum man in Deutschland für Energie Geld verlangt.

"Nicht zu flexibel denken"

"Solch eine Art des kooperativen Austauschs kannten die Turkmenen noch nicht", sagt Padberg. Doch er trägt Früchte: "Wenn wir in Turkmenistan sind, will uns immer irgendjemand der ehemaligen Schüler treffen."

Und so verschafften sich die RWE-Manager langsam Respekt beim Präsidenten und Zugang zu den obersten Machtetagen, um das Nabucco-Projekt zum Laufen zu bringen.

Inzwischen werden die RWE-Leute wie Superstars empfangen: Als Padberg mit einer Delegation vor einigen Monaten in die frisch gegründete Gasstadt Turkmenbaschi kam, standen jubelnde Menschen am Straßenrand und schwenkten deutsche Fähnchen. Es sah auffällig vorbereitet aus, meint Padberg, "aber ich hatte nicht den Eindruck, dass die Leute gegen ihren Willen jubeln mussten".

Die Jubelaktion von Turkmenbaschi ist ein Zeichen, dass die Deutschen willkommen sind. Das war nicht immer so.

Bei einer seiner ersten Reisen, erinnert sich Padberg, habe er für den ersten Tag des Aufenthalts kein gültiges Visum im Pass gehabt. Da halfen selbst die frisch geknüpften Kontakte in die Präsidialverwaltung nicht.

"Die Passkontrolleure haben mir zwar Decken und Kaffee gebracht, aber ich musste mit der nächsten Maschine zurück nach Deutschland fliegen."

Padberg nahm seine Lage gelassen. In Turkmenistan dürfe man "nicht zu flexibel denken", sagt er, den kleinen Dienstweg gibt es nicht.

Das gilt auch für Afghanistan. Markus Schulz, dem deutschen Mobilfunk-Manager in Kabul, stehen angesichts der permanenten Betrugsversuche oft die Haare zu Berge: "An jeder Straßenecke versuchen sie, dich übers Ohr zu hauen", moniert er noch immer.

Schulz erzählt Räuberpistolen wie am Fließband. Einmal hat er Server in Indien bestellt, die nie angekommen sind. Ein andermal haben seine Mitarbeiter chinesische Ersatzteile in die Toyota-Dienstwagen eingebaut, nach ein paar Tagen sprang der halbe Fuhrpark nicht mehr an.

Heute lässt er sämtliche Ersatzteile einfliegen: Werkzeug bestellt er bei Obi in Deutschland, Computer liefert Fujitsu aus der Nahost-Zentrale in Dubai, Server kommen aus den USA. Trotz der hohen Transportkosten sei das unterm Strich billiger, als vor Ort einzukaufen.

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