Beraterbranche unter Druck Die vier großen Herausforderungen der Digitalisierung

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Die vier Herausforderungen

Problem 1: Die Anforderungen werden vielschichtiger

So wie auch der Maurer nicht mehr nur Steine aufeinandersetzt, sondern den 3D-Drucker programmieren können muss und der Monteur in der Produktionsfirma mehr mit Robotern als mit seinen eigenen Händen arbeitet, ändert die Digitalisierung auch das Berufsbild des Unternehmensberaters.

„Der Berater ist heute nicht mehr der klassische Besserwisser, sondern hat eine Vielzahl von Rollen: Er schreibt natürlich noch klassische Konzepte, ist aber auch der Advocatus Diaboli, übernimmt Coachings, ist zusätzlich Projektleiter, Interim Manager, Katalysator oder Brückenbauer zwischen Eigentümer und Management oder zwischen dem Ist-Zustand und der Zukunftsversion“, erläutert Strehlau. Entsprechend steigen auch hier Druck und Stress – bei den Überstunden sind die Unternehmensberater ohnehin seit Jahren führend.

In diesen Branchen sind Überstunden am häufigsten

Die veränderten Anforderungen haben natürlich – wie bei allen Unternehmen – nicht nur Auswirkungen auf die Arbeitsbelastung: IT- und Tech-Berater sind gefragt. Und so, wie sich Einzelhändler, Handwerksbetrieb oder Maschinenbauer mit digitalen Geschäftsmodellen auseinandersetzen müssen, brauchen auch die Berater verstärkte Digitalkompetenzen, um ihre Mandanten in eben diesem Bereich beraten zu können.

Und wie sich Dax-Konzerne und Mittelständler mit Start-ups, Labs und sonstigen Externen zusammenschließen, müssen auch Beratungen Expertise einkaufen. Das taten sie im vergangenen Jahr auch verstärkt. Besonders große Consultingfirmen sorgten 2016 und zu Beginn des Jahres 2017 durch Übernahmen von Digitalagenturen oder Software-Anbietern für viel Bewegung im Markt. „Wir werden sicherlich noch weitere Deals sehen“, ist Strehlau überzeugt.

Problem 2: Die Strukturen innerhalb der Beratungen verändern sich

Die Integration neuer Unternehmen in die Beratungsfirmen verändert hier wiederum Strukturen und Hierarchien. Da ist Agilität gefragt – ein Begriff, den Berater wie Mandanten vermutlich nicht mehr hören können. Dies sei für Berater allerdings einfacher als für die Mandanten, so Strehlau. „Kleine Teams und agile Ansätze gibt es in der Branche schon seit fünf oder zehn Jahren. Und ich habe auch schon vor 25 Jahren mit drei bis vier verschiedenen Chefs pro Jahr zusammengearbeitet und so verschiedene Führungsstile kennen gelernt“, erinnert er sich.

Zudem sei der Altersdurchschnitt in Beratungen tendenziell niedriger als auf Mandantenseite. „Das sorgt natürlich alles dafür, dass es Beratern leichter fällt, außerhalb gängiger Strukturen zu denken.“ Trotzdem müssen auch sie sich mit Veränderungen wie flachen Hierarchien auseinandersetzen. „Die klassische Pyramide aus den drei Ebenen Partner, Senior und Junior Consultant verschwindet zunehmend. Bei vielen gibt es bereits jetzt nur noch zwei Ebenen“, so Strehlau. Für die Partner, die in der Vergangenheit mit ihrem guten Namen Kunden angeworben haben, heißt das: weniger Managementaufgaben, mehr operatives Geschäft. Sprich: ab zum Kunden und beraten.

„Vor 25 Jahren war der Partner hauptsächlich für die Akquise da und hat am eigentlichen Projekt nur 20 Prozent gearbeitet. Den Rest haben die jungen Kollegen übernommen“, erzählt Strehlau. „Heute sind Partner zu 60 Prozent an den Projekten beteiligt und beraten viel mehr als früher.“ Denn der Kunde will und braucht erfahrene Berater. Fachwissen ließe sich zur Not googeln.

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