Und die Vermittlungsgebühren sind tatsächlich nicht gering. Bei Klaiton beispielsweise fallen - je nach Auftragsvolumen – zehn bis 25 Prozent des vereinbarten Honorars an. Dafür schreibt das Start-up im Namen der Berater die Rechnung und kümmert sich um Ersatz, falls ein Berater krankheitsbedingt ausfällt. Für die Unternehmen also auf jeden Fall ein gutes und sicheres Angebot. Wie es eben oft für die Kunden von Plattformangeboten ist: günstig, transparent, direkter Kontakt, per Smartphone buchbar.
„Das ist natürlich ein wachsender Markt“, räumt Berater Strehlau ein. „Aber ich möchte den jungen Kollegen oft zurufen: Pass auf, dass du langfristig planst.“ Für die großen Häuser seien Plattformlösungen jedoch keine nennenswerte Konkurrenz, sagt er. Das zeige schon die stetig wachsende Nachfrage nach etablierten Beratern. Über die Plattformlösungen sagt er: „Das ist keine Beratung, die da eingekauft wird, sondern eine Ressource. Das ist wie bei Zeitarbeit.“
Problem 4: Es gibt immer weniger Bewerber
Bei der steigenden Nachfrage nach Beratungsleistung steigt natürlich auch der Bedarf an Beratern. Entsprechend sind 2016 rund 6000 zusätzliche Arbeitsplätze in den Consultingfirmen geschaffen worden, davon 5000 auf Beraterebene. Weil das noch nicht ausreicht, wollen drei von vier der großen Unternehmensberatungen im laufenden Jahr 2017 noch mehr Senior- und Junior-Consultants einstellen. Das wird Strehlau zufolge aber schwierig, denn die Berater haben Nachwuchssorgen. „Das Image der Branche ist längst nicht mehr so strahlend wie noch vor ein paar Jahren“, bestätigt auch Hans Ochmann, Geschäftsführer von Kienbaum, in einem Interview mit WirtschaftsWoche Online. „Der Beruf ist nach wie vor sehr vielseitig, interessant und verspricht eine hohe Lernkurve, ist jedoch auch sehr arbeits- und sehr reiseintensiv. Das möchte nicht jeder machen“, weiß Ochmann.
Die Beratungen versuchten deshalb im Rahmen ihrer Möglichkeiten flexible Modelle anzubieten. „Dass Mitarbeiter zum Beispiel mehr im Home-Office arbeiten können. Wenn der Lebenspartner oder die Partnerin in einer anderen Stadt leben, können die Berater anstatt freitags schon donnerstags nach Hause fliegen, um das Wochenende mit ihren Lieben zu verbringen“, nennt Strehlau einige Beispiele. Seiner Erfahrung nach werden Mitarbeiter auch immer häufiger gefragt, ob ein Projekt, das sie übernehmen sollen, auch zu ihnen und ihrem Leben passe.
So geht etwa Elaboratum in München vor: „Bei uns geht es ums Ergebnis statt um Präsenz. Somit müssen wir auch nicht sechs Tage die Woche unterwegs sein“, sagt Jonas Klinger, der dort als Berater arbeitet. Der Wirtschaftsinformatiker ist junger Vater und hätte gar keine Lust, die ganze Woche um den Globus zu jetten.
Kill your product, build a platform: Beispiele zukunftsfähiger Unternehmen
Der italienische Rennwagenhersteller baut seit mehr als 40 Jahren Rennautos. Mittlerweile verkauft das Familienunternehmen allerdings mehr oder weniger nur noch das mathematische Modell eines Wagens. Bevor ein Auto Realität wird, ist seine virtuelle Version bereits auf allen Rennstrecken dieser Welt Probe gefahren und entsprechend angepasst worden - und zwar in einem Simulator. Die komplette Geschichte der Transformation der Renn Legende lesen Sie übrigens hier.
Nike stellt immer noch Schuhe und Sportbekleidung her, aber das Geschäftsmodell hat sich substantiell verändert. "Nike ist eine Marketingfirma, die auch Schuhe verkauft", sagt Michael Wade. Wade ist Professor für Innovation und Strategie an der Schweizer Business School IMD und Leiter des Global Center for Digital Business Transformation von Cisco und IMD.
Der Sportartikelhersteller zog 40 Prozent des Marketingbudgets ab und investierte es in den Aufbau der Plattform Nike +. Dort können User ihre Lauferlebnisse und Fotos teilen, sich mit anderen vergleichen, Freunde zu Wettbewerben herausfordern, sich Trainingsziele stecken und für deren Erreichen virtuelle Trophäen bekommen. Wer mit Smartphone, Wearable oder einem entsprechenden Sensor im Schuh läuft, kann außerdem seine Joggingrunde veröffentlichen, um so Laufpartner zu finden. Statt den Kunden ein Produkt zu verkaufen, wird Nike damit zum Laufpartner und Ratgeber, zu dem der Kunde eine Beziehung aufbauen kann. Kunden anderer Marken sind übrigens erst recht herzlich willkommen. So kann der Konzern überprüfen, wer in welchem Schuh läuft und merkt rechtzeitig, wenn die Popularität der eigenen Marke nachlässt.
Auf der Plattform von Philips Healthcare, HealthSuite, verbinden sich Patienten, Mediziner und Krankenhäuser rund um den Globus. HealthSuite ist eine offene cloudbasierte Plattform, die klinische und sonstige Daten von verschiedenen Geräten und aus unterschiedlichen Quellen erfasst, zusammenführt und analysiert. Für die Ärzte entsteht so ein echter Mehrwert, weil sie sich mit Kollegen über Therapien und die am besten geeigneten Instrumente und Geräte für Operationen und Chemo-Therapien austauschen können. Und auch die Patienten profitieren von den Informationen. Philipps kann so Geschäftskunden, sprich Praxen und Kliniken, besser an sich binden.
Vom einfachen Verkaufsmodell schwenkte Hilti um auf ein Online-Abosystem für Bohrmaschinen. Nachdem der Baumaschinenhersteller Hilti festgestellt hat, dass das Hauptproblem seiner Kunden die Verfügbarkeit von entsprechenden Gerätschaften ist - fehlt die richtige Bohrmaschine, werden die Bauarbeiten unterbrochen, bis das richtige Werkzeug herangeschafft ist - investierte das Unternehmen in ein Open Fleet Management System. Hier können die Kunden das benötigte Material mieten.
Jüngstes Beispiel ist IBM. Zusammen mit Cisco baut das IT-Unternehmen seine Plattformen aus, um die Arbeitsqualität der eigenen Mitarbeiter zu steigern. Denn auhc das kann eine Plattform liefern.
Beide Unternehmen entwickeln gemeinsame Lösungen, um die zum Beispiel Meeting-Protokolle, E-Mails oder Telefonkonferenzen auszuwerten und den Mitarbeitern nach Bedarf zur Verfügung zu stellen.
GE betreibt gleich zwei cloudbasierte Predix-Plattformen: Die GE Health Cloud verbindet Ärzte, Patienten, Hersteller und Krankenhäuser in Großbritannien miteinander. Die andere Plattform ermöglicht es Kunden von GE, die Daten ihrer vernetzten Produkte, beispielsweise von Gasturbinen zu überwachen, um so mögliche Störfälle sofort zu bemerken und zu beheben.
Ein Großteil der Projekte der Digitalberatung sei im Großraum München angesiedelt, so dass die Anreise keine große Herausforderung darstelle. „Und wenn ich doch mal woanders hin muss, achte ich darauf, dass ich maximal drei Tage unterwegs bin“, so Klinger.
Bleibt noch das Suchen und Finden von Bewerbern. Hier gehen Beratungen die gleichen Wege wie ihre Mandanten: „Der Kontakt zu Bewerbern entsteht durch enge Zusammenarbeit mit Hochschulen, über Werkstudenten, Diplom- und Bachelorarbeiten“, so Strehlau. Was erfahrene Berater angehe, konzentrierten sich zumindest mittelständische Beratungen mittlerweile zunehmend auf Bewerber mit weniger gradlinigen Lebensläufen. Strehlau: „Das machen die großen Beratungen tendenziell weniger, die achten noch sehr stark auf glatte Lebensläufe ohne Brüche. Allerdings betreiben die auch einen großen Recruiting-Aufwand mit dem entsprechenden Budget.“
Konzerne und mittelständische Unternehmen tun also gut daran, ihre Berater als Sparringpartner zu betrachten: Unternehmern auf Augenhöhe, aus deren Fehlern man - für einen entsprechenden Preis - lernen kann.